Das breite Oppositionsbündnis MUD hat den für Donnerstag geplanten Protestmarsch auf den Präsidentenpalast Miraflores abgesagt. Auch der von der oppositionellen Mehrheit im Parlament angestrengte politische Prozess gegen Präsident Nicolás Maduro wurde am Dienstag (Ortszeit) gestoppt, wie die Zeitung "El Universal" in ihrer Onlineausgabe berichtete. Für den 11. November ist die erste Runde eines nationalen Dialogs angesetzt, auf den sich beide Seiten bei einem ersten Gespräch auf Vermittlung des Vatikans am Sonntag geeinigt hatten.
Die Absage der Demonstration sei auf Bitten des Vatikans erfolgt, erklärte Parlamentspräsident Henry Ramos Allup. "Wir halten es für vernünftig, diesem Aufruf zu folgen, um Konfrontationen zu vermeiden." Bereits am Montag hatte die Regierung die Freilassung von fünf Oppositionsmitgliedern verfügt. Die Entlassung inhaftierter Oppositioneller ist eine der Bedingungen der Opposition für Verhandlungen mit der Regierung.
Kritik vom radikalen Flügel
Der radikale Flügel des MUD kritisierte das Entgegenkommen. Präsident Maduro hingegen begrüßte die deeskalierenden Schritte der Opposition.
Die politische Krise in Venezuela war Mitte Oktober eskaliert, nachdem die Nationale Wahlbehörde ein von der Opposition angestrengtes Referendum zur Abwahl von Maduro überraschend ausgesetzt hatte. Ende Oktober eröffnete das Parlament einen politischen Prozess gegen Maduro. Die bürgerliche Mehrheit warf ihm Verfassungsbruch und eine Verschärfung der wirtschaftlichen Krise vor.
Hintergrund des Machtkampfs ist eine schwere Wirtschafts- und Finanzkrise, unter der das ölreiche südamerikanische Land unter anderem wegen des Ölpreisverfalls leidet. Ein großer Teil der Venezolaner hat mit Engpässen bei der Versorgung mit Lebensmitteln und Hygieneartikeln zu kämpfen. Die Opposition wirft der Regierung Misswirtschaft und einen diktatorischen Regierungsstil vor. Maduro hingegen beschuldigt die Opposition, eine Umsturzstimmung zu provozieren.