Christen haben nach Überzeugung der Präsidentin des Deutschen Evangelischen Kirchentags, Christina Aus der Au, vor Gott nicht nur Verantwortung für die religiöse Innerlichkeit, sondern auch für den gesamten weltlichen Bereich. "Kirche soll in der Welt sichtbar werden, und Christsein schließt verantwortliches Handeln in allen Weltverhältnissen unbedingt mit ein," sagte sie am Sonntag beim Neujahrsempfang der Evangelischen Akademie Bad Boll bei Göppingen. Deshalb sollten Christen "um Gottes Willen etwas Tapferes" tun.
Die postmodernen Lebensverhältnisse machen der Kirchentagspräsidentin zufolge eindeutige Orientierungen schwieriger. Staat, Gesellschaft, Wirtschaft oder Wissenschaft könnten nicht unmittelbar an bestimmten biblischen Texten gemessen werden. "Checklisten-Lösungen anhand einzelner Bibelstellen" seien jedenfalls "per se noch kein verantwortliches Handeln", sagte Aus der Au.
Sie rief dazu auf, sich konsequent von den eigenen Bedürfnissen weg und hin auf den Nächsten und seine Lebenssituation auszurichten. "Sensibel und achtsam für die Not der Schwachen zu werden sowie mutig und erfinderisch etwa nach besseren, möglichst gewaltfreien Lösungen zu suchen, kann durchaus viel von der Freiheit des Glaubens widerspiegeln." Grundlegende Fragen sollten in den Gemeinden diskutiert werden - ohne Angst davor, dass die Einheit der Kirche oder des Glaubens verloren gehen könnte.
Der nächste Deutsche Evangelische Kirchentag findet vom 24. bis 28. Mai in Berlin mit einem Abschlussgottesdienst in Wittenberg statt. Zusätzlich sind sechs "Kirchentage auf dem Weg" in Städten in Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen geplant.