28.1., SWR Fernsehen, 23.30 Uhr: "Krüger aus Almanya"
Mittlerweile bilden sie fast ein eigenes Genre, die Komödien, in denen sich die Vorurteile eines grantelnden Dickschädels in Luft auflösen. "Krüger aus Almanya" knüpft nahtlos an diese Tradition an, zu der unter anderem "Zimtstern und Halbmond" und "Dreiviertelmond" gehören. In diesem wunderbaren Film von Marc-Andreas Bochert ist es Horst Krause, der den alten Misanthropen verkörpert. Im Grunde will Paul Krüger bloß seine Ruhe, aber sein Berliner Kiez ist mittlerweile fest in Einwandererhand: Türken, wo immer man hinschaut; und vor allem hinhört. Als seine Enkelin ihn bittet, nach Antalya zu kommen, damit er sie nach türkischer Sitte mit einem Einheimischen verloben kann, fackelt Krüger nicht lange: Annie soll auf keinen Fall zur Gebärmaschine für kleine Moslems werden. Horst Krause ist der perfekte Protagonist für eine Geschichte dieser Art. Der alte Krüger verhält sich so, wie man sich viele AfD-Wähler vorstellt: Er betrachtet sich als Opfer einer Entwicklung, die er als Bedrohung empfindet, und sieht in jedem "Mohammedaner" einen potenziellen Islamisten; dabei kennt er keinen einzigen Moslem gut genug, um sich ein Urteil erlauben zu können. Für seinen Unmut allerdings findet das Drehbuch viele nachvollziehbare Momente, die Bochert angenehm lakonisch inszeniert. Es ist vor allem die amüsiert klingende Musik von Stefan Maria Schneider, die signalisiert, dass Krüger im Grunde seines Herzens ein guter Mensch ist. Mit der Ankunft in Antalya wechselt der Tonfall, und das auch buchstäblich. Die Musik klingt nun orientalisch, die Bilder sind hell und farbenfroh. Bloß Krüger ändert sich nicht: Missmutig stapft er in seinen Sandalen durch die fremde Welt; bis die freundlichen Einheimischen sein Weltbild ins Wanken bringen.
29.1., ARD, 17.30 Uhr: "Gott und die Welt: Gutes Karma"
Die Mittagssonne brennt über dem kleinen Dorf nahe Lamphun im Norden Thailands. Es gibt kaum Schatten, die Luft über dem Asphalt flirrt vor Hitze. Der guten Laune der Frauen und Männer, die auf der Straße tanzen, tut dies keinen Abbruch. Im Zentrum des fröhlichen Umzuges, der sich nur langsam fortbewegt, reitet Jason Chumtong. In Deutschland aufgewachsen, mit familiären Wurzeln hier im Dorf, grell geschminkt und in glitzernden Klamotten. Er wirft bunt verpackte Münzen in die Menge. Diese Szenerie ist der Beginn eines traditionellen religiösen Rituals, der junge Mann auf dem Pferd ist auf dem Weg in das buddhistische Kloster des Dorfes, in das er eintreten will.
Es ist der Endpunkt eines langen Entscheidungsprozesses. Denn Jason Chumtong hat sich entschlossen, eine Tradition der Familie seines Vaters weiterzuführen. Nach dem Tod seine Großmutter fand sich keiner seiner Cousins bereit, ins Kloster zu gehen, um entsprechend der Überlieferung ihre Seele auf dem Weg ins Nirvana zu begleiten. Nach dem Ende des Studiums, sieben Jahre später, ist er überzeugt, dass dies nun seine Aufgabe ist. Deshalb hat sich Jason in den zurückliegenden Monaten auf den Eintritt ins Kloster vorbereitet. Mit Hilfe seiner Eltern lernte er Sprache und Gebete, übte die erforderlichen Rituale. Denn obwohl sein Vater Thailänder ist, seine Mutter fließend Thai spricht und als Übersetzerin arbeitet, hatte er Sprache und Gebräuche bisher nie richtig gelernt. Joel Drießen hat Jason Chumtong begleitet. Der Mann erwartet von seinem Aufenthalt im Kloster vor allen Dingen eine Reise zu sich selbst und zu seinen familiären Wurzeln. Mit dieser idealisierten Vorstellung vom Buddhismus und dem Lebens als Mönch kommt er nach Thailand. Doch die Realität dort sieht anders aus. Das Kloster ist reich, der Alltag der Mönche alles andere als karg, das alles kollidiert mit seinen Erwartungen an das Mönchsleben. Drießen begleitete die Vorbereitung mit den Eltern bis hin zum Tag der Aufnahmezeremonie, der wichtigsten Hürde auf dem Weg in das Klosterleben. Die Monate danach wird Jason Chumtong als Mönch leben, früh aufstehen, um Essen betteln, meditieren und beten; das ist zumindest seine Erwartung. Der Film beschreibt, wie sich das Leben des jungen Mannes als Mönch ändert.
29.1., 18.00 Uhr, ZDF: "ZDF.reportage: Armes reiches Deutschland"
Der Film ist der dritte von vier Teilen der Reihe "Armes reiches Deutschland", die die "ZDF.reportage" im Januar und Februar 2017 ausstrahlt. Sie behadnelt die Angst der "Mitte" der Gesellschaft vor dem sozialen Abstieg. Trotz anhaltend hohem Wirtschaftswachstum nähern sich immer mehr Menschen mit ihrem Einkommen der Armutsgrenze. Zum Beispiel die sechsköpfige Familie E. aus Niedersachsen: Sie hat sich über die Jahre einen bescheidenen Wohlstand aufgebaut. Doch die Fixkosten nahmen mit jedem Kind zu. Jetzt bleibt am Ende des Monats häufig nicht genug übrig, um Lebensmittel einzukaufen. Nur mit engen Freunden sprechen die Eltern über ihre Sorge, die Rechnungen irgendwann nicht mehr bezahlen zu können: "Es ist ein gesellschaftliches Tabu. Man möchte einfach nicht als arm dastehen." Ein weiteres Beispiel: Denise D., 38 Jahre, lebt mit ihrem Mann und zwei Kindern in Dresden. Die promovierte Psychologin und Neurowissenschaftlerin arbeitet an der Uni. Alle paar Monate bekommt sie einen neuen Vertrag, manchmal ist sie zwischen Projekten arbeitslos. Auch bei Familie D. wird der Alltag von Abstiegsängsten bestimmt: Die Wissenschaftlerin weiß nie, ob sie einen neuen Vertrag erhält, die Familie kann ihre Zukunft nicht fest an einem Ort planen. Die Einkünfte sind unregelmäßig, die Ausgaben steigen. Es ist fast unmöglich, Vermögen aufzubauen oder Rücklagen fürs Alter zu bilden.
30.1., ARD, 22.45 Uhr: "Die Story im Ersten: Der Bus, der Mob und das Dorf"
Es waren schockierende Videosequenzen, die im Februar 2016 den Weg aus dem sächsischen Dorf Clausnitz bis in internationale Nachrichten fanden: Ein Reisebus mit Flüchtlingsfamilien, darunter weinende Frauen und Kinder, wird belagert von einer Menge hasserfüllter Männer, die "Ab nach Hause!" schreien und "Wir sind das Volk!". Die Aufforderung der Polizei, den Weg frei zu räumen, quittierten sie mit Hohngelächter. Als ein Beamter den Flüchtlingsjungen Luai aus dem Bus in die vorgesehene Unterkunft zerrt, johlt die Menge. Die nächtlichen Szenen symbolisieren bis heute die hässliche Seite Deutschlands während der Zuwanderungs-Debatte. Was wurde aus Luai, was aus den anderen Flüchtlingen im Bus? Welche Straftaten kann die Justiz den beschuldigten Blockierern nachweisen? Wie bewältigt das Dorf den Konflikt zwischen Helfern, die es auch in Clausnitz gibt, und ortsbekannten Rassisten? Ein Jahr lang gingen Autor Klaus Scherer und Nikolas Migut, Videojournalist, diesen Fragen nach. Ihr Film wirft einen zweiten Blick auf den Ort und seine alten wie neuen Bewohner: vom 15-jährigen Luai aus dem Libanon, der inzwischen selbst Polizist werden will, über den parteilosen Bürgermeister, der noch immer Mühe hat, die Lager zu einen, bis zum örtlichen Helferkreis, der die Geflüchteten trotz Einschüchterung von Beginn an im Alltag unterstützte.
30.1., 3sat, 23.55 Uhr: "37 Grad: Ich sterbe, wann ich will"
Tilmann P. Gangloff, Diplom-Journalist und regelmäßiges Mitglied der Jury für den Grimme-Preis, schreibt freiberuflich unter anderem für das Portal evangelisch.de täglich TV-Tipps und setzt sich auch für "epd medien" mit dem Fernsehen auseinander. Auszeichnung: 2023 Bert-Donnepp-Preis - Deutscher Preis für Medienpublizistik (des Vereins der Freunde des Adolf-Grimme-Preises).
Sie geben ihre Einwilligung, sich von Yves Schurzmann in ihren letzten Lebensmonaten mit der Kamera begleiten zu lassen. Klaus V. aus Herne zum Beispiel ist immer ein Lebemann gewesen, ein gestandener Kerl, ein liebevoller Vater, Schalke-Fan, Unternehmer, Freigeist. Vor knapp fünf Jahren dann die Diagnose: Er hat eine unheilbare Krankheit, die das Nervensystem und die Muskeln lähmt. Klaus würde irgendwann an einer Atemlähmung sterben. Doch darauf will der 75-Jährige nicht warten. Er wendet er sich an einen Palliativmediziner. Antje W. (37) hat Lungenkrebs im Endstadium.
Die Diagnose bekam sie völlig unvorbereitet, als sie im April 2015 eine Plasmaspende machte. Da war es für eine Behandlung schon zu spät. Die Prognose lautete: sechs Monate noch. Für Antje kommt Sterbehilfe nicht in Frage. Sie ist alleinerziehende Mutter von zwei Kindern, 19 und 12 Jahre alt. Deshalb kämpft sie bis zum Schluss, will so viel Zeit schinden wie möglich, um länger bei ihren Kindern zu sein. Chemotherapie, Immuntherapie, Bestrahlung – jede Möglichkeit nimmt sie wahr, ohne Rücksicht auf die Nebenwirkungen. Auch Andrea W. (58) hat Lungenkrebs; ihr bleiben noch wenige Wochen, vielleicht ein paar Monate. Um ihre Lebenszeit zu verlängern, bekommt sie drei Chemotherapien. Die letzte bricht sie ab; die Nebenwirkungen sind unerträglich. Sie möchte im Hospiz sterben; bis zu ihrer Krankheit arbeitete die Diplom-Theologin als Krankhausseelsorgerin und hatte ständig mit Menschen zu tun, denen es so erging wie ihr jetzt. Ihrer Familie möchte sie ihre Betreuung und Pflege in den letzten Wochen ihres Lebens nicht zumuten.
31.1., ZDF 22.15 Uhr: "37 Grad: So wie du bist"
Etwa 12.000 Kinder behinderter Eltern leben in Deutschland. Als Kleinkinder erleben sie die Behinderung des Elternteils als normal. Sie sind stolz darauf, helfen zu können.
Schuldgefühle, Angst und auch Scham entwickeln sich in der Regel erst dann, wenn die Außenwelt, die Clique, die Schule, eine immer wichtigere Rolle spielen. Denn dann sind solche Kinder mit gesellschaftlichen Tabus und Vorurteilen konfrontiert. Roland May stellt einige dieser Kinder vor. Anna-Lena, zum Beispiel, 11 Jahre, demonstriert mit Tausenden anderen vor dem Brandenburger Tor für das Recht auf mehr Selbstbestimmung und für garantierte Hilfe geistig behinderter Menschen. Sie demonstriert auch für ihre eigene Mutter, 35, die unter Auflage einer täglichen Unterstützung das Sorgerecht für Anna-Lena bekommen hat. Die beiden leben in Frankfurt/Oder in einer betreuten Wohnung. Anders als ihre Mutter glaubt sie nicht daran, dass die Aktion in Berlin helfen wird. Der Alltag zuhause von Mutter und Kind sieht einerseits ähnlich aus wie der einer Familie, in der die Eltern nicht behindert sind. Aber es gibt auch große Unterschiede. Ihre Mutter kann jetzt schon kaum noch dem Schulstoff der fünften Klasse folgen, den das Mädchen mit Leichtigkeit lernt und auch mit guten Noten bestätigt bekommt. Anna-Lena erklärt ihrer Mutter Sinn-Zusammenhänge aus Texten, formuliert ihre Briefe und rechnet Summen für anstehende Einkäufe aus. Die Elfjährige ist Selbstständigkeit gewohnt, kümmert sich um den Einkauf, ihr Schulessen und andere organisatorische Details des täglichen Lebens. Das prägt sie. Die beiden verlassen jeden Morgen gemeinsam das Haus, wenn Anna-Lena zur Schule muss und ihre Mutter zur Arbeit in einer Wäscherei.
Die Mutter ist sich ihrer Behinderung bewusst, sie kann gestellte Aufgaben nur einzeln, nacheinander lösen. Bei Gesprächen mit dem Mädchen wird klar, dass sie sich in der Clique ihrer Mitschüler wegen der Behinderung ihrer Mutter nicht immer verstanden fühlt. Ihre fast mütterliche Fürsorge für sie empfindet Anna-Lena als Selbstverständlichkeit. Jana ist 20 und spielt Rollstuhl-Basketball. Sie betreibt den Behindertensport seit früher Kindheit, obwohl es ihr 50-jähriger Vater ist, der den Rollstuhl braucht. Jana kann normal gehen. Für sie ist dieses Mitmachen ein Schritt hin zu ihrem Vater und seinen Möglichkeiten, die Liebe einer Tochter zu ihrem Vater. Die beiden gehen zusammen ins Kino, einkaufen, zum Sport, und sie wohnen zusammen. Sie leben die Inklusion. Doch Jana kommt immer mehr an die Grenzen ihrer Belastbarkeit. Sehr offen erzählt sie davon, wie die Behinderung ihres Vaters ihr eigenes Leben einschränkt. Jana plant, auszuziehen. Der Film über das enge Band zwischen Kindern und ihren behinderten Eltern zeigt, was die Kinder in jungen Jahren leisten und was sie von ihren Eltern lernen. Es wird auch deutlich, dass Kinder Raum für ihre Entwicklung brauchen und welche Konflikte entstehen, wenn sie sich aus diesem engen Band lösen.
1.2., Arte, 20.15 Uhr: "Hannah Arendt"
Filme über Figuren der Vergangenheit sind nur dann wirklich von Belang, wenn diese Persönlichkeiten einen Bezug zur Gegenwart haben. Hannah Arendt war eine der größten Denkerinnen des 20. Jahrhunderts, und Margarethe von Trottas filmisches Denkmal ist von bemerkenswerter handwerklicher Qualität; aber das war nicht anders zu erwarten. Herausragend wird die Hommage an die Philosophin jedoch, weil Arendts Haltung noch heute so vorbildlich und aktuell ist wie vor fünfzig Jahren, zu jener Zeit also, die der Film behandelt. Zunächst aber geht einem Hannah Arendt mit ihrer bedingungslosen Kompromisslosigkeit ziemlich auf die Nerven, und das war womöglich die brillanteste von vielen guten Ideen, die Trotta und Pamela Katz beim Verfassen des gemeinsamen Drehbuchs hatten: Wenn die Publizistin schließlich zwischen die Fronten gerät, ist man nicht deshalb auf ihrer Seite, weil man sie sympathisch findet, sondern weil sie Recht hat. Das Porträt konzentriert sich auf die erste Hälfte der Sechzigerjahre. Die Handlung beginnt mit der Entführung Adolf Eichmanns durch israelische Agenten. Arendt bietet sich dem Magazin The New Yorker als Berichterstatterin des Prozesses an und überrascht die Öffentlichkeit mit einer Artikelserie, die Eichmann nicht etwa als Monster beschreibt, sondern anhand seiner Person die seither vielzitierte "Banalität des Bösen" analysiert. Margarethe von Trotta ist bekannt für die ausgezeichnete Führung ihrer Darsteller, und mit Barbara Sukowa versteht sie sich vermutlich längst ohne Worte; "Hannah Arendt" ist nach unter anderem "Die bleierne Zeit" und "Rosa Luxemburg" bereits ihr sechster gemeinsamer Film. Und doch ist es ihnen gelungen, die Intensität nochmals zu steigern: Sukowa, so scheint es, verkörpert die Philosophin nicht, sie ist Hannah Arendt. Besser lässt sich eine schauspielerische Leistung kaum würdigen. Im Anschluss zeigt Arte mit der Dokumentation "Hannah Arendt und die Pflicht zum Ungehorsam", welche Relevanz die ihre Arbeiten und Gedanken noch heute haben.
1.2., WDR Fernsehen, 22.10 Uhr: "die story: Wo ist mein Zuhause?"
Marwan ist 13. Er erinnert sich, dass er die ganze Fahrt über geweint hat, auf dem schwarzen Schlauchboot, das ihn nach Griechenland brachte. Als sie dort endlich ankamen, erkannte er, dass sie noch lange nicht am Ziel waren. Jetzt begann ein langer und anstrengender Fluchtweg durch Europa, ohne Dach über dem Kopf, ohne gute Kleidung, ohne zu wissen, was die Zukunft in der Fremde bringt. Seit der Krieg begonnen hat, sind über 4 Millionen Syrer aus ihrem Land geflohen. Die Hälfte von ihnen Kinder. "Wo ist mein Zuhause?" erzählt die Flucht aus ihrer Sicht. Ein Jahr lang haben Hernan Zin und sein Team die Kinder begleitet. Hamude zum Beispiel ist neun Jahre alt, er ist aus Aleppo geflohen, wegen der vielen Bomben dort. Er hat gesehen, wie Menschen verfolgt und ermordet wurden. Sein Onkel und sein kleiner Bruder Hamzeh begleiten ihn auf dem Weg nach Europa. Als er nach 16 Tagen in Österreich ankommt und dort einen kleinen Tretroller geschenkt bekommt, ist er glücklich. Doch sein Weg ist noch nicht zu Ende, er reist weiter nach Deutschland. Hier soll sein Leben einen Neuanfang nehmen, aber die Behörden trennen die beiden Brüder zunächst. Der Film gibt den Schwächsten der Flüchtlinge eine Stimme; er erzählt von Albträumen, aber auch von einem großen Willen zu leben.
1.2., SWR Fernsehen, 23.30 Uhr: "Titos Brille"
Adriana Altaras stammt aus einem Land, das es nicht mehr gibt: Jugoslawien. Die Tochter jüdischer Partisanen, die für Tito kämpften und im Nachkriegsdeutschland ein neues Leben begannen, erzählt in "Titos Brille" von ihrer strapaziösen Familie. Heute ist Altaras Regisseurin, Schauspielerin, Autorin, Mutter zweier Kinder und Ehefrau eines deutschen Katholiken. So ungewöhnlich ihr Familienleben auf den ersten Blick auch sein mag, so beispielhaft ist es für einen Großteil der Generation der Nachkriegskinder. Trotz ihres eigenen prallen Lebens sind die Wunden der Vergangenheit bis heute spürbar und die Suche nach den eigenen Wurzeln ein ständiger Begleiter. Altaras nimmt die Dinge ernst, aber stets mit Humor, ihre ungewöhnliche, filmreife Familiengeschichte ebenso wie die Historie, die die Lebensläufe vieler Verwandter bestimmt haben. All das macht sie zu einer Protagonistin, die zwischen den Welten steht und so vieles in sich vereint: das alte Europa, das hippe, heutige Berlin und den jüdischen Witz, gepaart mit deutscher Gründlichkeit. Regisseurin Regina Schilling begleitet Adriana zu den Spuren der Familie Altaras auf einer Reise von Berlin über Gießen, Italien bis nach Zagreb, Split und Rab. Sie führt vor Augen, wie es sich anfühlt, wenn Geschichte persönlich wird: die Lager, der Widerstand, die Schauprozesse, Flucht und Neuanfang. Mit jüdischem Witz, balkanischem Furor und deutscher Gründlichkeit knüpft sich Adriana all jene vor, die ihr den Schlaf rauben: ihren Vater, der immer ein Held sein wollte, ihre strenge Mutter, Tito und den kroatischen Staat.
2.2., WDR Fernsehen, 22.40 Uhr: "Mode schlägt Moral"
Der Textildiscounter Kik muss vor Gericht. Brandopfer einer pakistanischen Fabrik, die vor allem für Kik fertigte, verklagen den Konzern auf Schadensersatz. Ein Prozess mit Signalwirkung: Erstmals könnte ein deutsches Unternehmen haftbar gemacht werden für die Zustände, unter denen es im Ausland produzieren lässt. Seit Jahren kommt es immer wieder zu Katastrophen in Textilfabriken, bis heute wird Kleidung auch für deutsche Modefirmen oftmals unter menschenunwürdigen Bedingungen produziert. Geht das auch anders? Sarah Zierul traf junge Designer, begleitete große Modekonzerne wie die Otto Group bei ihrem Einsatz für fair hergestellte Kleidung und deckte dabei erstaunliche Schwierigkeiten und Widerstände auf. So wird der Weg der Kleidung vom Baumwollfeld zum Kleiderbügel meist kaum kontrolliert, der Ausbeutung öffnet das Tür und Tor. Doch vor allem die Kunden spielen nicht mit. Trotz aller Lippenbekenntnisse kaufen sie kaum faire Kleidung. Beim Shopping interessieren Stil und Preis; die Moral kommt zuletzt.
Kann die Politik für faire Kleidung sorgen? Welche Rolle spielen Kirchen, Händler und NGOs wie die Kampagne für Saubere Kleidung? Ein Film über Wege zu menschengerechter Kleidung - und darüber, wie wichtig es ist, dass jeder Einzelne sich dafür engagiert.
2.2., WDR Fernsehen, 23.25 Uhr: "Menschen hautnah: Chef mit Herz"
Während die meisten Chefs davon ausgehen, dass sich die Wettbewerbsfähigkeit eines Betriebes und das Wohl der Mitarbeiter widersprechen, zeigen einzelne Unternehmer, wie man Menschen trotz heftiger Stressphasen für ihren Job begeistern und damit hohe Fehlzeiten aufgrund von Krankheiten wie beispielsweise Burnout vermeiden kann. Mit diesem Erfolgskonzept schaffen sie eine hohe Identifikation mit dem Betrieb und steigern obendrein Leistung und Produktion. "Menschen hautnah"-Autorin Liz Wieskerstrauch begleitet die "Deutsche Kammerphilharmonie Bremen" und Mitarbeiter des Tagungshotels Schindlerhof bei Nürnberg. Dessen Chef fragt Bewerber erst mal, wie viel sie denn verdienen wollten. Die meisten haben anfangs Schwierigkeiten, die eigene Leistung einzuordnen und nennen ein zu geringes Gehalt. Dann legt Kobjoll noch was drauf, denn er will selbstbewusste Mitarbeiter, die wissen, was sie wert sind. Dafür arbeiten seine Angestellten auch gern und viel, sind voller Begeisterung dabei und werden weit seltener krank als üblich. Oder ist das alles bloß ein guter Trick des Familienunternehmens, um die Angestellten geschickt auszubeuten?
Zweites Beispiel ist die "Deutsche Kammerphilharmonie Bremen", die 1999 kurz vor der Pleite stand. Damals hat einer der Musiker seinen Kontrabass zur Seite gelegt und sich fortan nur noch um die Wirtschaftlichkeit gekümmert; heute ist Albert Schmitt der Geschäftsführer. Er hat sich Rat geholt bei Marketingexperten, Personalführern, Wirtschafts-Strategen und hat die Musiker auf das Unternehmertum eingeschworen. Innerhalb von zwei Jahren waren alle Schulden getilgt, und nun zählt das Orchester weltweit zu den Top Ten und wird mit Preisen überschüttet. Liz Wieskerstrauch beobachtete das Zusammenspiel der Musiker nicht nur bei einem Konzert, sondern auch bei den Proben und auf Tour, und sie begleitet auch das Familienunternehmen Schindlerhof während einer schwierigen Zeit der Umstrukturierung.
2.2., NDR Fernsehen, 22.00 Uhr Uhr: "Herbe Mischung"
In "Herbe Mischung" erzählt der in Berlin lebende Israeli Dror Zahavi die Geschichte einer höchst ungewöhnlichen Romanze: Zarah (Peri Baumeister) ist die Tochter eines Ägypters und einer Deutschen, Benni (Trystan Pütter) ist Jude. Beide leben in München, wo die unterschiedliche Herkunft keinerlei Rolle spielt. Das ändert sich, als Zarah Benni nach Israel zur Beerdigung seines Großvaters begleitet. Wegen ihres Vornamens war Bennis Familie überzeugt, sie sei ebenfalls Jüdin. Als sie sich am Grab bekreuzigt, sind die Angehörigen schockiert: keine Jüdin, und dann auch noch Deutsche! Benni mag sich gar nicht ausmalen, was passiert, wenn sein Vater Ephraim (Dovale Glickman), Ex-General, Nationalist und Militarist, erfährt, dass seine Freundin halbe Araberin ist. Deshalb darf auf keinen Fall rauskommen, dass Zahras Nachname Abdullah lautet. Aber Bennis Tante Edna (Varda Ben Hur) hat den Braten schon gerochen und tut fortan alles, um das Liebespaar zu entzweien. Da hilft es auch nichts, dass Bennis Mutter (Sandra Sadeh) die Liebenden schützen will; sie ist überzeugt, dass Zarah schwanger ist. Die wiederum ist schockiert von der Intoleranz, der in Bennis rassistischer Mischpoke herrscht; und ernüchtert, dass ihr Freund so wenig Rückgrat beweist. Diese Liebesgeschichte gegen alle Widerstände hätte auch einen veritablen Dramenstoff abgegeben, aber als Komödie voller Missverständnisse und kleiner Notlügen kommt die Botschaft naturgemäß noch besser an. Es wäre ohnehin schade um die vielen witzigen Ideen gewesen, zumal das Drehbuch (Annabel Wahba, Barry Thomson) immer wieder auf wunderbare Weise brisante Momente heiter auflöst. Weniger lustig ist der offene Hass, der Zarah in Tel Aviv entgegenschlägt; beim Einkaufen muss sie sich als "arabische Hure" beschimpfen lassen. Auch wenn Zahavi diese Szenen komödiantisch inszeniert und ihnen so die Schärfe nimmt: In vielen Momenten bleibt einem das Lachen im Halse stecken.
2.2., SWR 22.00 Uhr: "odysso - Wissen im SWR: Organspende - zwischen Hoffnung und Tod"
Spätestens der Brief der Krankenkasse stürzt viele Menschen in einen Zwiespalt: Organspende, ja oder nein? Immerhin könnte man auch mal in die Situation kommen. Sollen die eigenen Organe nach meinem Tod anderen, sterbenskranken Patienten zur Verfügung stehen? So ganz geheuer ist vielen das Thema Organspende nicht; und der jüngste Skandal scheint zu bestätigen, dass da irgendwie nicht alles mit rechten Dingen zugeht. Und wie soll man sich entscheiden, wenn man gar nicht so genau weiß, worum genau es eigentlich geht? Ist man wirklich tot, wenn man aufgeschnitten wird? Was heißt "Hirntod" überhaupt? Und man fragt sich, warum es bei all dem rasanten Fortschritt in der Medizin immer noch keine Alternativen zur Organspende gibt. Oder gibt es die vielleicht bald? Das Wissensmagazin "odysso" will dazu beitragen, dass Menschen sich informierter entscheiden können.