Berlin (epd). Tausende Zivilisten, die aus vom "Islamischen Staat" (IS) kontrollierten Gebieten geflohen sind, seien im Mai und Juni bei Einsätzen um die irakische Stadt Falludscha Opfer schiitischer Milizen und möglicherweise auch von Regierungstruppen geworden, heißt es in einem in London und Berlin veröffentlichten Bericht. Amnesty spricht unter anderem von Folter, willkürlichen Inhaftierungen und außergerichtlichen Hinrichtungen. Beim Militäreinsatz zur Rückeroberung der vom IS kontrollierten Stadt Mossul bestehe die Gefahr weiterer schwerer Menschenrechtsverletzungen.
Befragt wurden für den Bericht unter anderem mehr als 470 ehemalige Gefangene, Augenzeugen und Verwandte. Die Vergeltungsschläge und Diskriminierungen hätten sich vor allem gegen sunnitische Araber gerichtet, wenn diese verdächtigt werden, an IS-Verbrechen beteiligt gewesen zu sein. Die vornehmlich schiitischen Milizen, die für diese Menschenrechtsverstöße verantwortlich sind, würden von den irakischen Behörden mit Finanzmitteln und Waffen unterstützt. Seit Februar 2016 seien die Milizen zudem offiziell Teil der irakischen Truppen.
Männer hingerichtet
In einem Fall seien mindestens zwölf Männer und vier Jungen eines sunnitischen Clans außergerichtlich hingerichtet worden, nachdem sie aus IS-Gebiet geflohen waren und sich am 30. Mai Männern gestellt hatten, die Militär- und Polizeiuniformen trugen. Wenige Tage zuvor seien mindestens 73 andere Männer und Jungen desselben Clans abgeführt worden, die nach wie vor vermisst würden. Bezeugt seien zudem mehr als 600 aus IS-Gebiet geflüchtete Jungen und Männer, die nach ihrer Inhaftierung durch Milizen Folterspuren am Körper aufwiesen.
Die irakische Regierung trage eindeutig eine Verantwortung für diese Menschenrechtsverstöße, erklärte Amnesty. Staaten, die den derzeitigen Militäreinsatz gegen den IS im Irak unterstützen oder aktiv daran teilnehmen, müssten strenge Kontrollen einführen, um sicherzustellen, dass die von ihnen bereitgestellte Hilfe nicht zu Menschenrechtsverletzungen beitrage.