Hätte ein anderer Sender die Neuauflage in Auftrag gegeben, wäre die Sache zwar auch der Rede, aber dennoch nur eine Randnotiz wert. In beiden Fällen handelt es sich um Filme der ARD-Tochter Degeto, Produzentin war jeweils wie heute Regina Ziegler, und die Hauptdarstellerin hieß in beiden Fällen Christine Neubauer.
Das Drehbuch des jüngeren Werks stammt von Benedikt Röskau (nach einer Idee von Jacqueline Tillmann), Regie führte Friedemann Fromm, und allein diese Namen garantieren einen guten Film. Die Verwunderung über die offenkundigen Parallelen ist daher nur von kurzer Dauer, weil sich die beiden Produktionen naturgemäß im Detail unterscheiden, zumal es anders als damals in der neuen Geschichte keinen Nebenbuhler gibt. Auch die politischen Dimensionen kommen nun deutlicher zum Tragen, denn Karl Forster (Edgar Selge), ein Antifaschist, ist 1943 eingezogen worden, weil er nur auf diese Weise einem Mordprozess entgehen konnte: Als sich ein Nazi an Gattin Hanna ranmachte, hat Karl sie verteidigt. Irgendwie ist der Mann dabei ums Leben gekommen.
Tilmann P. Gangloff, Diplom-Journalist und regelmäßiges Mitglied der Jury für den Grimme-Preis, schreibt freiberuflich unter anderem für das Portal evangelisch.de täglich TV-Tipps und setzt sich auch für "epd medien" mit dem Fernsehen auseinander. Auszeichnung: 2023 Bert-Donnepp-Preis - Deutscher Preis für Medienpublizistik (des Vereins der Freunde des Adolf-Grimme-Preises).
Diese Vorgeschichte wird zwar erst später Stück für Stück nachgereicht, aber sie ist die Erklärung dafür, warum es eine unheilvolle Verbindung zwischen den Forsters und Bürgermeister Zollner (August Schmölzer) gibt, ein Altnazi, der seine politische Karriere nach dem Krieg nahtlos fortsetzen konnte. Im Zentrum der Handlung aber steht naturgemäß die Beziehung zwischen Hanna und Karl: Der nach fünf Jahren Arbeitslager traumatisierte und von furchtbaren Alpträumen geplagte Tischler neigt zu Jähzorn, unter denen vor allem seine Frau zu leiden hat. Dass sie die Werkstatt in seiner Abwesenheit weitergeführt hat und ihr handwerkliches Talent nun keineswegs ruhen lassen will, passt ohnehin nicht in sein Weltbild und ist immer Anlass für handgreifliche Wutausbrüche. Als Karl zusammenbricht und ins Krankenhaus muss, trifft Hanna jene titelgebende Entscheidung, die endgültig zum Bruch führt.
Christine Neubauer versieht die Hauptfigur mit jener ungeschminkten Würde, mit der sie solche Frauen immer verkörpert. Edgar Selges herausragendes darstellerisches Talent zu loben, ist ohnehin müßig. Trotzdem folgt man den Darbietungen seltsam ungerührt, obwohl das Bemühen um Glaubwürdigkeit und Authentizität jederzeit spürbar ist: Wie bei so vielen Filmen über die Kriegs- und Nachkriegsjahre will der Funke, der die Beteiligten fraglos angetrieben hat, nicht recht überspringen.