Genf (epd). Die Vereinten Nationen erheben schwere Vorwürfe gegen syrische Rebellen-Gruppen. Die bewaffneten Aufständischen hätten in den vergangenen Tagen Dutzende Zivilisten durch den wahllosen Beschuss von Wohnvierteln in West-Aleppo getötet, teilten zwei UN-Vertretungen am Dienstag in Genf mit. Die Angriffe auf West-Aleppo, das von Assad-Truppen kontrolliert wird, kämen Kriegsverbrechen gleich.
Während das UN-Büro zur Koordinierung humanitärer Hilfe von mehr als 40 Toten sprach, berichtete das UN-Hochkommissariat für Menschenrechte von 30 Todesopfern, darunter mindestens zehn Kinder. Laut Hochkommissariat setzten die Rebellen Granaten, Raketen und selbst gebaute Sprengkörper ein.
Aktive Hilfe für den Feind
Allerdings betonten UN-Funktionäre, dass die weitaus die meisten Angriffe auf zivile Einrichtungen in dem 2011 begonnen Syrien-Konflikt auf das Konto des Assad-Regimes gingen. Das bestätigte auch die Organisation "Ärzte ohne Grenzen", die dem Regime gezielte Angriffe auf Kliniken vorwirft. "Es gibt den Willen, bestimmte Krankenhäuser zu treffen", sagte der Generaldirektor der Schweizer Sektion von "Ärzte ohne Grenzen", Bruno Jochum, dem Evangelischen Pressedienst (epd). Der Beschuss von Hospitälern und Ambulanzen in Rebellengebieten sei Teil der Kriegsstrategie von Machthaber Baschar al-Assad und seinen Getreuen.
Der Franzose Jochum erklärte: "Generell werden die meisten Angriffe auf Gesundheitseinrichtungen von staatlichen Stellen befohlen und von den regulären Streitkräften ausgeführt." Wenn Staaten Krieg gegen den Terrorismus führten, werde der Gegner kriminalisiert. Regierungen wie das Assad-Regime brandmarkten "ihre Gegner als Terroristen, die vernichtet werden müssten, und rechtfertigen damit eine Kriegsführung, die außerhalb des Völkerrechts stattfindet".
Jochum beklagte eine zunehmende Skrupellosigkeit: "Der Respekt für die Genfer Konventionen, nach denen Krankenhäuser in Konflikten nicht angegriffen werden dürfen, zerbröselt mehr und mehr." In Syrien und im Jemen seien allein von Januar bis September 2016 schon 18 medizinische Einrichtungen, die von "Ärzte ohne Grenzen" betrieben oder unterstützt werden, Ziel von Angriffen gewesen.
Essensvorräte werden knapp
Unterdessen halten die Assad-Streitkräfte die Belagerung von Ost-Aleppo, das von den Rebellen beherrscht wird, laut dem UN-Büro zur Koordinierung humanitärer Hilfe aufrecht. Seit Anfang Juli sei kein Hilfskonvoi mehr zu den 275.000 eingeschlossenen Menschen gelangt. Die Essensvorräte in Ost-Aleppo seien Mitte November aufgebraucht.
Im Syrien-Konflikt kämpfen das Assad-Regime, Rebellengruppen und Terrormilizen um die Macht. Russland unterstützt das Assad-Regime mit schweren Luftangriffen. Hunderttausende Menschen starben, Millionen Männer, Frauen und Kinder sind auf der Flucht.