23.4., ARD, 17.30 Uhr: "Gott und die Welt: Brücken in die neue Heimat"
"Bau deine Paradiesstadt" heißt der von Illustrator Mehrdad Zaeri mit dem Mannheimer Nationaltheater realisierte Papier-Workshop, in dem sich junge Flüchtlinge mit Fantasie, Schere und Klebstift "gute Orte" erschaffen. Welche Art von Unterstützung Flüchtlingskindern manchmal fehlt, weiß Zaeri aus eigener Erfahrung: Vor über dreißig Jahren musste er selbst mit seinen Eltern und Geschwistern aus dem Iran fliehen, um nicht als Minensuchjunge im Irakkrieg zu sterben. Als einstiger Flüchtling empfindet Zaeri es als seine Aufgabe, für jetzt ankommende Jugendliche Brücken in ihre neue Heimat zu bauen. Während die gemeinsame Paradies-Papierstadt zwei Monate lang wächst, jedes Viertel eine andere Gestalt annimmt, wird nebenbei erinnert und getrauert, aber auch gelacht. Annette Wagner zeigt in ihrem Film, wie die Jugendlichen von Zaeri Stärkung mit künstlerischen Mitteln erfahren, wie sie Zugang zu ihren Gefühlen und Wünschen erhalten. Loslassen, um ankommen zu können - das müssen auch die Schüler der Internationalen Gesamtschule in Heidelberg (IGH) lernen, die aus über sechzig verschiedenen Ländern stammen. Fünf von ihnen bekommen die Chance, mit dem berühmten Künstler eine zentrale Wand im Schulhaus zu bemalen. In der IGH wurde auch Zaeri als 15-jähriger eingeschult. Dortige Lehrer vermittelten ihm das Selbstvertrauen, das er an die jetzige Schülergeneration weitergeben will. Für das junge multikulturelle Mal-Team ist die Wandgestaltung große Ehre und Mutprobe zugleich, denn: Vorzeichnen mit Bleistift ist nicht erlaubt. "Im richtigen Leben gibt es auch keinen Radiergummi", ist Zaeris Motto – "und in der Kunst gibt es keine Fehler."
23.4., ZDFneo, 21.45 Uhr: "Diktator"
Acht Menschen werden für einen bestimmten Zeitraum eingesperrt. Sie sind von der Außenwelt abgeschottet, müssen bestimmte Regeln verfolgen und werden ständig beobachtet: Das klingt nach "Big Brother". "Diktator" ähnelt dem einstigen Skandalformat jedoch nur auf den ersten Blick. Die Rahmenbedingungen mögen die gleichen sein, aber der Ansatz ist ungleich seriöser: Ähnlich wie in "Der Rassist in uns" (2014), "Plötzlich Krieg" oder zuletzt "Bist Du 50.000 Euro wert?" ist die vierteilige Dokumentation eine Fallstudie in der Tradition sozialpsychologischer Versuchsanordnungen wie dem berüchtigten Milgram-Experiment. Die Männer und Frauen verbringen ihre Tage und Nächte in schmucklosen Räumen. An den Wänden hängen Plakate mit Parolen. Eine lautet "Arbeit ist unser Leben", eine andere "Folgsamkeit wird belohnt": Es gibt wenige, aber unmissverständliche Regeln; Fehltritte werden bestraft. Der Tagesablauf ist strukturiert und ebenso eintönig wie das gemeinsam eingenommene Essen. Die meiste Zeit verbringen die Teilnehmer mit einer stupiden Arbeit. Das Format basiert auf einer schwedischen Vorlage, aber die Wurzeln sind offenkundig: Mehr noch als "Big Brother" ist auch "Diktator" durch George Orwells Überwachungsroman "1984" inspiriert worden. Sehr klug übertragen die Macher sämtliche Strategien diktatorischer Regimes auf ihre Versuchsanordnung, und selbstredend machen sie sich dabei auch die unvermeidlichen gruppendynamischen Prozesse zunutze. Wie bei den früheren Neo-Formaten ist es ungemein interessant zu verfolgen, wie sich die einzelnen innerhalb der Gruppe verhalten. Den Anstoß zu dem Format hat eine Umfrage unter jungen Menschen ergeben, von denen viele es nicht wichtig fanden, in einer Demokratie zu leben.
24.4., 3sat, 0.30 Uhr: "37 Grad: Wir holen dich da raus"
Missbrauch, Gewalt, Alkohol und Drogen: Bei akuten Konflikten leisten Mitarbeiter des Kinder- und Jugendnotdienstes Hilfe. Sie finden Lösungen für Kinder und Jugendliche in Krisen. Die Sozialarbeiter kommen zum Einsatz, wenn andere Beratungsstellungen nicht erreichbar sind: abends, nachts und an den Wochenenden.
Tilmann P. Gangloff, Diplom-Journalist und regelmäßiges Mitglied der Jury für den Grimme-Preis, schreibt freiberuflich unter anderem für das Portal evangelisch.de täglich TV-Tipps und setzt sich auch für "epd medien" mit dem Fernsehen auseinander. Auszeichnung: 2023 Bert-Donnepp-Preis - Deutscher Preis für Medienpublizistik (des Vereins der Freunde des Adolf-Grimme-Preises).
Zu zweit fahren sie zu Hausbesuchen, unterstützen die Polizei bei Eskalationen und müssen vor Ort entscheiden, ob sie ein Kind mitnehmen. "37 Grad" begleitet die Mitarbeiter des Kinder- und Jugendnotdienstes in Hamburg in ihrem Alltag. Der Film gibt einen besonderen Einblick in ihre Arbeit, fernab der harmonischen Familienwelt. Sie sind konfrontiert mit der Not von Kindern und Jugendlichen, für die sie oft schnelle Lösungen zu deren Wohl finden müssen. Im KJND arbeiten 88 pädagogische Fachkräfte im Schichtdienst rund um die Uhr, allein rund 30 im ambulanten Dienst: Sie beraten am Telefon und absolvieren Hausbesuche. Bei einem Anruf von der Polizei fahren sie sofort los. Oft wissen die Mitarbeiter nicht, was sie vor Ort erwartet: gewalttätige, alkohol- oder drogenabhängige Eltern, überforderte allein erziehende Mütter, verwahrloste Kinder. Sie müssen beraten, schlichten oder schnell entscheiden, ob sie ein Kind in Obhut nehmen. Gesine Müller stellt drei von ihnen vor.
25.5., Arte, 20.15 Uhr: "I Am Not Your Negro"
1979, auf dem Höhepunkt seiner schriftstellerischen Laufbahn, kündigte der afroamerikanische Autor James Baldwin in einem Brief an seinen Literaturagenten an, dass er sich nun an ein wesentliches und unverzichtbares Werk mache: die Geschichte vom Leben und gewaltsamen Tod seiner Freunde Martin Luther King Jr., Medgar Evers und Malcolm X. Die Morde an den drei schwarzen Bürgerrechtlern traumatisierten eine ganze Generation und waren ein schwerer Schock für Baldwin. Nun wollte er in "Remember This House" darüber schreiben. Es sollte sein letztes Werk werden, und es blieb unvollendet. Nur knapp 30 Seiten brachte er vor seinem Tod zu Papier. Das Manuskript vertraute Baldwins Testamentsvollstrecker dem Regisseur Raoul Peck an, der einen Film daraus machte. "I Am Not Your Negro" verwendet ausschließlich Baldwins eigene Worte und eröffnet eine einmalige Sichtweise auf die Geschichte der Bürgerrechtsbewegung in den USA, ihre wichtigsten Akteure, Ereignisse und Bewegungen. Es ist der Blick eines Insiders und Zeitzeugen, kritisch und persönlich. Dies ist angesichts der jüngsten Vorfälle (Ferguson, Baltimore usw.) und des erneuten Anstiegs der Gewalt gegen Afroamerikaner besonders bedeutsam. Anhand von Archivbildern, Filmausschnitten und aktuellen Aufnahmen erzählt der Film in Baldwins Worten von der "Geschichte der Gewalt", die Martin Luther King Jr., Medgar Evers und Malcolm X das Leben kostete, von der vereinfachten Bildersprache und Darstellung Hollywoods ("Kampf zwischen Gut und Böse") und von der Entstehung einer eigenen afroamerikanischen Identität. Eine faszinierende Reise durch die US-amerikanische Geschichte, die wie ein Spiegel der heutigen Rassenkonflikte wirkt und mit der Baldwin und Peck das Selbstverständnis der amerikanischen Gesellschaft infrage stellen.
25.4., Bayerisches Fernsehen, 22.30 Uhr: "Mitten in Deutschland: NSU – Die Ermittler"
In der kürzlich mit dem Grimme-Preis ausgezeichneten Reihe setzen sich drei Regisseure mit den Morden des "Nationalsozialistischen Untergrunds" auseinander. Teil eins galt den Tätern, Teil zwei den Opfer. Mit dem dritten Teil der "NSU"-Trilogie schließt sich der Reigen: Nun geht es um die Perspektive der Ermittler. Der Film beginnt mit dem Tod der beiden mutmaßlichen Serienmörder im November 2011 und der Suche nach Beate Zschäpe. Erzählt wird die Handlung aus Sicht des Thüringer LKA-Zielfahnders Paul Winter (Florian Lukas), der dem Trio schon seit ihrem Verschwinden Ende der Neunziger auf der Spur ist. Der Film entspricht am ehesten dem üblichen TV-Krimimuster; die Handlung beginnt mit einem rasant geschnittenen Banküberfall. Ähnlich wie das erste Stück über die Täter ist auch das Ermittlerporträt eine Mischung aus Fakten und Fiktion; mit dem Unterschied, dass die vermuteten Vertuschungsversuche der Wahrheit recht nahe kommen dürften. Nicht nur deshalb macht der Film vor allem fassungslos.
26.4., WDR Fernsehen, 22.55 Uhr: "Aufstieg der Rechten - Europas Populisten"
Sie nennen sich Patrioten und Hüter Europas. Sie hetzen gegen Flüchtlinge und Islamisten und geben sich dabei rechtsstaatlich und demokratisch. Migranten sind für sie oft "Passeuropäer" und die größten Sorgen machen sie sich vor dem Verlust der eigenen "Identität". In vier Folgen werfen Diana Löbl und Peter Onneken einen Blick auf extreme Rechte in Europa: Was treibt sie an, was sind ihre wirklichen Ziele? Dabei treffen sie führende Rechte persönlich und dokumentieren mit der Kamera ihre politische Arbeit. Zum Beispiel Stefan Petzner: Er war Jörg Haiders Spin-Doktor. Kärnten zahlt noch immer für die Altlasten des österreichischen Verführers. Seine Erben haben Hochkonjunktur in Europa: Bernd Grillo, Geert Wilders oder Marine Le Pen - mit unglaublichen Versprechungen gewinnen sie Millionen Stimmen. Petzner wundert das kaum, denn die Methoden sind genauso wie bei Haider: viele leere Versprechungen und am Ende vor allem leere Kassen. Ob es um ein marodes Gesundheitssystem geht, oder die Flüchtlingswelle, persönliche Armut oder die vorgeblich überbürokratisierte EU, ob in Frankreich, Österreich, Großbritannien, den Niederlanden oder Deutschland, wo immer sogenannte Wutbürger oder enttäuschte Protestwähler zur Urne schreiten, der Rechtsruck ist ein aktuelles gesamteuropäisches Phänomen.
26.4., BR Fernsehen, 19.00 Uhr: "Stationen: Wohin mit Oma?"
Für die eigene Zukunft verdrängt man es gern, doch wenn die Eltern oder Großeltern ein hohes Alter erreichen, gebrechlich werden oder auch nur zu werden drohen, stellt sich die Frage, wie und wo das Leben weitergeht. Ist ein Pflegeheim nötig und wenn ja, was für eines? Ist es bezahlbar? Wer könnte den alten Menschen zu Hause pflegen? Das schlechte Gewissen scheint dabei vorprogrammiert: Bei den Älteren, die doch nie jemandem zur Last fallen wollten, genauso wie bei denjenigen, die die Pflege organisieren müssen. Die einen kümmern sich jahrelang selbst, verzichten auf manches, muten aber auch ihren Partnern oder Kindern einiges zu. Diejenigen, die das Pflegeheim wählen, werfen sich oft vor, "Rabenkinder" zu sein, auch wenn sie keine Alternative sehen. Und wer eine Pflege für zu Hause engagiert, muss sich fragen, ob er damit nicht Ausbeutung und Entwurzelung fördert. Irene Esmann sucht in ihrem Film nach möglichen Wegen aus dem Dilemma, gesellschaftlichen und individuellen. Die BR-Reihe "Stationen" fragt, wie Menschen denken und glauben und ermöglicht, Religion (mit) zu erleben und in einer komplexen Welt Orientierung zu finden.
26.4., MDR Fernsehen, 20.45 Uhr: "Der teure Tod"
Es heißt, nur der Tod sei umsonst. Das aber stimmt längst nicht mehr. Denn selbst den Tod muss man sich heutzutage leisten können, oder genauer gesagt: das Begräbnis. Einen verstorbenen Angehörigen "unter die Erde" zu bringen, kostet richtig Geld. Selbst eine einfache Beerdigung schlägt mit mehreren Tausend Euro zu Buche. So kommen zur seelischen Belastung für Hinterbliebene immer wieder auch finanzielle Sorgen. Und immer häufiger muss die Gesellschaft für Bestattungskosten aufkommen. Die Zahl der so genannten "Sozialbestattungen" steigt. Viele wollen deshalb vorsorgen und schließen eine Sterbegeldversicherung ab. Eine monatliche Zahlung soll sicherstellen, dass im Sterbefall genügend Geld da ist. Die Verbraucherzentralen warnen: Mit der Sorge um die Begräbniskosten werde Geld gemacht. Die hohen Kosten haben auch Auswirkungen auf die Friedhöfe. Immer mehr Flächen stehen leer, weil sich Menschen zunehmend für Urnengräber entscheiden. Und in manchen Städten liegt die Zahl der anonymen Bestattungen ohne Grabstelle inzwischen bei über 50 Prozent. Hinzu kommt der Trend zu alternativen Bestattungsformen wie Friedwald oder der Urne zu Hause. Letzteres allerdings ist bisher nur in Bremen erlaubt. "Wer die Urne mit nach Hause nimmt, schließt andere von der Trauer aus", kritisiert ein Friedhofsleiter. Doch wie gehen Friedhöfe mit dem Leerstand um? Woher kommt dieser Bedarf an alternativen Bestattungen? Und warum kostet uns der Tod so viel? Anja Walzcak und Sven Stephan sprechen mit Betroffenen und Bestattern, spüren Sinn und Unsinn von Sterbegeldversicherungen nach und hinterfragen Alternativen zur Bestattung auf dem Friedhof.
27.4., WDR Fernsehen, 22.40 Uhr: "Menschen hautnah: Alt, verliebt - und immer noch kämpferisch"
Der 77-jährige Klaus S. ist ein Mann, der niemals aufgibt. Seit langem kämpft er gegen die Zwangsversteigerung seines Wohnhauses und legt sich dabei mit vielen, vielen Menschen an. Mit Prozessen, Eingaben, Beschwerden, Befangenheitsanträgen, Widersprüchen und Strafanzeigen. Seine Freundin Ursula ist sein rettender Engel. Seit sich die beiden vor zehn Jahren kennengelernt haben, unterstützt ihn die heute 74-Jährige, wo sie kann. Klaus und Ursula sind ein Liebespaar der ganz besonderen Art. Zwei Jahre nach dem ersten Film über die beiden ("Alt, verliebt und kämpferisch") zeigt "Menschen hautnah"-Autorin Erika Fehse, wie die Geschichte von Klaus und Ursula weitergeht. Ihre Liebe wird immer wieder durch neue Schwierigkeiten auf die Probe gestellt. Schon zu Beginn ihrer Beziehung steckte Klaus S. mit seiner Firma in großen finanziellen Schwierigkeiten. Er machte Verluste, und die Sparkasse verlangte, dass er wegen seines Alters einen Nachfolger findet - vergeblich. Kredite wurden gekürzt, es folgten Insolvenz, Kontopfändung und die Anordnung zur Zwangsversteigerung seines Privathauses. Doch Freundin Ursula hat Geld und finanziert all seine Prozesse. Bis heute ist Klaus S. überzeugt, dass die Sparkasse ihm mehr als 400.000 Euro zu viel Zinsen berechnet und ihn so in den Ruin getrieben habe.
27.4., WDR Fernsehen, 22.40 Uhr: "Menschen hautnah: Liebeskummer - Wie heilt ein gebrochenes Herz?"
Wenn die große Liebe scheitert, tut das weh. Oft bleiben dauerhafte Narben. Liebeskummer kann aber auch eine Chance sein, der Startschuss zu einem Neuanfang. Kann ein gebrochenes Herz wieder heilen? Kann man sich noch einmal so verlieben? "Menschen hautnah" hat zwei Frauen und einen Mann bei ihrem Start in einen neuen Lebensabschnitt begleitet. Lillemor zum Beispiel hatte den Traum von der großen Liebe fast schon aufgegeben, doch dann traf die alleinerziehende Mutter plötzlich ihren Prinzen. Die Ehe hielt jedoch nur ein Jahr, Lillemor war am Boden zerstört, konnte nichts mehr essen und magerte völlig ab. Auch Heike musste den Traum von der Familiengründung begraben, weil ihr Partner dafür nicht der richtige war. Nach der Trennung stürzte sie in ein tiefes Loch. Alexander schließlich wurde in einer dramatischen Polizeiaktion von seiner Freundin vor die Tür gesetzt, er verlor über Nacht nicht nur die Liebe seines Lebens, sondern auch sein Zuhause. Alle drei standen vor der Frage "Aufgeben oder Weitermachen?" Der Film zeigt, wie sie es geschafft haben, wieder auf die Füße zu kommen.
28.4., 3sat, 20.15 Uhr: "Der Bus, der Mob und das Dorf"
Es waren schockierende Videosequenzen, die im Februar 2016 den Weg aus dem sächsischen Dorf Clausnitz bis in internationale Nachrichten fanden: Ein Bus mit Flüchtlingen wurde blockiert. Der Reisebus wurde von einer Menge hasserfüllter Männer belagert, die "Ab nach Hause!" schrien und "Wir sind das Volk!". Die Aufforderung der Polizei, den Weg zu räumen, quittierten sie mit Hohngelächter; bis heute ein Symbol für die hässliche Seite Deutschlands. Als ein Beamter den Flüchtlingsjungen Luai aus dem Bus in die vorgesehene Unterkunft zerrt, johlt die Menge. Was wurde aus Luai, was aus den anderen Flüchtlingen im Bus? Welche Straftaten kann die Justiz den beschuldigten Blockierern nachweisen? Wie bewältigt das Dorf den Konflikt zwischen Helfern, die es auch in Clausnitz gibt, und ortsbekannten Rassisten? Ein Jahr lang gingen Autor Klaus Scherer und Nikolas Migut diesen Fragen nach. Ihr behutsamer Film wirft einen zweiten Blick auf den Ort und seine alten wie neuen Bewohner: vom 15-jährigen Luai aus dem Libanon, der inzwischen selbst Polizist werden will, über den parteilosen Bürgermeister, der noch immer Mühe hat, die Lager zu einen, bis zum örtlichen Helferkreis, der die Geflüchteten trotz Einschüchterung von Beginn an im Alltag unterstützte. "Ich habe selten erlebt, dass so viele Menschen selbst anonym die Kamera scheuten, auch wenn sie sich gar nichts vorzuwerfen haben", sagt Scherer. "Anfangs schien es noch, als fehle es auch hier an Zivilcourage. Am Ende waren wir aber nicht mehr sicher, ob die Sorge der Mehrheit vor dem Druck der Rechten nicht tatsächlich begründet ist." Erstmals kommen in der Dokumentation Zeugen zu Wort, die den Hergang der Nacht schildern, einschließlich der Drohung eines Dorfbewohners gegenüber einer Helferin, man werde ihr Haus abbrennen. Als oberster Dienstherr der Polizei räumt in dem Film auch Bundesinnenminister Thomas de Maizière Handlungsbedarf ein, um Hass und Gewalt in Schranken zu weisen.