Männer mit Gewehren, Pferde, die Musik, die Gestaltung des Vorspanns, und dann auch noch eine Büffelherde: Keine Frage, dieser Film ist ein waschechter Western; aber gedreht wurde er auf der Schwäbischen Alb, und dort spielt die Geschichte auch. Vermutlich hatte Carolin Hecht, die unter anderem für Sat.1 die "Allein unter…"-Reihe mit Hannes Jaenicke geschrieben hat, einen Riesenspaß dabei, sich all’ die typischen Zutaten auszudenken. Dass "Die Büffel sind los" trotz der komödiantischen Elemente keine Parodie geworden ist, liegt an der Umsetzung durch Tomy Wigand ("Die Mütter-Mafia"), der aus Hechts Drehbuch einen liebevoll gestalteten romantischen Spät-Western gemacht hat.
Tilmann P. Gangloff, Diplom-Journalist und regelmäßiges Mitglied der Jury für den Grimme-Preis, schreibt freiberuflich unter anderem für das Portal evangelisch.de täglich TV-Tipps und setzt sich auch für "epd medien" mit dem Fernsehen auseinander. Auszeichnung: 2023 Bert-Donnepp-Preis - Deutscher Preis für Medienpublizistik (des Vereins der Freunde des Adolf-Grimme-Preises).
Die Geschichte beginnt mit einer Flucht. Die junge Rumänin Sveta (Anna Unterberger) ist einen Pakt mit dem Teufel eingegangen: Mehr oder weniger nackt führt sie gemeinsam mit zwei Schicksalsgenossinnen in der Provinz Dessous vor, die ihr eher wie ein Zuhälter wirkender Arbeitgeber Charlie (Mario Irrek) als reisender Händler verkauft. Eines Tages haut sie mit Charlies Cadillac ab und strandet bei der Bauernfamilie Wolf. Sohn Max (Marc Benjamin) züchtet rumänische Büffel. Er ist der letzte im Dorf, der dem Patriarchen Alois Bliesinger (Klaus Pohl) die Stirn bietet; alle anderen haben ihr Vieh verkauft und bauen Mais für Bliesingers Biogasanlage an. Bliesinger junior, Michael (Tobias van Dieken), hat jedoch noch größere Pläne, für die er das Land der Wolfs braucht; und deshalb kommt es immer wieder zu typischen Western-Szenen, in denen der Großgrundbesitzer dem kleinen Farmer das Leben schwermacht. Einige Andeutungen lassen zudem erahnen, dass Alois und Max’ verwitwete Mutter Erika (Franziska Walser) enger miteinander verbunden sind, als den beiden Söhnen lieb sein kann. Sveta wiederum befindet sich umgehend zwischen allen Stühlen: Dass Max etwas für sie empfindet, ist zwar offenkundig, aber der verschlossene Bauernsohn behält seine Gefühle lieber für sich. Seiner Mutter ist die Rumänin ohnehin ein Dorn im Auge, also heuert Sveta im Gasthof der Bliesingers an, wo sich der Junior prompt an ihr vergehen will; und der Alte macht ihr ein unmoralisches Angebot. Als sie zufällig erfährt, dass Michael den Wolfs mit einem perfiden Plan endgültig das Wasser abdrehen will, muss sie sich für eine Seite entscheiden; und ausgerechnet jetzt taucht natürlich Charlie auf.
Selbst wenn es sonst keine Gründe gäbe, die "Die Büffel sind los" sehenswert machten: Anna Unterberger und Marc Benjamin sind gleich zwei. Die Südtirolerin, bislang eher Nebendarstellerin, versieht die weibliche Hauptrolle mit einem verblüffend echt klingenden Akzent und spielt sich umgehend ins Herz. Der Schweizer ist ihr ein ebenbürtiger Partner und macht aus Max einen melancholischen Helden, der nicht mehr sagt als nötig. Benjamin war zuletzt schon herausragend als junger Liebhaber in "Für eine Nacht … und immer" und stellt auch hier wieder unter Beweis, dass er einer der talentiertesten deutschsprachigen Schauspieler seiner Generation ist. Mit ausdrücklicher Ausnahme von Michael Kranz als opportunistischem Landrat können die kaum bekannten Nebendarsteller nicht immer mithalten; gerade das typische Western-Stilmittel der kleinen Gesten, die große Wirkung erzielen sollen, wirkt mitunter etwas ungelenk.
Das ändert aber nichts daran, dass "Die Büffel sind los" neben kurzweiliger Unterhaltung viel Liebe zum Detail, einige überraschende Wendungen und eine wunderbar stimmige Musik (Warner Poland, Wolfgang Glum) zu bieten hat. Besonders gelungen ist die Arbeit von Kameramann Klaus Merkel, und das nicht nur wegen der Marlboro-Romantik oder der prachtvollen herbstlichen Landschaftsaufnahmen: Als Sveta in Hotpants und Fransenbikini das erste Mal auf dem dunklen Bauernhof auftaucht, lässt das Licht sie wie einen gefallenen Engel erscheinen. Wie viel Sorgfalt Merkel und Wigand in die Bildgestaltung investiert haben, zeigt eine Szene, in der Max und Sveta, längst ineinander verliebt, bei Giesingers Geburtstagsfest miteinander tanzen. Max rät ihr, das Angebot des Alten anzunehmen; schlagartig verliert das Bild jede Wärme.