In seinem vierminütigen Protest-Video gegen die Brandstiftungen in seiner Heimatstadt bei Hannover textet Mustafa Akdag: "Was ist aus meinem schönen Garbsen geworden, Alter?". Und immer wieder blendet der Rapper "Mustique" dabei Aufnahmen der brennenden evangelischen Willehadikirche ein, die in der Nacht zum 30. Juli 2013 bis auf die Grundmauern zerstört wurde. "Ihr fackelt alles ab, ihr Assis! Habt Ihr nichts Besseres zu tun?" Drei Jahre später haben die Garbsener wieder Grund zur Freude, denn am Samstag feiern sie die Einweihung der neuen, wiederaufgebauten Willehadikirche.
Pastorin Renate Muckelberg musste damals fassungslos mit ansehen, wie ihre Kirche bis auf ein paar Reste komplett verbrannte. "Von der Orgel ist nichts übrig geblieben als zwei Stahlbügel", erinnert sie sich. Die neue Kirche fällt mit rund 250 Plätzen etwas kleiner aus als der 1969 eingeweihte Vorgängerbau, doch sie nimmt viele Elemente der zerstörten Kirche auf. "Wir haben eine neue Kirche in den alten Grundriss hineingesetzt", erläutert Architekt Gerd Lauterbach.
Trauriger Höhepunkt einer Reihe von Brandstiftungen
Drei Millionen Euro kostet der Neubau samt Innenausstattung - den größten Teil davon trägt die Versicherung. Zahlreiche Spuren erinnern noch an den Großbrand vor dreieinhalb Jahren. So stehen in einem "Garten der Erinnerung" rund um die Kirche noch die Original-Mauerreste. Sie wurden sorgfältig gesäubert, doch an vielen Stellen ist noch zu sehen, wie das Feuer die Backsteine zum Platzen brachte.
Dass eine Kirche durch Brandstiftung komplett zerstört wird, ist in Deutschland sehr selten, sagt Baudirektor Werner Lemke von der hannoverschen Landeskirche. "Wir haben immer mal kleinere Brandschäden, aber ein Totalverlust ist ein singulärer Fall." Das Feuer an der Willehadikirche war der traurige Höhepunkt einer Reihe von mehr als hundert Brandstiftungen an Papiercontainern oder Hecken an einem sozialen Brennpunkt in Garbsen, die inzwischen weitgehend beendet ist. Die Polizei konnte die Täter bisher nicht fassen.
Nur wenige Gegenstände überstanden den Brand. Dazu gehörte eine lebensgroße Bronzeskulptur des leidenden Christus, ein Werk des Bildhauers Hubertus von Pilgrim. Sie wurde kaum beschädigt, obwohl ihr ein brennender Balken auf die Schulter fiel. "Für Bronze war das Feuer nicht heiß genug", erzählt Pastorin Muckelberg.
Die Christusfigur hängt heute wieder fast wie früher an einer roten Backsteinwand im Altarraum und bildet den optischen Mittelpunkt des hohen und hellen Neubaus, der ansonsten ganz in Weiß gehalten ist. Für Muckelberg ist die Figur ein Sinnbild: "Dass er wieder hier ist, ist für uns wie eine Auferstehung."