Genf (epd). Das Veto-Recht der fünf ständigen Mitglieder des Rates sollte in Fällen von Massenverbrechen wie in der umkämpften syrischen Stadt beschnitten werden, verlangte der UN-Hochkommissar am Dienstag in Genf. Er zielte auf die Blockadepolitik der Vetomacht Russland im Syrienkrieg, ohne sie namentlich zu nennen. Bei Verdacht auf Kriegsverbrechen, Verbrechen gegen die Menschlichkeit oder Völkermord dürften Russland, die USA, China, Frankreich und Großbritannien von ihrem Privileg nur noch mit Abstrichen Gebrauch machen. Der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen müsse sofort Reformschritte einleiten, verlangte der Hochkommissar.
Seid erklärte, die Attacken mit Spreng- und Brandbomben seien die grausamsten, welche die Menschen in Aleppos Wohngegenden seit Beginn des Bürgerkriegs 2011 erdulden müssten. Nach dem Start der Offensive des Assad-Regimes und seines Verbündeten Russland gegen Stellungen der Rebellen in Ost-Aleppo vor knapp zwei Wochen sind nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation mindestens 342 Menschen getötet worden, darunter 106 Kinder. Zudem hätten mindestens 1.129 Menschen Verletzungen erlitten, 261 davon Kinder. In Ost-Aleppo seien nur noch 30 Ärzte im Einsatz, betonte die WHO.
Funkstille zwischen Russland und USA
Hintergrund des Aufrufs des UN-Hochkommissars ist Russlands Vetopolitik im UN-Sicherheitsrat. Russland verhindert seit fünfeinhalb Jahren ein entschlossenes Vorgehen gegen Syriens Machthaber Baschar al-Assad. Vor wenigen Tagen betonte Russland im Sicherheitsrat, dass der Konflikt mit mehreren Hunderttausenden Toten derzeit nicht friedlich zu beenden sei. Unterdessen erklärte der UN-Sondergesandte für Syrien, Staffan de Mistura, dass er das vorläufige Ende der russisch-amerikanischen Gespräche über Syrien zutiefst bedauere. Die USA hatten die Gespräche über eine politische Lösung des Konflikts ausgesetzt. Die USA werfen den Russen vor, nicht ernsthaft an einem diplomatischen Prozess interessiert zu sein.
Die Weltgesundheitsorganisation legte dem UN-Sondergesandten de Mistura einen Plan zur Evakuierung der Kranken und Verletzten aus Ost-Aleppo vor. Die WHO appelliert seit Wochen an die Konfliktparteien, eine Evakuierung der Verwundeten zu erlauben. In Syrien kämpfen das Assad-Regime sowie Rebellen und Terrormilizen um die Macht. Russland und der Iran helfen Assad. Die USA unterstützen gemäßigte Rebellen.