Regisseur Sebastian Marka und Autor Erol Yesilkaya haben bereits für einige gute gemeinsame "Tatort"-Beiträge gesorgt, darunter auch den letzten Auftritt von Joachim Król ("Das Haus am Ende der Straße"). Mit der kürzlich ausgestrahlten Episode "Die Wahrheit", einem der besten Krimis aus München seit langem, hat das Duo sein Meisterstück abgeliefert. Das jüngste Werk bestätigt dieses Niveau, zumal der Film dafür sorgt, dass Hauptkommissar Felix Murot, der in den ersten Geschichten unter einem inoperablen Gehirntumor litt, erneut an seine existenziellen Grenzen geführt wird.
Tilmann P. Gangloff, Diplom-Journalist und regelmäßiges Mitglied der Jury für den Grimme-Preis, schreibt freiberuflich unter anderem für das Portal evangelisch.de täglich TV-Tipps und setzt sich auch für "epd medien" mit dem Fernsehen auseinander. Auszeichnung: 2023 Bert-Donnepp-Preis - Deutscher Preis für Medienpublizistik (des Vereins der Freunde des Adolf-Grimme-Preises).
Zunächst beginnt die Handlung jedoch wie ein zwar fesselnder, aber nicht unüblicher Thriller: In Hessen treibt ein Serienmörder sein Unwesen. Der Mann bringt seine Opfer dazu, sich in einer Badewanne die Pulsadern aufzuschneiden. Fall Nummer sechs aber weicht vom bisherigen Muster ab, denn diesmal wurde einer Frau auch die Kehle durchgeschnitten. Mitten in der Nacht meldet sich der empörte Mörder bei Murot und beteuert, mit dieser Tat nichts zu tun zu haben. Es kommt zu einem Treffen irgendwo in der Einöde, bei dem der verblüffte Täter von der Polizei überwältigt wird: Das Ganze ist eine clever eingefädelte Falle, das sechste Opfer war gar nicht echt. Fall gelöst? Nicht ganz: Es gibt zwar Indizien, aber ansonsten steht der Staatsanwalt (Hans Löw) ohne Beweise da; selbst der Name des mutmaßlichen Mörders ist nicht bekannt. Der Mann aber schweigt; wenn überhaupt, dann redet er nur mit Murot. Der lässt sich nun notgedrungen auf ein Spiel ein, bei dem der andere die Regeln diktiert. Und nicht nur das: Schockiert muss Murot erkennen, dass der Unbekannte ihn schon jahrelang beobachtet hat; und dass das Spiel unausweichlich auf seinen Tod hinausläuft, wenn er verhindern will, dass die Tochter seiner vertrauten Kollegin Wächter (Barbara Philipp) stirbt.
Noch vor einigen Jahren wäre die Rolle des charismatischen Mörders vermutlich Christoph Waltz angetragen worden. Mit Jens Harzer hat der HR einen Darsteller gefunden, der mehr als bloß als ein Ersatz ist. Einerseits passt es ins Bild der aus Ermittlersicht völlig unbeschriebenen Figur, dass Harzer einem breiten Publikum kaum bekannt ist; andererseits versieht er den Killer, der sich selbst für einen Erlöser hält, mit einer fast unheimlich anmutenden Sanftheit. Spätestens mit diesem Film müsste der enorm wandlungsfähige Schauspieler endlich die Anerkennung finden, die er schon längst verdient. Zuletzt hatte er unter anderem einen zwar kurzen, aber äußerst markanten Auftritt als vermeintlicher Päderast in dem ZDF-Krimi "Neben der Spur: Amnesie", davor spielte er in dem Kinofilm "Boy 7" einen Schurken mit Hollywoodformat.
Auftakt ist ästhetisch ein Genuss
Mindestens so gut wie die immer wieder überraschende Geschichte und die beiden Hauptdarsteller ist die Umsetzung. Marka und sein Kameramann Armin Alker haben das für TV-Filme ungewöhnliche Breitbildformat gewählt, das Handlung und Figuren viel Platz gewährt. Alker hat zudem für ein faszinierendes Licht gesorgt. Schon der Auftakt ist ästhetisch ein Genuss und deutet zudem bereits an, dass "Es lebe der Tod" ein Spiel mit vielen doppelten Böden ist, als sich der scheinbare Ausblick aus einem Fenster als Fototapete entpuppt. Dass Murot anschließend an seinem Geburtstag nicht zum Feiern zumute ist, wird später noch eine Rolle spielen: Vordergründig ist der Film ein hochklassiger Thriller, hintergründig eine traurige Ballade über die Einsamkeit; und auch dafür findet Alker schmerzlich schöne Bilder.