TV-Tipp: "Tatort: Babbeldasch" (ARD)

TV-Tipp: "Tatort: Babbeldasch" (ARD)
26. Februar, ARD, 20.15 Uhr: "Tatort: Babbeldasch"
Ist das noch mutig oder schon tollkühn? "Babbeldasch", der Titel legt es nahe, ist ein " Tatort" der etwas anderen Art. Der ansonsten im Gegensatz zum Hessischen Rundfunk beim Sonntagskrimi nicht gerade für Experimente bekannte SWR sorgt mit dem Film für gleich drei Premieren: Mit Ausnahme der Ermittler sprechen sämtliche Mitwirkenden Pfälzer Dialekt, die Darsteller sind größtenteils Laien und die Regie besorgte der für seine Improvisationsarbeiten vielfach ausgezeichnete Axel Ranisch (" Ich fühl mich Disco").

Das Ergebnis ist interessant, wenn auch eher im Sinn von schräg, bizarr und grotesk. Die Darbietungen der Amateure erinnern ans klassische Bauerntheater und wirken wie eine jener Produktionen aus dem Dritten Programm, die außerhalb des jeweiligen Sendegebiets und beim anspruchsvollen Publikum wahlweise für Kopfschütteln sorgen oder unfreiwillige Heiterkeit hervorrufen.

Die Geschichte ist nicht gerade kompliziert, hätte aber auch ohne Dialekt funktioniert: Sophie Fettèr (Malou Mott), Star und Leiterin des Ludwigshafener Mundarttheaters Babbeldasch, stirbt während einer Premiere an einem allergischen Schock, weil jemand ihr gewohntes Schoko-Croissant mit Mohn versetzt hat. Eigentlich hat sie für solche Fälle ein Notfallbesteck, aber das hat der Täter offenbar verschwinden lassen. Lena Odenthal (Ulrike Folkerts) sitzt im Publikum, weil Kollege Becker (Peter Espeloer) sie zur Premiere eingeladen hat. Das Ensemble weckt ihr Interesse, zumal Sophie sie vor der Vorstellung eingeladen hatte, doch mal mitzuspielen, und so ergibt es sich eher zufällig, dass die Hauptkommissarin, die ohnehin Überstunden abbauen muss, " undercover" ermittelt. Nun entspinnt sich eine typische Theatergeschichte von Liebe, Leidenschaft, Eifersucht und Missgunst. Die Bedrohungen kommen von außen und von innen: Sophie hatte einen an ihre Person gebundenen lebenslangen Mietvertrag; der Vermieter will die Gunst der Stunde nutzen und das Theater schließen. Das Ensemble ist aber viel zu sehr mit sich selbst beschäftigt, um sich darüber klar zu werden, dass as Ende droht, denn der Streit um Sophies Nachfolge führt prompt zu Zerwürfnissen. Lena Odenthal wiederum wird in ihren Träumen regelmäßig von Sophie heimgesucht, die ihr androht, sie werde ihr keine Ruhe lassen, bis der Mord aufgeklärt ist.

Autor Sönke Andresen hat die Figuren entworfen und die Handlung skizziert, aber keine Dialoge geschrieben. Um die vermeintliche Authentizität zu erhöhen, wurde nicht nur chronologisch gedreht, die Darsteller wussten auch nicht, wer der Mörder war. Regisseur Ranisch hat sich ausdrücklich als " Spielleiter" verstanden. Diese Rahmenbedingung wie auch die Laienschar sollten zu einem möglichst unverstellten Film führen, der sich nicht an der Wirklichkeit des Sonntagskrimis, sondern am wahren Leben orientiert. Das klingt in der Theorie reizvoller, als der Film geworden ist; Improvisation allein ist ja noch Wert an sich. Bei wirklich guten Schauspielern sollte man sowieso keinen Unterschied hören, weil auch die fertigen Dialoge im besten Fall spontan wirken. Ranischs Tragikomödie " Alki Alki" zum Beispiel ist kaum anzumerken, dass die Darsteller aus dem Stegreif plaudern.

Neu ist das alles ohnehin nicht; das Laienspiel hat in der Filmkunst eine lange Tradition, in den Siebzigerjahren sind einige der wichtigsten Werke des Neuen Deutschen Films auf diese Weise entstanden. Und selbst wenn der SWR die Parallele weit von sich weisen würde: Formate wie " Berlin – Tag & Nacht" (RTL 2) sind auf ihre Art ebenfalls Improvisationstheater, denn auch dort entstehen die Dialoge aus dem Augenblick heraus. Die engagierten Mitglieder des Amateurtheaters Hemshofschachtel, die das Babbeldasch-Ensemble verkörpern, würden über den Vergleich vermutlich ebenfalls empört sein, aber ihre Darbietungen sind teilweise von einer Art, die man in südlicheren Regionen als krachledern bezeichnen müsste; vom gewöhnungsbedürftigen Pfälzer Dialekt ganz zu schweigen.

Filmisch ist der überwiegend aus Innenaufnahmen im Theater und im Revier bestehende Krimi nicht weiter der Rede wert; interessant sind allein die dank des bläulichen Lichts jenseitig anmutenden Traumszenen, allen voran eine Sequenz, in der das Ensemble wie erstarrt ist und Odenthal auf der Suche nach dem Mörder von einem zum anderen geht. Andere Einfälle, die vermutlich originell sein sollten, sind eher bemüht, etwa wenn die Kommissarin zur Entspannung einen SWR-"Tatort" schaut oder auf allen Vieren durchs Büro krabbelt, um heimlich einer Vernehmung lauschen zu können. Außerdem zieht sich die Geschichte in der zweiten Hälfte. Trotzdem hat der Krimi auch eine gute Seite: Endlich begraben Lena Odenthal und ihre junge Kollegin Johanna Stern (Lisa Bitter) das Kriegsbeil; die Zickenszenen waren in den letzten Filmen stellenweise eine echte Zumutung.