TV-Tipp: "Familie!" (ZDF)

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TV-Tipp: "Familie!" (ZDF)
10.10., ZDF, 20.15 Uhr: "Familie!"
Zwischenzeitlich hat das ZDF diesen hochkarätig besetzten Zweiteiler als "Blutsbande – Geheimnis einer Familie" angekündigt. Das wäre zwar auch kein besonders origineller Titel gewesen, aber immer noch besser als "Familie!"; gerade das Ausrufezeichen signalisiert eher eine Komödie.

Das Werk knüpft jedoch an viele dramatische Mehrteiler an, die Produzent Oliver Berben für das ZDF hergestellt hat. Dabei ging es fast immer um Familiengeschichten, wie meist auch schon der Titel zum Ausdruck brachte; in den letzten Jahren waren dies unter anderem "Alles muss raus - Eine Familie rechnet ab" (inspiriert durch die Schlecker-Pleite), "Der Wagner-Clan - Eine Familiengeschichte", "Das Adlon. Eine Familiensaga" oder "Familiengeheimnisse - Liebe, Schuld und Tod"; und fast immer spielte Iris Berben die Hauptrolle. Früher hat diese Filme stets der im Frühjahr verstorbene Carlo Rola inszeniert, der einst mit Berben die gemeinsame Produktionsfirma Moovie – the art of entertainment gegründet hat. "Familie!" ist wie schon zuletzt "Alles muss raus" von Dror Zahavi, der gemeinsam mit seinem bevorzugten Kameramann einen etwas anderen Stil pflegt als das ähnlich eingespielte Duo Rola und Frank Küpper. Zahavi und Steffen, die gemeinsam unter anderem "Mein Leben – Marcel Reich-Ranicki", "Zivilcourage", "München 72" sowie "Und alle haben geschwiegen" gedreht haben, legen zwar ebenfalls großen Wert auf eine sorgfältige Bildgestaltung, aber die Arbeiten von Rola und Küpper trugen oft einen unsichtbaren Stempel "Event!"; auch deshalb wirkt "Familie!" etwas lebensnäher.

Ein düsteres Familiengeheimnis...

Vor allem jedoch erzählen Zahavi und Drehbuchautor Rainer Berg (Überarbeitung: Johannes Rotter) im Gegensatz zu den früheren Berben/Rola-Produktionen eine zunächst fast ganz normale Geschichte: Starkoch Lennart Behrwaldt (Jürgen Vogel) ist soeben Vater geworden, hat aber eigentlich keine Lust auf Familie; viel lieber würde er sein ungebundenes Leben als Restaurantbesitzer und die Liebelei mit seiner litauischen Köchin fortsetzen. Im Gegensatz zu ihm glaubt Nida (Natalia Belitski) jedoch an das Modell Familie, und deshalb beendet sie das Verhältnis. Notgedrungen muss Lennart mit Melanie (Anna Maria Mühe), der Mutter seines Kindes, in den Stammsitz der Familie Behrwaldt einziehen, wo ihn prompt die Erinnerungen an seine unerfreuliche Kindheit überwältigen: In der altehrwürdigen Villa ist die Zeit vor hundert Jahren stehen geblieben. Das Haus strahlt ebenso wie Lennarts Großmutter Alba (Anna Maria Fliegel) eine menschenfeindliche Kälte aus. Lennart leidet unter immer stärkeren Halluzinationen und Albträumen, in denen er sich unter einer Eisfläche befindet. Als er nach einem Motorradunfall, der wie ein versuchter Suizid aussieht, im Krankenhaus aus dem Koma erwacht, ahnt der Klinikpsychiater (Bernhard Schir), das sein Patient als Kind ein traumatisches Erlebnis hatte, dem er sich endlich stellen muss. Natürlich ist ein düsteres Familiengeheimnis der Schlüssel: Lennarts Mutter (Iris Berben) hat ihm nie gesagt, wer sein Vater war.


Die Auflösung des Dramas ist in der Tat ungewöhnlich; der Weg dorthin hätte allerdings nicht unbedingt knapp drei Stunden dauern müssen. Dass die Zeit trotzdem nicht verschwendet ist, liegt in erster Linie an der ausnahmslos erstklassigen Darstellerriege, selbst wenn die meisten Mitwirkenden erwartungsgemäß und einige sogar eher einfallslos besetzt sind, allen voran Katharina Thalbach als Melanies patente Mutter aus einfachen Verhältnissen, die mit stoischem Gleichmut die Eskapaden ihres trinkenden Ehemanns (Werner Wölbern) erträgt, oder Andreas Guenther als Lennarts Barchef, der glaubt, Nida kaufen zu können. Vielleicht hinterlässt Natalia Belitski, in der Tragik ihrer Rolle schön wie ein klassischer Filmstar, auch deshalb den nachhaltigsten Eindruck. Die in diesen Tagen erstaunlich präsente Deutschrussin hat ohnehin eine interessante Rolle: Sie spielt eine junge Mutter, die in Deutschland das Geld für ihre zwei kleinen Kinder in der fernen Heimat verdient. Außerdem ist sie mit einem Ex-Mann geschlagen, dessen Spielschulden nun bei ihr eingetrieben werden. Trotzdem trennt sie sich von Lennart, obwohl der ihr helfen könnte.

Die Szenen mit Vogel und Belitski gehören zu den wenigen, in denen Wärme aufkommt. Ausgerechnet Lennarts Küche, sein Refugium, wirkt ausgesprochen kühl; wenn auch längst nicht so düster wie das von Lennart als Familiengruft bezeichnete Haus der Behrwaldts. Kein Wunder, dass die ohnehin dünkelhafte Großmutter Alba, die für Männer mit Schwächen nur Verachtung hegt, an vergleichbare Figuren aus alten Edgar-Wallace-Filmen erinnert. Umso erstaunlicher, dass ausgerechnet Alba am Ende ihr Herz entdeckt und dafür sorgt, dass sich "Familie!" doch nicht ausschließlich mit den vielen verschiedenen Facetten des Unglücks befasst; gerade die männlichen Figuren taugen allesamt nicht als Vorbild, weil sie entweder Verlierer, Versager, Verräter oder verzweifelt sind.