Fasten ist "ein Rendezvous mit der Freiheit"

Regionalbischöfin Susanne Breit-Keßler
Foto: epd-bild/mck
Fasten ist "ein Rendezvous mit der Freiheit"
Drei Fragen an die Münchner Regionalbischöfin Susanne Breit-Keßler
Zwischen Aschermittwoch und Ostern wirbt die evangelische Fastenaktion "7 Wochen Ohne" für eine Entschleunigung des Alltags: "Wir leben in einer aufgeregten, hektischen Welt, in der sogar Präsidenten ihre Meinung blitzartig in die Welt entlassen", sagte die Regionalbischöfin für München und Oberbayern, Susanne Breit-Keßler, zur diesjährigen Aktion, die am 1. März 2017 startet. Es tue gut, "wenn wir immer wieder innehalten, uns besinnen und überlegen, was wir sagen oder tun".
16.02.2017
epd
Stephan Cezanne

Susanne Breit-Keßler, Vorsitzende im Kuratorium der Fastenaktion, predigt zum Auftakt am 5. März 2017 in einem Gottesdienst in Frankfurt am Main. Das ZDF überträgt live.

epd: Frau Regionalbischöfin, Entschleunigung ist ein Schwerpunktthema der diesjährigen Fastenaktion "7 Wochen Ohne". Wie kam es zu diesem Motto? 

Susanne Breit-Keßler: Wir leben in einer aufgeregten, hektischen Welt, in der sogar Präsidenten ihre Meinung blitzartig in die Welt entlassen. Menschen reagieren sehr schnell, manchmal, ohne sich und anderen die nötige Zeit zum Nachdenken zu gönnen. Es tut uns gut, es ist menschlicher, wenn wir immer wieder innehalten, uns besinnen und überlegen, was wir sagen oder tun.

epd: Das Thema Entschleunigung - wie die verwandten Begriffe Achtsamkeit, Nichtstun oder im Augenblick leben - bringen viele eher mit asiatischen Religionen in Verbindung. Wie verträgt sich das mit christlicher, vor allem evangelischer Spiritualität? 

Breit-Keßler: Alles, was recht ist: Achtsamkeit, Besinnung und stellenweise Zurückhaltung sind geradezu typisch für das, was in der Bibel von Jesus berichtet wird. Bevor er agiert, zwischendurch und nach seinen Predigten und Taten verzichtet er auf ein besinnungsloses Sofort - und setzt dem ein geistliches, kluges "Augenblick mal" entgegen. Das ist unsere ureigene Botschaft.

epd: Mit der Fastenzeit vor Ostern verbindet man vor allem Verzicht - zum Beispiel auf Fleisch, Alkohol, Fernsehen oder Zigaretten. "7 Wochen Ohne" ist eher ein Appell ans Umdenken. Ist den Protestanten die Askese nicht mehr so wichtig?

Breit-Keßler: Zeitweise Askese ist selbstverständlich und kann in der Fastenzeit genau so wie zu anderen Zeiten im Jahr gelebt werden. Diese Askese befreit Körper und Geist von Lasten, die es einem schwermachen. Aber Fasten kommt von "fastan", festhalten, im Auge behalten. Die drei Dimensionen der Existenz - die Beziehung zu Gott, zu sich selbst und zum Mitmenschen - werden beim Fasten in den Blick genommen. Wer da seine Haltung überprüft und dadurch neue Einsichten gewinnt, hat ein Rendezvous mit der Freiheit.

7 Wochen Ohne"-Fastenaktion 2017 ermuntert zum Durchatmen.

"7 Wochen Ohne" ist die bundesweite jährliche Fastenaktion der evangelischen Kirchen zwischen Aschermittwoch (1. März) und Ostern. In der Fasten- oder Passionszeit erinnern Christen an das Leiden und Sterben Jesu Christi und bereiten sich auf Ostern vor, auf die Botschaft von der Auferstehung. Die Aktion "7 Wochen Ohne" soll helfen, diese Wochen bewusst zu erleben und zu gestalten.

Die Kampagne wurde vor mehr als 30 Jahren gegründet und steht in diesem Jahr unter dem Motto "Augenblick mal! Sieben Wochen ohne Sofort". Koordiniert wird die Aktion von einem Projektbüro im Gemeinschaftswerk der Evangelischen Publizistik (GEP) in Frankfurt am Main. Traditionell greifen viele Kirchengemeinden das aktuelle Thema von "7 Wochen Ohne" auf und gründen Fastengruppen. Ein Kalender und Fastenbriefe bieten Anregungen für eine intensive Beschäftigung.