Mit "Schnitzeljagd" hat der Kinderkanal von ARD und ZDF vor einigen Jahren ein Format geschaffen, das sich dank seiner thematischen Offenheit eignet, um theoretisch die ganze Weltgeschichte zu erklären. Entsprechend breit ist das bisherige Spektrum der einzelnen Staffeln. Mit der Suche nach dem Geheimnis des Christentums knüpft der Kika nun an den Auftakt der Reihe an, als Kika-Moderator Bernhard "Ben" Blümel im Heiligen Land Gott finden sollte.
Tilmann P. Gangloff, Diplom-Journalist und regelmäßiges Mitglied der Jury für den Grimme-Preis, schreibt freiberuflich unter anderem für das Portal evangelisch.de täglich TV-Tipps und setzt sich auch für "epd medien" mit dem Fernsehen auseinander. Auszeichnung: 2023 Bert-Donnepp-Preis - Deutscher Preis für Medienpublizistik (des Vereins der Freunde des Adolf-Grimme-Preises).
Der Titel "Mit Christus um die Welt" ist durchaus wörtlich zu verstehen, denn die Schnitzeljagd führt Ben von Brasilien aus nach Afrika, Italien und schließlich nach Israel, dorthin also, wo alles begann; für das Format und für das Christentum. Im Unterschied zu den bisherigen Reihen ist der Moderator diesmal jedoch nicht allein unterwegs, und diese Entscheidung war die beste seit Erfindung der Reihe: Die Suche wird nun als Wettstreit inszeniert. Die junge Schauspielerin Amy Mußul stellt mit ihrer jugendlichen Frische eine reizvolle Ergänzung zu Blümel dar, und auch der Wettbewerbsfaktor tut den vier Folgen, die der Kika sonntags um 14.10 Uhr ausstrahlt, ausgesprochen gut, weil der Wechsel zwischen den beiden Erzählebenen für mehr Dynamik sorgt. Die Geschichte beginnt in Rio de Janeiro: Ben soll über die dortige Graffiti-Szene berichten und bekommt dabei Unterstützung durch die neue Kollegin. Die jugendlichen Sprayer arbeiten an einem Abendmalgemälde. Daraus ergibt sich "ganz spontan" der Wettstreit: Ben und Amy bekommen die Aufgabe, das Geheimnis des Christentums zu ergründen. Den Verlauf ihrer Reise sollen sie in Blogbeiträgen dokumentieren; außerdem müssen sie die Sprayer mit Porträtaufnahmen der Kinder versorgen, die ihnen unterwegs mit Rat und Tat beistehen. Diese Fotos dienen am Schluss beim Spraygemälde als Vorlage für die Jünger Jesu.
Jesus liebt dich
Wie die bisherigen Schnitzeljagden ist auch "Mit Christus um die Welt" ungeheuer lehrreich. Gerade die in Animationsform eingeschobenen kurzen Erklärstücke bergen einen Informationsschatz, der auch für Erwachsene hochinteressant ist; selbst wenn der Versuch, die Reformation in einer guten Minute zu erklären, eine echte Herausforderung darstellt. Andererseits sollen die vier Filme die Vielfalt des Christentums verdeutlichen, und das gelingt Christian Heynen (Buch und Regie) erstaunlich gut, weil sich Ben und Amy glaubhaft auf die verschiedenen Stationen ihrer Tour einlassen. Und die haben es in der Tat in sich. Amy zum Beispiel begleitet einen Franziskaner in jenen Bereich einer Favela in Rio, in dem die Ärmsten der Armen leben. Zuvor war sie in Rom unterwegs, später wird sie Novizin in einem orthodoxen Nonnenkloster in Rumänien, in Sao Paulo mischt sie sich unter die 350.000 Teilnehmer des "Marcha para Jesus", einer Art Love Parade für Gläubige. Schon allein diese Kontraste sorgen für großen Abwechslungsreichtum, von den imposanten Bildern und den interessanten Gesprächspartnern ganz zu schweigen. Ben nimmt in Nigeria an einem Gottesdienst mit 50.000 Besuchern teil, der an ein Popkonzert erinnert, und findet in Äthiopien eine Enklave mitten im muslimischen Afrika, wo die Menschen wie schon vor annähernd zweitausend Jahren einen stark vom Judentum geprägten Glauben pflegen. Die Expeditionen sind so interessant, dass das Format mit wenigen Änderungen auch im Erwachsenenprogramm funktionieren würde.
Nicht immer angebracht sind dagegen die kleinen Bearbeitungen in der Postproduktion. Dass Bewegungen gern mit typischen Cartoon-Geräuschen unterlegt werden, ist da noch das harmloseste Element, auch wenn derlei beim Vorgang des Segnens eher deplatziert wirkt; die sprechenden Tiere aber hätte man sich sparen können. Das Ziel, die Vielfalt des Christentums zu dokumentieren, hat der Vierteiler aber auf jeden Fall erreicht, auch wenn sich die Botschaft der insgesamt knapp 200 Minuten in drei Worten zusammenfassen lässt: Jesus liebt dich.