Fernseh-Vorschau: Wie rettet man einen Pfarrer?

"Zwei verlorene Schafe": Rebecca (Andrea Sawatzki) und Thaddäus (Franz Hartwig) stehen auf der Kanzel und üben gemeinsam das Segnen der Gemeinde.
Foto: ZDF/Conny Klein
"Zwei verlorene Schafe": Rebecca (Andrea Sawatzki) und Thaddäus (Franz Hartwig) stehen auf der Kanzel und üben gemeinsam das Segnen der Gemeinde.
Fernseh-Vorschau: Wie rettet man einen Pfarrer?
Das lohnt sich im Fernsehen vom 15. bis 21. Oktober
Rebecca (Andrea Sawatzki) ist Schauspielerin. Sie bekommt eie Rolle als Pfarrerin und will mit dem Pfarrer Thaddäus üben. Der hängt ziemlich durch, bei seinen Predigten schläft die Gemeinde immer ein. Rebecca erkennt, was bei Thaddäus schief läuft - und hilft ihm auf die Sprünge. So wird die Rolle für sie zu einer ganz anderen und vielleicht größeren Aufgabe. "Zwei verlorene Schafe" (20.10., ZDF, 20.15 Uhr) ist einer der Tipps für diese Woche.

16.10., ARD, 17.30 Uhr: "Gott und die Welt: Heiraten wäre das Schönste"

Schon als Jugendliche träumte Andrea davon, in einem champagnerfarbenen Brautkleid vor den Traualtar zu treten. An Verehrern fehlte es dem hübschen Mädchen nicht. Doch dann verunglückte sie bei einem Autounfall. Mit schwersten Gehirnverletzungen wurde sie notoperiert und fiel ins Koma. Die Verletzungen waren so gravierend, dass die Ärzte vorschlugen, die lebenserhaltenden Maßnahmen nicht mehr zu verlängern. Doch Andreas Eltern weigerten sich und holten ihre Tochter nach Hause. Drei Jahre erwachte sie aus dem Koma. Josefine Neustadler und Claudia Wörner zeigen in ihrem Film, was sie im Verlauf vieler Therapien neu lernen musste: schlucken, reden, alleine essen. Heute kann sie am Arm ihres Vaters kurze Strecken gehen. Das Wichtigste in ihrem Leben aber ist Ludwig. Sie hat ihn in einer Behindertenwerkstatt kennengelernt und sich in ihn verliebt. Wieder träumt Andrea von einer Hochzeit, in einem wunderschönen Brautkleid mit Schleier und Perlen. Obwohl ihre Eltern und Geschwister skeptisch sind, lässt sich Andrea nicht von ihrem großen Ziel abbringen. Allerdings weiß sie noch nicht, wie ernst es dem Bräutigam mit dem Bund fürs Leben ist.

17.10., ARD, 20.15 Uhr: "Terror – Ihr Urteil"

Wie im Theater, so endet auch die TV-Version von Ferdinand von Schirachs Stück "Terror" offen: Das letzte Wort haben die Zuschauer. Sie sollen ein Urteil fällen und die Frage beantworten, ob ein Luftwaffenpilot ihrer Ansicht nach moralisch richtig gehandelt hat, als er ein von einem Terroristen gekapertes Flugzeug abgeschossen hat. Der Major hat den Tod von 164 Menschen in kauf genommen, um 70.000 zu retten; und nun muss er sich vor Gericht für diese Tat verantworten. Regisseur und Koautor Lars Kraume ist das Kunststück gelungen, der Bühnenversion treu zu bleiben und den Film trotz der Einheit von Zeit und Raum dennoch nicht wie verfilmtes Theater wirken zu lassen; und das, obwohl unentwegt geredet wird. Die Kamera konzentriert sich bis auf wenige Ausnahmen auf die Beteiligten. Trotzdem ist der Film von Anfang bis Ende durchgehend spannend wie ein Thriller, zumal das Drehbuch die ganze ethische Tiefe des komplexen Themas auslotet, was zu spannenden rhetorischen Wortgefechten führt. Endgültig zu einem preiswürdigen Werk wird der Film durch die herausragenden darstellerischen Leistungen. Die bühnenerfahrenen Schauspieler sind die denkbar beste Besetzung für ihre Figuren: Burghart Klaußner als Richter, der den Prozess mit väterlicher Strenge führt, Martina Gedeck als Staatsanwältin, Lars Eidinger als Verteidiger, Rainer Bock als Oberstleutnant, der als Zeuge die Überwachung des deutschen Luftraums erläutert und die Ereignisse jener Nacht schildert. Am schwierigsten war womöglich die Besetzung des Angeklagten. Florian David Fitz spielt diesen hochintelligenten Soldaten vorzüglich; aber er macht ihn natürlich allein aufgrund seiner Filmografie und seines Auftretens zum Sympathieträger.

17.10., NDR Fernsehen, 23.15 Uhr: "Der Prozess"

Am 21. Oktober 2016 wäre Eberhard Fechner, einer der großen Regisseure des deutschen Fernsehspiels, 90 Jahre alt geworden. Neben Meilensteinen der Fernsehgeschichte wie "Nachrede auf Klara Heydebreck" gilt der dreiteilige Dokumentarfilm "Der Prozess" als Fechners Hauptwerk. Das NDR Fernsehen zeigt alle drei Teile. Vom Herbst 1941 bis zum 23. Juli 1944 existierte in Lublin/Majdanek ein Konzentrationslager, in dem mindestens 250.000 Menschen ermordet worden sind. Vom 26. November 1975 bis zum 30. Juni 1981 wurde in Düsseldorf ein Prozess gegen 15 ehemalige Mitglieder der mehr als 1.500 SS-Bewacher des Lagers geführt. Man klagte sie an, an dem Hunderttausendfachen Mord beteiligt gewesen zu sein. Es war der längste Prozess in der deutschen Justizgeschichte. wischen 1976 und der Erstausstrahlung des Dreiteilers "Der Prozess" 1984 befragte Eberhard Fechner über 60 Personen: Richter, Staatsanwälte und Verteidiger, Angeklagte und ehemalige Häftlinge, Historiker und Prozessbeobachter. Aus ihren Erinnerungen und Ansichten rekonstruierte er ein Bild des schrecklichen Geschehens in Majdanek und schilderte den Ablauf des Prozesses in Düsseldorf und sein Echo in der Öffentlichkeit.

18.10., ZDF, 22.15 Uhr: "37 Grad: Mutter, Mutter, Vater Kind"

Lesbisch oder schwul und trotzdem ein Kinderwunsch. Wie erfüllen sich Homosexuelle ihre Sehnsucht nach einem Baby? Biologische, soziale und rechtliche Hürden zwingen sie zu Kreativität. Frauke Siebold hat zwei Regenbogenfamilien über mehr als ein Jahr begleitet: Sverre ist ein biologisches Meisterwerk. Er hat drei leibliche Elternteile. Eines zu viel? Zumindest für das deutsche Recht, und somit wird es kompliziert. Aurelias Eltern waren nie ein Liebespaar und wollen auch keines werden. Können Freunde Eltern sein? Sverres Eltern heißen Annika (38) und Regina (44); sie erfüllen sich ihren Kinderwunsch zusammen mit Nils K. (38). Sverre entsteht in einer Kinderwunschklinik in Holland. Annika ist die Eizellenspenderin. Ihre Eizelle wird im Labor mit Nils' Sperma befruchtet und Regina eingepflanzt. Regina ist also die Bauchmutter. Sie bringt das Baby zur Welt und steht als Mutter in der Geburtsurkunde. Annika hingegen hat keinen rechtlichen Anspruch auf Sverre. Damit Sverre abgesichert ist, muss Annika ihn adoptieren. Doch der Ausgang des langen belastenden Adoptionsverfahrens ist ungewiss. Bei der zweiten Familie kommen zwar ein Mann und eine Frau zusammen, doch auch hier liegen die Dinge etwas anders: Rüdiger L. (41) wollte immer Vater sein mit allem Drum und Dran. Lange Zeit schien es, als ob sein Wunsch nicht in Erfüllung gehen könnte. Dann traf er in einem Internetportal auf die lesbische Bibiane W. (34). Sie nahmen sich lange Zeit, um sich kennenzulernen, wurden Freunde und bekamen eine Tochter. Die beiden teilen sich das Baby, sie haben es nicht gemeinsam: Co-Elternschaft heißt dieses neue Familienmodell.

19.10., WDR Fernsehen, 23.25 Uhr: "Was geht mich das an? Der Kosovo-Krieg"

Manchmal machen ganz alltägliche Entscheidungen Geschichte. Ein Bundeswehrsoldat will helfen und zieht mit Deutschland 1999 in den Krieg. Im Kosovo erlebt er, wie schwierig es ist, mit Waffen Frieden zu bringen. Und am Ende weiß der Soldat nicht mehr, wofür er sich in Gefahr gebracht hat; zumal zuhause in Deutschland viele den Soldaten ihren Einsatz nicht danken. Solche Lebenswege haben Geschichte geschrieben. Schauspieler Benjamin Schroeder verkörpert den fiktiven Charakter eines Bundeswehrsoldaten, der basierend auf historischen Dokumenten wie Zeitzeugeninterviews und Biografien entwickelt wurde. Der fiktive Soldat erzählt von den Entscheidungen, die sein Leben verändert haben: Auf welche Seite stellt er sich? Sind militärische Mittel gerechtfertigt, um Verfolgte zu schützen? Kann Krieg Frieden schaffen? In diesem Dilemma steckten viele deutsche Soldaten beim ersten Kampfeinsatz der Bundeswehr seit dem Zweiten Weltkrieg. Die Sendereihe "Was geht mich das an?" schafft die Verbindung aus dem Schwarz-Weiß des Geschichtsarchivs hinein in unsere Gegenwart: Wie würde ich heute handeln? Hätte die Vergangenheit auch anders verlaufen können? Und das sieht anders aus, als man es von Geschichtsdokumentationen gewohnt ist. Die Schauspielszenen treten in Dialog mit Archivmaterial, das die Ereignisse der Zeit aufleben lässt. Die Erzählung wird ergänzt durch Interviews mit der Historikerin Marie-Janine Calic und der ARD-Korrespondentin Susanne Glass.

19.10., WDR Fernsehen, 0.10 Uhr: "die story: Harte Jungs"

Die jungen Männer treffen sich jeden Montag um sechs. Wer mehr als einmal unentschuldigt fehlt, geht in den Knast. Sie sind zwischen 17 und 22 Jahre alt und sitzen hier auf richterliche Anordnung. Sie haben brutal zugeschlagen und andere schwer verletzt; auch mit Tritten gegen den Kopf. Die meisten von ihnen sind Mehrfach-Täter. Uli Kick dokumentiert mit seinem Film, wie ein solches "Anti-Aggressivitäts-Training" funktioniert. Es ist die letzte Chance für die Teilnehmer, dem Gefängnis zu entgehen; dieses Motiv ist der einzige Grund für sie, hier zu erscheinen. Sie haben jede Menge Ausreden, warum sie nicht anders konnten, und dass alles nicht so schlimm gewesen sei. Schuld war im Zweifel der Alkohol. Und nichts scheint ihnen unangenehmer, als sich mit sich selbst und ihrer Tat auseinanderzusetzen. Aber nach und nach wird die Gruppe zum Spiegel, denn sie alle sind Experten im Aufspüren der Schwächen des anderen. Dieser schmerzhafte Prozess dauert fast ein Jahr: hochemotionale Gruppensitzungen, gezielte Provokationen, Konfrontation mit den Verletzungen von Gewaltopfern, Grenzerfahrungen in schwindelnder Höhe und Abstürze in die eigene, oft verletzte Seele: Dieser Film ist reines Psychodrama.

20.10., ZDF, 20.15 Uhr: "Zwei verlorene Schafe"

Schauspielerin Rebecca (Andrea Sawatzki) erzählt immer noch allen von ihrer großen Karriere, dabei hat sie ihre besten Jahre längst hinter sich. Aber nun scheinen sich die Dinge endlich zum Besseren zu wenden: Sie wird für ein Theaterstück engagiert. Um sich auf die Hauptrolle, eine Pfarrerin, vorzubereiten, bittet sie ihren alten Klassenkameraden Michael (Oliver Breite) um Hilfe; der hat es immerhin zum Bischof gebracht. Er selbst hat zwar keine Zeit für sie, schlägt ihr jedoch ein Geschäft vor: Sein Sohn Thaddäus (Franz Hartwig) ist Pfarrer, tut sich aber schwer mit seiner Arbeit; in der ohnehin leeren Kirche schlafen die wenigen Gottesdienstbesucher regelmäßig ein, wenn er predigt. Rebecca soll ihn rhetorisch schulen und dafür sorgen, dass er mehr aus sich herausgeht; bei der Gelegenheit kann sie Inspirationen für ihre Rolle sammeln. Allerdings zeigt sich rasch, dass Thaddäus seinen Beruf nicht als Berufung betrachtet; er hat ihn nur um seines Vaters Willen ergriffen. "Zwei verlorene Schafe" ist derart auf Andrea Sawatzki zugeschnitten, als hätte Edda Leesch die Schauspielerin schon beim Schreiben vor Augen gehabt. Angenehm beiläufig lässt die Autorin diverse Fakten einfließen, die eine reizvolle Mischung aus Klischee und Wirklichkeit darstellen. Aber dann rücken die Szenen mit Thaddäus immer stärker ins Zentrum der Geschichte, weil die Aufgabe für Rebecca schließlich mehr als nur ein Job ist: Ausgerechnet sie, die Schauspielerin, erkennt, dass sie Thaddäus’ Seelenheil retten kann. Dank Rebecca findet er die Kraft, endlich ehrlich zu sich und seiner Gemeinde zu sein.

20.10., WDR Fernsehen, 22.40 Uhr: "Menschen hautnah: Für dumm erklärt"

Cornelia Uebel und Gülseli Baur beschreiben in ihrem Film, wie zwei junge Männer lange Zeit verkannt wurden, bis sie endlich  eine zweite Chance bekamen. Elf Jahre lang ging Nenad M. auf eine Förderschule in Köln. Er galt als geistig behindert. Jetzt will der 19-Jährige das Land NRW verklagen. Er will beweisen, dass die Diagnose der Experten falsch gewesen ist. Es wäre die erste Klage dieser Art in Deutschland. Als Nenad M. eingeschult wurde, konnte er kein Deutsch. Er sprach nur Romanes, die Sprache der Roma. So wie seine Eltern, die vor Krieg und Elend aus Serbien nach Deutschland geflohen waren. Die Lehrer beauftragten Sonderpädagogen, den verängstigten Jungen, der in der Klasse kein Wort sagte, zu begutachten. Das Ergebnis: Nenad habe einen IQ von 59. Damit galt Nenad als geistig behindert. Er kam auf eine Förderschule für geistige Entwicklung. Erst Kurt Holl, ein Kölner Pädagoge und Aktivist, der sich seit Jahrzehnten für die Rechte der Roma einsetzt, war Nenads Rettung. Mit Hilfe des Kölner Elternvereins mittendrin holte er Nenad aus der Förderschule und meldete ihn auf einem Kölner Berufskolleg an, wo Nenad, der vermeintlich geistig Behinderte, heute einer der Besten in seiner Klasse ist. Auch Marcel L. aus Duisburg hatte Handicaps, als er eingeschult wurde. Er kam aus schwierigen sozialen Verhältnissen und hatte einen schweren Sprachfehler. So kam er zunächst auf eine Förderschule für schwer Erziehbare. Doch auch er schaffte es auf eine Regelschule - weil er einen Lehrer hatte, der sein Potential erkannte. Der ehemalige Förderschüler bereitet sich heute auf einer Gesamtschule auf das Abitur vor. Er gibt anderen Förderschülern Mut. Sie sollen an sich glauben, sich behaupten und für einen Schulwechsel kämpfen.

20.10., WDR Fernsehen, 23.25 Uhr: "Ich heirate meinen Ex"

Jede dritte Ehe endet vor dem Scheidungsrichter. Doch manchen Geschiedenen wird irgendwann klar, dass sie zu viel aufgegeben, zu viel verloren haben. Ganz wenige finden nach Jahren sogar wieder zusammen - und heiraten ein zweites Mal. Der Film von Ariane Riecker stellt Paare vor, die diesen seltenen Schritt gegangen sind, und geht der Frage nach, was die Männer und Frauen veranlasst hat, denselben Partner noch mal zu heiraten, obwohl sie sich vorher ganz sicher waren, nicht mehr mit ihm leben zu können. Mit welchen Erwartungen und Ängsten sagen sie ein zweites Mal Ja? Und hat die neue alte Ehe ungeahnte Qualitäten? Natürlich kommen dabei auch die Gründe für die Trennungen zur Sprache. Standesbeamtin Martina zum Beispiel, 57 Jahre alt, weiß alles über das Heiraten und glaubt fest an die Institution Ehe. Trotzdem ist ihre eigene nach über 20 Jahren gescheitert. Es war das Übliche: Als die drei Kinder aus dem Haus waren, stellten sie und ihr Mann Dietmar fest, dass sie die Zweisamkeit verlernt hatten. Als Ersatz für fehlende Nähe begann Dietmar, seine Frau zu kontrollieren. Die Situation eskalierte, am Ende stand die Scheidung. Nach drei Jahren gibt es eine langsame, vorsichtige Annäherung.