"Jana traut sich nicht" hieß dieser Film, als die ARD im vorigen Jahr seine Ausstrahlung ankündigte. Da mittlerweile das ZDF eine eigene "Jana"-Filmreihe hat ("Jana und der Buschpilot"), musste nun wohl ein neuer Titel her; auch wenn "Immer Ärger mit Opa Charly" nicht gerade ein Glücksgriff ist und eher eine Klamotte nahelegt. "Jana traut sich nicht" war ausnahmsweise keine Anspielung auf kurzfristig durchkreuzte Heiratsabsichten, sondern eine treffende Charakterisierung der Hauptfigur: Jana (Inka Friedrich), seit ihrer Scheidung alleinerziehende Mutter einer pubertierenden Tochter (Nadine Kösters), hat als Organisatorin von Flugbegleitungsplänen beruflich alles unter Kontrolle. Privat klappt das nicht ganz so gut, weil ihr Schwiegervater Charly (Ulrich Pleitgen) alles tut, um Chaos in ihr Leben zu bringen.
Tilmann P. Gangloff, Diplom-Journalist und regelmäßiges Mitglied der Jury für den Grimme-Preis, schreibt freiberuflich unter anderem für das Portal evangelisch.de täglich TV-Tipps und setzt sich auch für "epd medien" mit dem Fernsehen auseinander. Auszeichnung: 2023 Bert-Donnepp-Preis - Deutscher Preis für Medienpublizistik (des Vereins der Freunde des Adolf-Grimme-Preises).
Der Pensionär ist auf seine alten Tage zum Großstadtguerilla geworden und betreibt des Nachts gemeinsam mit Enkelin Marie anarchisches "urban gardening": Charly träumt von blühenden Landschaften in der Frankfurter City und dekoriert öffentliche Plätze mit geklauten Pflanzen, weshalb Jana Opa und Tochter regelmäßig bei der Polizei abholen muss. Irgendwann platzt ihr der Kragen, und sie setzt den Schwiegervater, der sich nach Janas Scheidung um sie und Marie gekümmert hat und seither bei ihnen wohnt, vor die Tür. Als Charly im Internet ein Landhaus im Spessart ersteigert, will sich Jana davon überzeugen, dass der alte Mann nicht übers Ohr gehauen wird, und verguckt sich prompt in den Besitzer (Tobias Oertel) des traumhaft an einem See gelegenen Hauses. Aber Gefühle und Kontrolle lassen sich nicht vereinbaren, weshalb sie bald wieder auf Geschäftsmodus umschaltet; Thomas ist ohnehin auf dem Sprung nach Mauretanien, um dort im Rahmen eines Langzeitprojekts Wüstenkrokodile zu studieren.
Marcus Ulbricht, der zuvor den ebenfalls im Auftrag der ARD-Tochter Degeto produzierten Auftakt zur neuen ARD-Krimireihe "Kripo Bozen" gedreht hat, inszeniert den Film als romantische Komödie. Deshalb will "Immer Ärger mit Opa Charly" im Unterschied zu vielen anderen Degeto-Produktionen der letzten Monate auch nicht auf Teufel komm’ raus eine ungewöhnliche Geschichten erzählen. Dafür gelingt Nicole Walter-Lingen etwas, das womöglich noch schwerer ist: Sie nutzt einen klassischen Romanzenstoff, gibt ihm aber gerade durch die originelle Figur des Charly einen neuen Dreh. Die Autorin hat zwar für die Degeto eine Vielzahl von "Utta Danella"- und "Lilly Schönauer"-Drehbücher geschrieben, aber schon vor 15 Jahren mit "Enthüllung einer Ehe" gezeigt, dass sie auch anders kann; der Film ist damals mit dem Robert-Geisendörfer-Preis ausgezeichnet worden.
Überraschungen hat das Drehbuch nur bedingt zu bieten
Außerdem ist "Immer Ärger mit Opa Charly" schon allein wegen der flotten Umsetzung sehenswert, ganz zu schweigen von der Rolle des von Ulrich Pleitgen mit großer Hingabe verkörperten Altanarchisten und seinen blumigen Plädoyers für allumfassendes Grün. Richtig gut ist auch Nadine Kösters; sie hat schon in einem Kölner "Tatort" über jugendliche Gewalttäter ("Ohnmacht") als kleiner Teufel in hübscher Menschengestalt imponiert. Ausgerechnet die ungleich erfahrenere Inka Friedrich muss ihre Rolle dagegen viel zu übertrieben komödiantisch ausleben. Allerdings ist die Figur offenbar schon im Drehbuch so angelegt. Unter anderem landet Jana beim Versuch, einen umgestürzten Baum vom Waldweg zu zerren, im Matsch; das ist zwar witzig, aber als Gag auch etwas billig. Sehr hübsch sind jedoch die gemeinsamen Szenen mit Tobias Oertel. Im Vergleich zur mimisch mitunter übereifrigen Friedrich ist sein Spiel wohltuend sparsam, zumal er dafür sorgt, dass den bärtigen Naturforscher ein Hauch von Melancholie umweht, was die Figur natürlich interessant macht.
Überraschende Wendungen hat das Drehbuch nur bedingt zu bieten, aber gerade die Erzählebene mit Charly ist ein großes Vergnügen; ein Nebenstrang mit Nadeshda Brennicke als Stewardess und Janas beste Freundin, die immer wieder mal in ihr Büro schneit und den Fortgang der uneingestandenen Liebe kommentiert, ist hingegen bloß Beiwerk. Aber Kameramann Tobias Platow findet schöne Bilder für das nächtliche Frankfurt, und schon der liebevoll mit Pflanzen dekorierte Vorspann deutet an, dass die Verantwortlichen kein Fernsehen von der Stange im Sinn hatten.