Berlin (epd). Wenige Wochen vor der geplanten Unterzeichnung des umstrittenen Ceta-Abkommens haben Umweltschützer und Gewerkschafter noch einmal eindringlich vor dem künftigen Freihandelsabkommen zwischen der EU und Kanada gewarnt. Europäische Umwelt- und Verbraucherschutzstandards würden dadurch abgesenkt, kritisierte der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) am Mittwoch in Berlin. Die Gewerkschaft ver.di forderte weitere Nachbesserungen bei Ceta.
Entscheidende Weichen
Das Ceta-Abkommen (Comprehensive Economic and Trade Agreement) soll laut Plan Ende Oktober zwischen der EU und Kanada endgültig unterzeichnet und danach von den nationalen Parlamenten ratifiziert werden. Die entscheidenden Weichen dafür werden beim Treffen des EU-Handelsministerrats am 23. September im slowakischen Bratislava gestellt.
Rund 30 Organisationen rufen unter dem Motto "Ceta & TTIP stoppen!" für den 17. September in sieben deutschen Städten zu Großdemonstrationen gegen das Abkommen auf. Auch in anderen europäischen Städten sind Proteste geplant. Ceta gilt als Blaupause für das ebenfalls umstrittene Handelsabkommen der EU mit den USA (TTIP).
Insbesondere das europäische Vorsorgeprinzip werde durch Ceta als zentrales Handelsprinzip aufgeweicht, betonte der BUND-Vorsitzende Hubert Weiger. Das belege ein neues Rechtsgutachten im Auftrag des BUND am Beispiel der EU-Regulierung riskanter hormonell wirksamer Chemikalien, sogenannter endokriner Disruptoren (EDC). Danach sollen für eine Zulassung solcher Stoffe nicht mehr nur mögliche Schädigungen für Umwelt und Verbraucher ausschlaggebend sein, sondern auch die Auswirkungen eines Verbots der Stoffe auf internationale Handelsbeziehungen.
"Doppelte Privilegierung"
Zu erwarten sei, dass sich in Zukunft in den allermeisten Fällen ökonomische Interessen gegenüber Verbraucherinteressen durchsetzen werden, erklärte die Autorin des Gutachtens, Rechtsanwältin Cornelia Ziehm. Die Dienstleistungsgewerkschaft ver.di verlangte unterdessen weitere Nachverhandlungen für Ceta. "Wir halten den vorliegenden Text nicht für annahmefähig", sagte ver.di-Chef Frank Bsirske am Mittwoch in Brüssel. Der Pakt zwischen der EU und Kanada würde in seiner jetzigen Form "zu einer doppelten Privilegierung ausländischer Investoren führen".
So könnten Investoren aus Kanada dann in Europa zusätzlich zum normalen Rechtsweg auf eine "Sondergerichtsbarkeit" zugreifen. Grundsätzlich seien die derzeit vorgesehenen öffentlich gestalteten Schiedsgerichte zwar besser als die ansonsten üblichen privaten Schiedsgerichte, sagte der Gewerkschaftschef. Auch hier gebe es aber noch Probleme.
Senkung von Standards befürchtet
So sollten nach derzeitigem Stand die Richter darüber bestimmen, ob die Klage eines Unternehmens zugelassen wird. Zugleich sollten diese Richter aber für jeden Prozesstag 3.000 US-Dollar erhalten. Neben den Schiedsgerichten kritisierte Bsirske ebenfalls eine Aushebelung des Vorsorgeprinzips, das in Europa die Verbraucher schütze.
Ceta ist wie das geplante Abkommen TTIP mit den USA hoch umstritten. Kritiker befürchten eine Senkung von Standards im Sozial-, Umwelt- und Verbraucherbereich und eine Aushöhlung der Demokratie. Während TTIP noch in den Verhandlungen steckt, sind diese bei Ceta eigentlich beendet. Jetzt steht die Annahme durch die EU-Staaten und das Europaparlament an.