8.10., Servus TV, 23.00 Uhr: "Am Sonntag bist du tot"
Der Film erzählt die Chronik einer angekündigten Ermordung: Als der irische Küstendorfpriester James Lavelle (Brendan Gleeson) einem Mann die Beichte abnimmt, erzählt ihm dieser, dass er als Kind jahrelang von einem Pfarrer missbraucht worden ist. Nun soll jemand für die damaligen Untaten büßen, aber nicht der ohnehin längst verstorbene Peiniger, sondern ein gänzlich unbescholtenes und sogar höchst ehrenwertes Mitglied der Kirche. Der Mann fordert Lavelle auf, seine irdischen Angelegenheiten zu regeln und sich nächsten Sonntag am Strand einzufinden. Pfarrer Lavelle ist zunächst konsterniert und tut dann, wie ihm befohlen, was aus seiner Sicht heißt: Er verhält sich nicht anders als sonst. Sein Dasein besteht ohnehin daraus, Angelegenheiten zu regeln; wenn auch die seiner Gemeindemitglieder. Und so konfrontiert Regisseur John Michael McDonagh den Priester auf seinem ganz persönlichen Kreuzweg an jedem der folgenden Tage mit einem seiner Schutzbefohlenen, die auf mehr oder weniger harmlose Art allesamt Antagonisten sind: der Metzger, der seine Frau schlägt; der jugendliche Frauenmörder, der seine Opfer verspeist hat; der schwerreiche, aber einsame Investmentspezialist, der Kapital-Verbrechen ganz anderer Art begangen hat. Ähnlich bemerkenswert wie die anspruchsvollen philosophischen und moraltheologischen Dialoge, die Darstellerführung und die Bildgestaltung ist die Musik, die den Bildern mit Chorälen und gälischen Motiven eine tiefe Melancholie verleiht. Und obwohl man ahnt, was kommen wird, ist der Schluss dennoch erschütternd.
9.10., ARD, 17.30 Uhr: "Gott und die Welt: Wie kannst du nur? Kloster statt Karriere"
Für Freunde und Bekannte ist es wie ein Schock: Gabriele Zinkl, promovierte Juristin, will ihre Karriere an den Nagel hängen, um in ein Kloster in Jerusalem einzutreten. Die Offizialatsrätin im Kirchendienst hat beruflich viel erreicht, wovon andere Frauen träumen. Als Vizepräsidentin des Deutschen Frauenbundes engagiert sie sich ehrenamtlich und steht im Rampenlicht. Sie trägt Minirock und liebt extravagante Kleidung. Die Eheschließung mit ihrem Freund ist eigentlich beschlossene Sache. Doch dann macht Gabriele Zinkl in einem Jerusalemer Schwesternkonvent eine Erfahrung, die alles ins Wanken bringt. Sie fühlt eine tiefe innere Sehnsucht, bei den Ordensschwestern zu bleiben. Obgleich ihre Eltern empört sind und ihr sogar Kirchenleute abraten, will sie um das Ordenskleid bitten, um als Novizin in die Klostergemeinschaft aufgenommen zu werden. Max Kronawitter hat ihren Weg mit der Kamera begleitet. Er schildert die Wochen vor der Einkleidung, den Abschied von der Heimat und den Beginn einer Lebensweise, die bei vielen Kopfschütteln hervorruft.
11.10., Arte, 20.15 Uhr: "Vorsicht Gentechnik?"
Seit zwanzig Jahren werden gentechnisch veränderte Organismen weltweit angebaut. Durch Manipulationen am Erbgut lässt sich insbesondere der Ertrag von Pflanzen steigern. Doch der Einsatz von Gentechnik in der Landwirtschaft ist weltweit stark umstritten. Umso aufgeheizter ist die Debatte; die Unterscheidung zwischen Fakten und pseudowissenschaftlichen Argumenten fällt zuweilen schwer. Der Film, der in elf Ländern auf vier Kontinenten gedreht wurde, geht der Gentechnik und den damit verbundenen Fragestellungen auf den Grund und lässt Wissenschaftler, Landwirte, Lebensmittelhersteller und Züchter von genmanipulierten Pflanzen und Tieren zu Wort kommen: Was stimmt, was ist erfunden? Wo liegt die Wahrheit über die Grüne Gentechnik? Um die Verbraucher zu beruhigen, entwickeln die Forscher nun gentechnisch veränderte Lebensmittel mit offensichtlichen Vorteilen, etwa den Goldenen Reis, der mehr Vitamin A enthalten soll als seine natürlichen Verwandten. Ist Gentechnik nun ein Fluch oder ein Segen?
12.10., ARD, 20.15 Uhr: "Die Stille danach"
Ähnlich wie "Sie hat es verdient" von Thomas Stiller oder "Ein Jahr nach morgen" von Aelrun Goette handelt "Die Stille danach" von einem jugendlichen Mörder. Nikolaus Leytner erzählt die Geschichte aus der Perspektive der Mutter, die wissen will, warum ihr geliebter und eigentlich unauffälliger 14-jähriger Sohn in seiner Schule sechs Menschen erschossen, vier weitere schwerverletzt und anschließend seinem eigenen Leben ein Ende gesetzt hat Die facettenreiche Rolle ist ungemein schwierig, weil Ursula Strauss eine Vielzahl von Gefühlen verkörpern muss, die sich zum Teil widersprechen. Eher beiläufig erzählt Leytner, welche Folgen der Amoklauf für die Eltern hat. Seiner Hauptfigur dagegen nähert sich der Film so weit wie überhaupt möglich, und das durchaus buchstäblich, denn Leytners bevorzugter Kameramann Hermann Dunzendorfer geht stets ganz nah an Strauss heran. Große Nähe führt jedoch nicht automatisch zu Empathie. Szenen wie jene, in denen die Schauspielerin im seelischen Schmerz das Gesicht verzerrt oder ihre Trauer herausschreit, können leicht ins Gegenteil umschlagen. Solche Momente überlagern das Mitgefühl womöglich, weil sie durch die Nähe der Kamera laut und plakativ wirken; derart viel Intimität kann leicht zur Folge haben, dass man eher peinlich berührt als mit Anteilnahme reagiert. Der nach innen spielende Peter Schneider ist dagegen fast wohltuend.
12.10., 3sat, 21.00 Uhr: "Hauptsache ein Junge"
Eine Frau nimmt sich das Leben; der Grund ist das ungeborene Mädchen in ihrem Bauch. Sie stirbt aus Verzweiflung, weil ihr Kind das falsche Geschlecht hatte. Birgit Wuthe geht auf Spurensuche: in Albanien, einem Land, in dem moderne Medizin auf traditionelle Familien trifft. In Privatkliniken, wo die Ärzte keine Fragen stellen, im abgeschiedenen Hinterland und in der modernen Hauptstadt. Die geschlechtsbezogene Abtreibung, der sogenannte Genderzid, ist in der EU angekommen. In England führen Kliniken und Ärzte solche Abtreibungen verbotenerweise durch, in Schweden sind sie ganz legal. Weltweit gibt es mittlerweile ein Defizit von etwa 160 Millionen Frauen. Das ist nicht nur demographisch ein Problem. Länder mit starkem Männerüberschuss tendierten dazu, "autoritäre politische Systeme zu entwickeln", sagt die Politikwissenschaftlerin Andrea den Boer.
12.10., WDR Fernsehen, 22.55 Uhr: "Was geht mich das an? Die RAF"
Manchmal machen ganz alltägliche Entscheidungen Geschichte. Ein Student setzt sich Ende der Sechzigerjahre für eine bessere Welt ein. Eigentlich will er die Gesellschaft aufrütteln. In der Studentenbewegung kämpft er gegen ein Totschweigen der NS-Vergangenheit und gegen die immer noch einflussreichen Alt-Nazis. Die Studenten streiten für politische Reformen und prangern die Grausamkeit des Vietnamkriegs an. Idealistische Anfänge; und doch werden einige später zu RAF-Terroristen. Ihre Lebenswege haben deutsche Geschichte geschrieben, aber angefangen hat alles mit Fragen, die uns heute ähnlich begegnen könnten. Die Dokumentation begibt sich auf die Suche nach der moralischen Entscheidung zwischen System und Rebellion, geschildert aus der Perspektive eines RAF-Terroristen, der überzeugt war, das Richtige zu tun. Schauspieler Christian Löber verkörpert den fiktiven Charakter eines Terroristen der Roten Armee Fraktion, der basierend auf historischen Dokumenten wie Tagebüchern, Manifesten und Biografien entwickelt wurde. Der fiktive Terrorist erzählt von den Entscheidungen, die sein Leben verändert haben: War es richtig, für eine bessere Welt zu den Waffen zu greifen? Welche Beweggründe, welche Zufälle und Entscheidungen haben aus einem idealistischen Rebellen einen Terroristen gemacht?
12.10., Bayerisches Fernsehen, 23.30 Uhr: "Hannah Arendt"
Filme über Figuren der Vergangenheit sind nur dann wirklich von Belang, wenn diese Persönlichkeiten einen Bezug zur Gegenwart haben. Hannah Arendt war eine der größten Denkerinnen des 20. Jahrhunderts, und Margarethe von Trottas filmisches Denkmal ist von bemerkenswerter handwerklicher Qualität; aber das war nicht anders zu erwarten. Herausragend wird die Hommage an die Philosophin jedoch, weil Arendts Haltung noch heute so vorbildlich und aktuell ist wie vor fünfzig Jahren, zu jener Zeit also, die der Film behandelt. Zunächst aber geht einem Hannah Arendt mit ihrer bedingungslosen Kompromisslosigkeit ziemlich auf die Nerven, und das war womöglich die brillanteste von vielen guten Ideen, die Trotta und Pamela Katz beim Verfassen des gemeinsamen Drehbuchs hatten: Wenn die Publizistin schließlich zwischen die Fronten gerät, ist man nicht deshalb auf ihrer Seite, weil man sie sympathisch findet, sondern weil sie Recht hat. Das Porträt konzentriert sich auf die erste Hälfte der Sechzigerjahre. Die Handlung beginnt mit der Entführung Adolf Eichmanns durch israelische Agenten. Arendt bietet sich dem Magazin The New Yorker als Berichterstatterin des Prozesses an und überrascht die Öffentlichkeit mit einer Artikelserie, die Eichmann nicht etwa als Monster beschreibt, sondern anhand seiner Person die seither vielzitierte "Banalität des Bösen" analysiert. Margarethe von Trotta ist bekannt für die ausgezeichnete Führung ihrer Darsteller, und mit Barbara Sukowa versteht sie sich vermutlich längst ohne Worte; "Hannah Arendt" ist nach unter anderem "Die bleierne Zeit" und "Rosa Luxemburg" bereits ihr sechster gemeinsamer Film. Und doch ist es ihnen gelungen, die Intensität nochmals zu steigern: Sukowa, so scheint es, verkörpert die Philosophin nicht, sie ist Hannah Arendt. Besser lässt sich eine schauspielerische Leistung kaum würdigen.
13.10., ZDF, 20.15 Uhr: "Apropos Glück"
Tilmann P. Gangloff, Diplom-Journalist und regelmäßiges Mitglied der Jury für den Grimme-Preis, schreibt freiberuflich unter anderem für das Portal evangelisch.de täglich TV-Tipps und setzt sich auch für "epd medien" mit dem Fernsehen auseinander. Auszeichnung: 2023 Bert-Donnepp-Preis - Deutscher Preis für Medienpublizistik (des Vereins der Freunde des Adolf-Grimme-Preises).
13.10., WDR Fernsehen, 22.40 Uhr: "Menschen hautnah: Anonym gezeugt"
In Deutschland werden jährlich schätzungsweise 100.000 Kinder anonym gezeugt. Michaela Bruch und Klaus Bergner stellen zwei von ihnen vor. Anja, heute 25, hat erst vor zwei Jahren von ihren Eltern erfahren, dass sie ein Samenspenderkind ist. Sie wurde mit dem Samen eines Fremden gezeugt. Diese Information veränderte ihr ganzes Leben und zerstörte das vertraute Familienbild. Sie machte sich auf die Suche nach dem biologischen Vater. Auch Sunny wurde anonym gezeugt und will ihren Samenspender finden. Das Problem: Damals hatten die Ärzte den Spendern Anonymität zugesichert. Für ihr Wunschkind ließen sich viele Eltern auf diese Vereinbarung ein. Eine Absprache, die in einer rechtlichen Grauzone getroffen wurde. Anja und Sunny stoßen bei ihrer Suche auf große Hindernisse. Die Unterlagen über die Behandlung und die Spender scheinen vernichtet worden zu sein. Juristisch steht ihnen aber diese Information sogar zu, denn 1989 hat das Bundesverfassungsgericht das Recht auf "Kenntnis der eigenen Abstammung" beschlossen.
13.10., WDR Fernsehen, 23.25 Uhr: "Wie werden wir morgen alle satt?"
Bis 2050 wird die Weltbevölkerung auf zehn Milliarden Menschen anwachsen. Wo wird dann die Nahrung für alle herkommen? Wird es die industrialisierte Landwirtschaft schaffen, genug auf unsere Teller zu bekommen? Soll sich zukünftig jeder vegetarisch ernähren oder sind Insekten die neue Proteinquelle? Wie geht es mit der Massentierhaltung weiter oder kann Fleisch auch künstlich in Laboren hergestellt werden? Was wäre, wenn wir unsere eigene Nahrung jeweils selbst anbauen? Film-Regisseur, Bestseller-Autor und Food-Fighter Valentin Thurn sucht weltweit nach Antworten und Lösungen. Dabei erkundet er die wichtigsten Grundlagen der Lebensmittelproduktion. Er spricht mit Machern aus den gegnerischen Lagern der industriellen und der bäuerlichen Landwirtschaft, trifft Biobauern und Nahrungsmittelspekulanten, besucht Laborgärten und Fleischfabriken. Ohne Anklage, aber mit Gespür für Verantwortung geht Thurn der drängenden Frage nach, wie verhindert werden kann, dass die Menschheit durch die hemmungslose Ausbeutung der begrenzten natürlichen Ressourcen die Grundlage für ihre eigene Ernährung zerstört.
13.10., MDR Fernsehen, 22.35 Uhr: "Genug gelitten"
"Mit 66 Jahren, da fängt das Leben an!", behauptet ein Musiktitel. Hildegard Neuss will es beenden. Die 66-Jährige hat sich für die Selbsttötung in der Schweiz entschieden. Jahrelang hat ihr eine Lebererkrankung das Leben zur Qual gemacht. Nach einer Vielzahl von Therapien hat sie genug. Mithilfe einer Schweizer Sterbehilfeorganisation plant sie akribisch ihr Ende. Begleitet von ihrer 89-jährigen Mutter, die bis zuletzt versucht, sie davon abzubringen, nimmt sie schließlich in Bern die tödliche Dosis. Immer mehr Menschen fordern auch in Deutschland die Möglichkeit zum begleiteten Suizid. Für den Mediziner Marcus Schlemmer drückt sich darin vor allem die Angst vor dem Lebensende aus: Aus Furcht vor Schmerzen, vor Einsamkeit und Pflegebedürftigkeit fordern Menschen ein Recht auf den raschen Tod mit ärztlichem Beistand. Auch der krebskranke Hermann Martin wollte sich und seinen Angehörigen einen Pflegefall ersparen. Nach einem Suizidversuch landet er auf einer Palliativstation. Dort stellt er fest, dass es für seine Ängste Lösungen gibt. Der Wunsch, möglichst schnell zu sterben, verliert sich zunehmend. Vor dem Hintergrund der Diskussion um die Sterbehilfe in Deutschland versucht Filmemacher Max Kronawitter an zwei konkreten Fällen darzustellen, warum Menschen ihr Leben beenden wollen.
14.10., ARD, 20.15 Uhr: "Der Hafenpastor und das Blaue vom Himmel"
Die Kernidee des dritten Films mit Jan Fedder als protestantischer Pastor auf St. Pauli ist nicht neu, aber so originell verpackt wie in dieser Kiezkomödie war sie selten: Polizist Hanno hat sich Hals über Kopf in eine junge Frau verliebt. Sie kennen sich erst seit wenigen Wochen, aber sie wissen beide: Das ist die große Liebe. Was sie nicht ahnen: Es ist eine verbotene Liebe. Geschichten dieser Art gab es schon oft, aber diese hat ihren besonderen Reiz: weil Stefan Wild, der auch die Drehbücher zu den beiden anderen Filmen mit Jan Fedder als Hafenpastor Book auf St. Pauli geschrieben hat, seinen Titelhelden mit einem echten Dilemma konfrontiert. Im Rahmen eines Beichtgesprächs gesteht ihm Nachtclubbesitzer Bodo (Uwe Bohm), dass er einst nicht nur Hanno, sondern auch Ina gezeugt hat; das soll aber niemand wissen. Book kann nun sehen, wie er das Problem löst: Irgendwie muss er dem Paar die Ehe ausreden, ohne dabei die Wahrheit zu verraten, denn selbstredend ist er an sein Schweigegelübde gebunden. Der nach schwerer Krankheit fast fragil wirkende Jan Fedder ist als Kirchenmann und vorbildlicher Humanist der uneingeschränkte Star des Films, zumal sich Wild einige schöne Szenen für die Hauptfigur ausgedacht hat. Außerdem gibt es einige große Momente, und das gilt keineswegs nur für die geschmackvoll inszenierten erotischen Darbietungen in Bodos Bar.