Lammert erinnert an Deportation Berliner Juden vor 75 Jahren

Lammert erinnert an Deportation Berliner Juden vor 75 Jahren
Weit weg vom Zentrum der Hauptstadt wird seit sechs Jahren immer im Oktober an den Abtransport von mehr als 50.000 Berliner Juden in den Tod erinnert. Die Nazis nutzten dafür den Bahnhof Grunewald.

Berlin (epd). Rund 200 Menschen haben am Mittwoch in Berlin an den Beginn der nationalsozialistischen Deportationen von Juden aus Berlin vor 75 Jahren erinnert. Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) mahnte bei der Gedenkfeier am Denkmal "Gleis 17" im Bahnhof Berlin-Grunewald, keine Nation sei immun gegen Faschismus, Fremdenfeindlichkeit, Antisemitismus und Fundamentalismus, auch Deutschland nicht. Deshalb seien Gedenktage so wichtig, "weil sie nicht nur unseren Respekt vor den Opfern zum Ausdruck bringen, sondern auch die Verantwortung, die sich daraus für uns für die Zukunft ergibt".

Auch die Reichsbahn war maßgeblich beteiligt

Am 18. Oktober 1941 verließ der erste sogenannte Osttransport den Berliner Bahnhof Grunewald in Richtung Litzmannstadt, heute Lodz. In dem Zug waren 1.089 jüdische Kinder, Frauen und Männer. Insgesamt wurden in der NS-Zeit mehr als 50.000 Berliner Juden ermordet. Ab 1942 fuhren Deportationszüge auch vom Anhalter Bahnhof und vom Güterbahnhof Moabit. Ziele waren Ghettos, Konzentrations- und Vernichtungslager unter anderem in Minsk, Riga, Warschau, Theresienstadt, Sobibor und Auschwitz.

Seit 2011 wird am Bahnhof Grunewald an die Deportationen erinnert. Die Initiative dazu ging von der Schriftstellerin und Holocaust-Überlebenden Inge Deutschkron aus. Das Denkmal "Gleis 17" wurde von der Deutschen Bahn 1998 als Mahnmal zur Erinnerung an die Rolle der Reichsbahn im Dritten Reich errichtet. Lammert erinnerte in seiner Rede auch an die Beteiligung der Reichsbahn, die von den Deportationen wirtschaftlich profitierte, da sie pro Passagier bezahlt wurde. Im Anschluss wurden weiße Rosen am Bahngleis des Gedenkortes abgelegt.

"Faschismus ist ein Verbrechen"

In seiner Gedenkrede trug der ehemalige Zwangsarbeiter und Holocaust-Überlebende Horst Selbiger Zeitzeugenberichte von Deportierten und von Wärtern des Vernichtungslagers Kulmhof/Chelmno nordwestlich von Lodz vor. Dort wurden viele der Berliner Juden nach ihrer Deportation nach Lodz in sogenannten Gaswagen ermordet. Die Zeitzeugenberichte stammten aus Tagebuchaufzeichnungen und Gerichtsprotokollen. Der 1928 in Berlin geborene Selbiger beendete seine Rede mit den Worten: "Faschismus ist keine Meinung. Faschismus ist ein Verbrechen."

An der Gedenkveranstaltung nahmen neben Berlins Innensenator Frank Henkel (CDU) mehrere Abgeordnete, unter anderem Bundestagspräsidentin Petra Pau (Linke), teil.