5.11., Arte, 20.15 Uhr: "Sankt Martin"
Sankt Martin, ein Soldat, Asket und Menschenfreund: Jedes Jahr im November erleuchten die Laternen der Kinder Dörfer und Städte vor allem in Deutschland und Österreich. Sie erinnern an Europas wohl bekanntesten Heiligen, St. Martin. Die Legende von der Mantelteilung prägt unser Bild von ihm bis heute. Doch wer ist der Mann, dessen Name allein in Frankreich 3.600 Kirchen tragen? Beinahe alles, was wir von Martin wissen, stammt aus der Feder von seinem Biografen Sulpicius Severus. Sulpicius entwirft das Bild eines Mannes, der mit den Zügen von Propheten, Aposteln, Märtyrern alle Formen der Heiligkeit in sich vereint. Martin zerstört heidnische Götzenbilder und Tempel, treibt Teufel und Dämonen aus, heilt Kranke, erweckt Tote zum Leben und vollbringt allerlei weitere Wunder. An Originalschauplätzen in Martins Geburtsort Szombathely, in Ligugé, Tours und Trier spürt die Dokumentation dem Vermächtnis Martins und dessen Bedeutung in der Gegenwart nach. Die Dokumentation schält aus der Martinslegende die historische Figur heraus und stellt sie in den Kontext ihrer Zeit. Sie zeigt Martin als vom Christentum bewegten Soldaten, der gegen alle Widerstände eine geistliche Laufbahn einschlägt. Er wird zum Pionier des westlichen Mönchstums, zum zielstrebigen Verfechter seiner Überzeugungen gegen Kaiser und Klerus und letztendlich zum ersten Heiligen der Christenheit, der nicht als Märtyrer stirbt. Martin ist der Nationalheilige von Frankreich und der Slowakei sowie der Landespatron des Burgenlandes in Österreich. Im Zentrum der dieser seit nun fast 1.700 Jahren andauernden Verehrung steht eine Ikone der Barmherzigkeit: der Soldat auf dem hohen Ross, der vor den Toren der Stadt Amiens seinen roten Mantel mit dem Schwert trennt, um ihn mit dem Bettler zu teilen. Dieses Bild braucht keine Predigt, um verstanden zu werden. Martins Haltung der tätigen Nächstenliebe macht ihn seit Jahrhunderten zur Identifikationsfigur für ein Europa, das angesichts der gegenwärtigen Flüchtlingsströme erneut vor gewaltigen Herausforderungen steht.
5.11., Arte, 21.05 Uhr: "Kreuz gegen Hammer"
Mordend, plündernd und brandschatzend suchten die Wikinger das mittelalterliche Europa heim. Ob London, Paris oder Hamburg, kein Ort war vor ihren Überfällen sicher. Mit Streitaxt und Schwert zogen sie, den Tod verachtend, in die Schlacht, beseelt vom Glauben an ihre Götter Thor und Odin. So zumindest lautet das gängige Klischee. Die Wissenschaft zeichnet inzwischen jedoch ein deutlich vielschichtigeres Bild der Seekrieger aus dem heutigen Skandinavien. Mit eindrucksvollen Schiffen trieben sie Handel von Arabien bis Amerika, von Grönland bis Afrika. Sie entdeckten neue Welten und drückten der Geschichte Europas ihre Prägung auf. Die Hinwendung zum Christentum sollte vor etwa 1.000 Jahren allerdings das Ende ihrer Epoche besiegeln. Die Filmemacher Christopher Paul und Claas Thomsen zeigen in ihrer mit aufwendigen Spielszenen gestalteten Dokumentation, wie die Nordmänner gezähmt wurden. Sie gehen der Frage nach, warum sich die Wikinger von ihren Göttern abwendeten, die ihnen doch auf hoher See, im Schlachtengetümmel und auf den Märkten des Mittelalters über Jahrhunderte hinweg gewogen waren. Deutlich wird vor allem, dass die Hinwendung der Wikinger zum Christentum auch ein Spiel um die Macht in Europa war. Herrscher aus dem Norden nutzten die neue Religion, um sich zu mächtigen Königen aufzuschwingen, gleichberechtigt mit den Regenten des christlichen Europas.
6.11., ARD, 17.30 Uhr: "Gott und die Welt: Dumm und faul?"
Sie gelten als normal bis überdurchschnittlich intelligent und können doch nur mit großen Schwierigkeiten lesen und rechnen: Sechs Millionen Legastheniker gibt es in Deutschland, die als Kinder oft gehänselt, für dumm und faul gehalten werden. So auch die zwölfjährige Helen Uhrmann. Erst in der 3. Klasse bekam sie die Diagnose, aber Helen hatte schon viel früher gemerkt, dass ihr das Lernen schwerer fällt als anderen Kindern. Seitdem ging sie nicht gern in die Schule, trotz Lerntherapie und Erleichterungen wie einem Taschenrechner in Mathe. Die Autorin Petra Cyrus hat Helen und ihre Eltern über einige Wochen begleitet, zunächst in der alten Grundschule und seit September in der weiterführenden Schule. Neue Mitschüler, neue Lehrer, ein ganz neues Umfeld. Die Mutter ist Floristin, der Vater Koch und selbst Legastheniker, obwohl es die Diagnose LRS zu seiner Zeit noch nicht gab. Die Eltern wollen, dass ihre Tochter die Schule gut schafft, ihren Glauben an sich selbst bewahrt, sie wollen sie aber auch nicht zu sehr unter Druck setzen. Die Lerntherapie wurde nicht länger bewilligt, das Geld für private Nachhilfe fehlt. Wie geht es nun weiter?
6.11., ARD, 20.15 Uhr: "Tatort: Borowski und das verlorene Mädchen"
Der "Islamische Staat" erobert mehr und mehr den Sonntagskrimi. Zentrale Figur des Films ist eine deutsche Schülerin, die es gar nicht erwarten kann, einem islamistischen Landsmann in Syrien die Kampfpausen zu versüßen. Zu Beginn gibt es zwar den üblichen Mord, doch der Film wandelt sich rasch zum Politkrimi, weil der Staatsschutz über die junge Julia an die Mittelsmänner des "IS" in der Türkei rankommen will. Regisseur Raymond Ley hat für Dokudramen wie zuletzt "Meine Tochter Anne Frank" viele Auszeichnungen bekommen. In den stets auf authentischen Ereignissen beruhenden dokumentarischen Spielfilmen ist die Dramaturgie vorgegeben; ein "Tatort" dagegen muss aus sich selbst heraus Spannung aufbauen. Das gelingt Ley nur bedingt, weil die islamistische Ebene schon allein wegen der Befremdlichkeit ungleich intensiver ist als die Mördersuche. Dass Ley diese Elemente noch betont, wird ohnehin vorhandene Ressentiments gegenüber Moslems womöglich noch weiter schüren. Gerade angesichts der aufgeheizten Stimmung im Land wäre es umso notwendiger, dass auch ein Sonntagskrimi sensibel mit dem Thema umgeht. Auch der Konvertierungsprozess der jungen Frau ist nicht restlos überzeugend.
7.11., Vox, 20.15 Uhr: "Club der roten Bänder"
Mit der Serie über eine Gruppe schwer kranker Freunde hat Vox vor einem Jahr Publikum und Kritiker im Sturm erobert; die erste fiktionale Eigenproduktion des Senders wurde unter anderem mit dem Grimme-Preis sowie dem Robert Geisendörfer Preis belohnt. Die Jury des Medienpreises der evangelischen Kirche empfand "Club der roten Bänder" als beste deutsche Serie der letzten Jahre. IN der Begründung hieß es unter anderem: "Buch und Regie machen keinen Hehl daraus, dass die Schicksale zum Teil unendlich traurig sind. Trotzdem werden die fünf Jungs und das eine Mädchen nicht zu Leidensgenossen, im Gegenteil: weil dem Autorenduo Arne Nolting und Jan Martin Scharf das Kunststück gelingt, den Geschichten immer wieder unerwartet heitere Momente abzutrotzen. Vorzüglich ausgedacht und umgesetzt ist auch die Entwicklung des Ensembles, das sich im Verlauf der ersten Folgen nach und nach zusammenfügt." Nun zeigt Vox die zweite Staffel Sie beginnt damit, dass Hugo, der bislang im Koma lag, wieder aufwacht und mit Hilfe seiner Freunde vorsichtige Schritte zurück ins Leben macht. Auch die anderen fünf müssen lernen, mit neuen Herausforderungen umzugehen.
8.11., ZDF, 22.15 Uhr: "37 Grad: Goldkinder"
Gold ist allgegenwärtig: der Ring, die Kette, die Zahnkrone oder die Währungsreserven von Staaten. Doch kaum jemand fragt nach, unter welchen Bedingungen das Luxusprodukt gewonnen wird. Nicht selten geschieht das in gefährlicher Arbeit unter Tage oder unter Wasser. Auch mit Hilfe von Kindern, die schon ab sieben Jahren schwer arbeiten. Der Run auf Mineralien wie Gold oder Coltan kennt kaum Rücksicht. Oft finanzieren Rebellengruppen ihren Kampf mit wertvollen Rohstoffen. Und dort, wo es in der Nähe Rohstoffe wie Gold oder Coltan gibt, wird es gewalttätig, werden wie im Kongo immer wieder Dörfer überfallen. Viele dieser Konfliktmineralien werden letztlich für Mobiltelefone in aller Welt gebraucht. Die "37 Grad"-Dokumentation "Goldkinder - Der Konflikt um Mineralien" fragt nach, woher das Gold für unseren Schmuck kommt und entdeckt, dass neben Gold auch andere Mineralien existieren, um die es gefährliche Konflikte gibt. Die Dreharbeiten führen Autor Manfred Karremann unter anderem auf die Philippinen und in den Kongo.
8.11., Bayerisches Fernsehen, 22.30 Uhr: "#uploading-Holocaust"
Sieben Tage, vier Konzentrationslager, drei Massengräber, zwei Gettos, 14 Gedenk-Zeremonien, 200 Teenager in einem Hotel: Jedes Jahr reisen rund 30.000 israelische Schüler mit ihren Geschichtslehrern nach Polen, um die Erinnerung an die Geschichte der Juden in Europa und den Holocaust lebendig zu halten. Diese besondere Klassenfahrt wird in Israel auch "Journey to Poland" genannt. Was als Suche jedes Einzelnen nach Spuren seiner Familiengeschichte beginnt, wird mehr und mehr zu einer Art gemeinsamer Pilgerfahrt, die es den Teilnehmern ermöglicht, den Verlust und das Leid ihrer Vorfahren nachzuvollziehen. In einer Zeit, in der es immer weniger Holocaust-Überlebende gibt, die von ihren Erfahrungen berichten können, will die junge Generation das kollektive Trauma vor dem Vergessen bewahren. Videos werden zu einem wichtigen Instrument des Erinnerns: Auf ihrer Reise filmen die Jugendlichen jeden Zeitzeugen, jede Gaskammer und jede Gedenkfeier. Sie produzieren ihre ganz eigene Version der Geschichte, laden sie auf YouTube hoch und teilen sie in den sozialen Netzwerken. Mehr als 20.000 Clips finden sich bei YouTube unter dem Suchbegriff "Journey to Poland". In ihren Videos teilen die Schüler sehr private, emotionale Momente und versuchen in ihren unverstellten Aussagen, das Erlebte zu begreifen. Aus diesem Material von sechs Protagonisten erzählt "#Uploading Holocaust". Fortgeführt wird das crossmediale Projekt unter www.uploading-holocaust.com. Hier stellt ein interaktiver Fragebogen das vermeintliche Desinteresse von deutschen Jugendlichen zum Thema auf den Prüfstand. Durch eine Echtzeitvisualisierung der Antworten erhalten die User ein Stimmungsbild über die Meinungen der anderen Teilnehmer und können untereinander die Frage diskutieren, wie sie an den Holocaust erinnern möchten.
10.11., ZDF, 20.15 Uhr: "Mama geht nicht mehr"
Als Ärztin Karin (Mariele Millowitsch) erfährt, dass sie Bauchspeicheldrüsenkrebs im Endstadium und nur noch maximal zwölf Monate zu leben hat, beschließt sie, die Zeit zu nutzen, um sich mit ihrer Tochter auszusühnen. Steffi (Mina Tander) ist allerdings alles andere als begeistert: Sie hat sich als Kind und Teenager von der Mutter vernachlässigt gefühlt, weil Karin die Karriere stets wichtiger war als die Familie. Außerdem kriselt es zwischen Steffi und Ehemann Mann Basti (Simon Schwarz) gerade recht heftig. "Mama geht nicht mehr" erfüllt mithin alle Voraussetzungen für ein veritables Familiendrama. Die Stimmung ist jedoch nur gelegentlich schwermütig, weil Regisseurin Vivian Naefe eine schöne Balance gefunden hat. Licht und Farben bleiben freundlich, die Dialoge sind oft witzig und auch mal schwarzhumorig. Karins Krebs bleibt stets präsent, weil sie regelmäßig zur Chemotherapie geht, ihr die Haare ausfallen und sie immer wieder vom Schmerz überwältigt wird. Dennoch funktioniert der Film wie eine Familienkomödie, denn Karin stellt sich die Aufgabe, über die Versöhnung mit ihrer Tochter hinaus auch deren Ehe zu retten. Der Reiz des Films liegt also nicht zuletzt in den Kontrasten, und das gilt keineswegs nur für die Kombination aus Komödie und Tragödie, sondern auch für die gegenläufige Entwicklung der beiden Erzählebenen: Während Karin immer stärker vom Krebs gezeichnet ist, sind ihre Bemühungen, aus der Familie wieder eine Einheit zu machen, zunehmend erfolgreich. Trotz der unvermeidlichen Tränen am Ende hat Naefe kein Melodram aus dem Stoff gemacht.
10.11., WDR, 22.40 Uhr: "Menschen hautnah: Der Traum vom Aufstieg"
Als die Autorin Nicole Rosenbach Julia Schmid vor drei Jahren kennen lernte, war die junge Frau völlig auf sich gestellt: eine fleißige Schülerin vor dem Abitur mit drei Nebenjobs. Sie lebte allein und kämpfte sich ohne Unterstützung ihrer Familie durchs Leben. Sie wollte das Abitur schaffen und danach Jura studieren, denn Julia möchte Richterin werden, sich für Gerechtigkeit einsetzen, die sie selbst nie erleben durfte. Sie wuchs in schwierigen Verhältnissen auf und musste immer wieder ins Heim. Julia hatte Zweifel, ob sie den Aufstieg schafft. Ihre Chancen standen schlecht, denn in Deutschland entscheidet immer noch die soziale Herkunft über die Karriere. Doch dann wurde der Talentscout Suat Yilmaz von der Westfälischen Hochschule auf sie aufmerksam. Er unterstützt begabte Schüler aus bildungsfernen Familien und setzte auf Julia. In der ARD-Dokumentation 2013 "Du schaffst das! Ein Talentscout fördert Arbeiterkinder" berichtete der WDR erstmals über Julia und die Arbeit von Yilmaz. Die Politik hat reagiert. Das NRW-Wissenschaftsministerium stellt nun jedes Jahr 6,5 Millionen Euro bereit, damit Talente wie Julia Schmid eine Chance für den Aufstieg bekommen. War Yilmaz bis vor kurzem noch allein unterwegs im Kampf für mehr Bildungsgerechtigkeit, werden es in Zukunft 50 Talentscouts in Nordrhein-Westfalen sein. Drei Jahre lang hat Rosenbach Julia bei ihrem Kampf um ihren Traum von einem besseren Leben begleitet: durch Höhen und Tiefen, bei Siegen und Niederlagen. Der Film zeigt, wie Engagement und langfristige Unterstützung eine Karriere beeinflussen können.
10.11., ZDF Neo, 20.15 Uhr: "Die Neue"
Tilmann P. Gangloff, Diplom-Journalist und regelmäßiges Mitglied der Jury für den Grimme-Preis, schreibt freiberuflich unter anderem für das Portal evangelisch.de täglich TV-Tipps und setzt sich auch für "epd medien" mit dem Fernsehen auseinander. Auszeichnung: 2023 Bert-Donnepp-Preis - Deutscher Preis für Medienpublizistik (des Vereins der Freunde des Adolf-Grimme-Preises).
11.11., ARD, 20.15 Uhr: "Krüger aus Almanya"
In diesem wunderbaren Film von Marc-Andreas Bochert spielt Horst Krause einen alten Misanthropen, der seine Ruhe will, aber sein Berliner Kiez ist mittlerweile fest in Einwandererhand: Türken, wo immer man hinschaut; und vor allem hinhört. Als seine Enkelin ihn bittet, nach Antalya zu kommen, damit er sie nach türkischer Sitte mit einem Einheimischen verloben kann, fackelt Krüger nicht lange: Annie soll auf keinen Fall zur Gebärmaschine für kleine Moslems werden. Krause ist der perfekte Protagonist für eine Geschichte dieser Art. Der alte Krüger verhält sich so, wie man sich viele AfD-Wähler vorstellt: Er betrachtet sich als Opfer einer Entwicklung, die er als Bedrohung empfindet, und sieht in jedem "Mohammedaner" einen potenziellen Islamisten; dabei kennt er keinen einzigen Moslem gut genug, um sich ein Urteil erlauben zu können. Für seinen Unmut allerdings findet das Drehbuch (Elke Rössler und Bochert) viele nachvollziehbare Momente, die Bochert angenehm lakonisch inszeniert. Es ist vor allem die amüsiert klingende Musik von Stefan Maria Schneider, die signalisiert, dass Krüger im Grunde seines Herzens ein guter Mensch ist. Bochert wiederum sorgt dafür, dass man das Unbehagen des Grantlers zwar nachvollziehen kann, aber er entschärft es auch immer wieder. Mit der Ankunft in Antalya wechselt der Tonfall, und das auch buchstäblich. Die Musik klingt nun orientalisch, die Bilder sind hell und farbenfroh. Bloß Krüger ändert sich nicht: Missmutig stapft er in seinen Sandalen durch die fremde Welt.