Die Planungen sind abgeschlossen, die Sitzungen erstmal vorbei: Die Weiterentwicklung des Verbindungsmodells kann abgestimmt werden. Drei Jahre hat die gemeinsame Steuerungsgruppe gearbeitet, um die Union Evangelischer Kirchen (UEK), die Vereinigten Evangelisch-Lutherischen Kirchen Deutschlands (VELKD) und die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) näher zusammenzubringen. Aber der Prozess geht nicht ohne Reibereien ab.
"Vertiefte und verdichtete Gemeinschaft" hatten die Synoden der drei Kirchen als Ziel gesetzt, um "so viel Gemeinsamkeit aller Gliedkirchen der EKD zu erreichen wie möglich und dabei so viel Differenzierung vorzusehen, wie aus dem Selbstverständnis der gliedkirchlichen Zusammenschlüsse nötig ist." Und: Eigenständigkeiten sollen "jeweils auf ihre Dienstbarkeit für das Ganze ausgerichtet sein". Übersetzt heißt das: Lutherisch, uniert und reformiert will man weiter bleiben, aber dafür brauchen die Landeskirchen keine drei parallelen Organisationen - und keine drei Kirchenämter.
Deswegen sieht der Abschlussbericht der Steuerungsgruppe unter anderem vor, dass es nur noch ein gemeinsames Kirchenamt geben soll. Denn die Themen der evangelischen Kirche sollen "gemeinsam gesteuert" werden. "Eine neue innere Struktur braucht auch eine äußere Entsprechung", bekräftigte Landesbischöfin Ilse Junkermann, die als stellvertretende Vorsitzende der Kirchenleitung der VELKD eine Lanze für das Verbindungsmodell brach.
Aber wie lutherisch ist dieses gemeinsame Kirchenamt dann überhaupt? Das war die Frage, die die VELKD-Synodalen heftig umtrieb. Bischof Gerhard Ulrich, Bischöfin Junkermann und VELKD-Amtspräsident Horst Gorski versuchten, der Generalsynode die Angst zu nehmen, dass das lutherische Profil im gemeinsamen Amt verschwinden könnte. So richtig wollte es den dreien aber nicht gelingen, auch wenn Ilse Junkermann auf eine Frage nach "ökumenischer Kraftlosigkeit" ganz deutlich betonte: "Wenn es darum ginge, Konfessionalismus zu überwinden, dann würden wir alle verlieren."
Trotzdem bohrten die Synodalen nach. "Wenn sich das Amt der VELKD in ein gemeinsames Amt der EKD auflöst, verlieren wir inhaltliche Konturen und gewinnen Bürokratie", befürchtete Pfarrer Harald Welge bei der nachmittäglichen Aussprache zum Thema. Er blieb nicht der einzige, der sich kritisch äußerte, brachte es aber am deutlichsten auf den Punkt.
In dieser Diskussion meldete sich auch Heinrich Bedford-Strohm zu Wort, selbst lutherischer Bischof in Bayern und Ratsvorsitzender der EKD: "Ich bin wirklich davon überzeugt, dass die Gefahr nicht besteht, dass die lutherische Tradition nicht mehr gepflegt werden kann", versicherte er den Synodalen.
Das war aber nicht die einzige Sorge, die das Verbindungsmodell an den Tag brachte. Auch die Frage der Fachaufsicht über die Referenten im neuen gemeinsamen Kirchenamt sorgte für Verstimmung. Wer für die VELKD arbeite, der müsse auch lutherische Vorgesetzte haben, kritisierte der ehemalige Braunscheiger Landesbischof Gerhard Müller sinngemäß an den neuen Regelungen für Fach- und Dienstaufsicht. Denn in der neuen Struktur des Kirchenamtes, die den Synoden vorgeschlagen wurde, sind die einzelnen Fachabteilungsleiter die Fachvorgesetzten der Referenten. Sie müssen zwar "im Einvernehmen" mit den Amtsbereichsleitungen von VELKD, EKD und UEK arbeiten, aber in der Praxis wird das vor allem eine Klärung von Streitfällen auf der übergeordneten Ebene sein. Die tägliche Arbeit wird also viel stärker themenbezogen als konfessionsbezogen ablaufen. Das entspricht dem ausdrücklichen Ziel des Verbindungsmodells, "Gemeinsamkeit in den Vordergrund" zu stellen.
"Die größte Herausforderung wird sein, in den Strukturen klar zu kommunizieren", bestätigte auch Horst Gorski, dem als Amtsbereichsleiter für die VELKD eine Schlüsselposition dabei zukommt, dezidiert lutherische Positionen in die Arbeit des Kirchenamtes einzubringen. Auf die Aufgabe freue er sich aber sehr, und in der Praxis passiere das schon an vielen Stellen bereits jetzt, "obwohl es so nicht geordnet ist".
Das Nationalkomitee des LWB wird umziehen müssen
Auch Gerhard Ulrich, der Leitende Bischof der VELKD, sieht "eine starke Herausforderung an jeden von uns" in der Kommunikation und warb für Geduld. Ulrich machte außerdem auf Rückfrage aus der Generalsynode deutlich, dass das Deutsche Nationalkomitee (DNK) des Lutherischen Weltbundes nicht Teil des Verbindungsmodells ist. Das bedeutet auch, dass das DNK umziehen wird. Denn die neue Struktur des Kirchenamtes der EKD soll sich auch "in der räumlichen Zuordnung abbilden", so steht es im Abschlussbericht der Steuerungsgruppe. Weil es dann im Kirchenamt in Hannover eng wird, und weil das DNK auf jeden Fall eigenständig weiterarbeiten will und soll, wird das DNK im November über einen Umzug beraten. Wohin, ist noch nicht klar. Die Zusammenarbeit mit dem neuen gemeinsamen Kirchenamt soll aber weiter möglich bleiben.
Das Verbindungsmodell und das gemeinsame Kirchenamt in dieser Form wird es aber nur geben, wenn die Synoden von VELKD, EKD und UEK zustimmen. Die Abstimmungen sind für Samstagvormittag (VELKD, UEK) und Mittwoch (EKD) geplant. Update: Die Generalsynode der VELKD hat mit 37 von 47 Stimmen zugestimmt, die Vollkonferenz der UEK einstimmig.
In den unierten Kirchen ist das Verbindungsmodell übrigens viel weniger umstritten. Das Amt der UEK arbeitet "längst in solchen EKD-offenen Strukturen", sagte Kirchenpräsident Christian Schad in seinem Bericht vor der UEK-Synode. Die "Vertiefung und Verdichtung des Verbindungsmodells" sei für die UEK selbstverständlich.
In der Generalsynode der VELKD hatte Bischof Gerhard Ulrich zum Abschluss der Debatte noch einmal Gelegenheit, mit Herz für das Verbindungsmodell zu plädieren. "Wir erwarten, dass in dem Prozess ein neues Amt der EKD entsteht. Wir haben uns immer dagegen gewendet, einfach nur in ein Bestehendes zu integrieren", sagte Ulrich und versicherte den Synodalen, dass die Kirchenleitung und er selbst auf diesen "Prüfstein" persönlich achten würden. Wie viele Sorgen der Lutheraner die Kirchenleitung damit noch zerstreuen konnte, wird sich in den Abstimmungen am Samstag und Mittwoch zeigen.