TV-Tipp: "Dimitrios Schulze" (ARD)

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TV-Tipp: "Dimitrios Schulze" (ARD)
2.2., ARD, 20.15 Uhr: "Dimitrios Schulze"
Das Drehbuch bekommt alle diese Nationalitäten spielend unter einen Hut. Was allerdings nicht so gut funktioniert, ist der Fluss der Handlung: Weil die Handlung sehr episodisch strukturiert ist und der Film eine Vielzahl großer und kleiner Geschichten erzählt, wirkt er mitunter etwas sprunghaft.

Als Fatih Akin vor knapp zwei Jahrzehnten schlagartig durch sein fulminantes Kiezdrama "Kurz und schmerzlos" bekannt wurde, traten automatisch auch seine drei Hauptdarsteller ins Scheinwerferlicht. Während es sich beispielsweise Mehmet Kurtulus sogar leisten konnte, eine "Tatort"-Hauptrolle wieder aufzugeben, sind Aleksandar Jovanovic und Adam Bousdoukos stets ein wenig im Schatten der ersten Reihe geblieben. Gerade Bousdoukos hat immer wieder reizvolle Nebenrollen bekommen oder auch mal die zwei Hauptrolle wie zuletzt in der Kinokomödie "Highway to Hellas" neben Christoph Maria Herbst gespielt, aber so etwas wie einen Durchbruch hat der gebürtige Hamburger trotz diverser weiterer Akin-Filme nie erlebt. Insofern war es durchaus mutig von der ARD-Tochter Degeto, ihm die Titelrolle der möglichen neuen Donnerstagskrimireihe "Dimitrios Schulze" anzuvertrauen. Dieser Mut zum Risiko prägt ohnehin das gesamte Projekt. Das zeigt sich nicht nur beim Schauplatz - die Stadt Mannheim hat bislang noch weniger Hauptrollen als Boudoukos -, sondern auch beim Ensemble: Zumindest der Auftaktfilm ist Multikulti pur. Schulze ist Anwalt für die kleinen Leute in Jungbusch, einem Viertel mit hohem Migrationsanteil. Das gilt auch für sämtliche Hauptfiguren: Seine Mutter (Despina Pajanou) ist Griechin, seine schöne Freundin Abeo (Zodwa Selele) hat unübersehbar afrikanische Wurzeln, sein Gegenspieler vom örtlichen Kommissariat, Cakmak (Kida Khodr Ramadan), ist Türke, Schulzes Anwaltskollegin und Ex-Verlobte Laura Pellegrini (Liane Forestieri) hat italienische Vorfahren, und die Mandantin, um die sich Schulzes erster Fall dreht, ist Russin.

Das Drehbuch bekommt alle diese Nationalitäten spielend unter einen Hut. Was allerdings nicht so gut funktioniert, ist der Fluss der Handlung: Weil die Handlung sehr episodisch strukturiert ist und der Film eine Vielzahl großer und kleiner Geschichten erzählt, wirkt er mitunter etwas sprunghaft. Auf den zwei Erzählebenen, die im Zentrum stehen, geht es um Bauleiterin Livrova (Katharina Hauter), die des versuchten Totschlags verdächtigt wird, weil ein Mann schwerverletzt in ihrem Transporter lag, sowie um Schulze selbst: Da Laura vor Gericht regelmäßig den Kürzeren gegen ihn zieht und sich offenbar immer noch nicht mit der schon lange zurück liegenden Trennung abgefunden hat, erzählt sie Richterin Petöfi (Eleonore Weisgerber), sie habe Schulze einst die Lösungen fürs Staatsexamen verraten. Für sie selbst wäre der Vorfall verjährt, für ihn nicht; das wäre das Ende seiner Laufbahn. Nebenbei muss sich der von allen bloß Dimi genannte Anwalt auch noch um eine junge Marokkanerin kümmern, die an der Nadel hängt und von ihrem miesen Freund (Burak Yigit) regelmäßig zur Prostitution auf einer Großbaustelle gezwungen wird. Dieser Yasser ist es auch, der blutüberströmt in Livrovas Auto lag. Weil für Cakmak der Fall klar ist, muss Dimi auch noch die Ermittlungen übernehmen.

Hommage an die Bunte Republik Deutschland

Die ständige Konfrontation zwischen dem Anwalt und dem Kommissar, bei der im Hintergrund womöglich auch der uralte Konflikt zwischen Griechen und Türken mitschwelt, ist die interessanteste Ebene des Films: Schulze und Cakmak kennen sich seit der Schulzeit und waren mal Freunde, aber weil der mit allen Abwassern gewaschene Anwalt ständig dafür sorgt, dass die von Cakmak in Gewahrsam genommenen Personen wieder auf freien Fuß kommen, betrachtet der Kommissar den alten Kumpel als Erzfeind und schikaniert ihn, wo er nur kann. Außerdem wurmt ihn, dass Schulze der Star von Jungbusch ist. Dafür sorgt nicht zuletzt dessen Sekretärin Aishe (Sara Fazilat), die seine Großtaten regelmäßig mit der Kamera festhält und ins Internet stellt. Den Rest besorgt der Anwalt selbst: In einem Video, das den Film immer wieder unterbricht, macht Dimi rappend Werbung in eigener Sache.

Für Bousdoukos ist dieser ungewöhnliche Jurist eine Traumrolle, auch wenn er Typen dieser Art schon oft gespielt hat: charmante Großmäuler, die sich nicht unterkriegen lassen. Dass er sich seit "Kurz und schmerzlos" eine gewisse unfertige und daher natürlich wirkende Art bewahrt hat, macht ihn umso glaubwürdiger. Noch schöner als die Hauptrolle ist allerdings die Zusammensetzung des Ensembles: "Dimitrios Schulze" ist eine Hommage an die Bunte Republik Deutschland. Das Drehbuch stammt vom Routinier Fred Breinersdorfer, dem das deutsche Fernsehen eine Vielzahl interessanter Juristen verdankt (unter anderem die Roman- und Filmreihe "Anwalt Abel"), aber die Inszenierung besorgte mit Cüneyt Kaya ("Ummah – Unter Freunden", ebenfalls mit Ramadan) ein Regisseur mit Migrationshintergrund.