TV-Tipp: "Donna Leon: Acqua Alta" (ARD)

TV-Tipp: "Donna Leon: Acqua Alta" (ARD)
1.9., ARD, 20.15 Uhr: "Donna Leon: Acqua Alta"
Aus Zuschauersicht spielt es keine große Rolle, welches Unternehmen eine Reihenepisode produziert hat; so lange nur all jene Aspekte erhalten bleiben, die den Reiz der Reihe ausmachen.

"Acqua alta" war seinerzeit die letzte Produktion der Objectiv Film, dann übernahm Nico Hofmanns Erfolgsschmiede teamWorx (heute UFA Fiction) die Herstellung. Der populäre Produzent hatte sich damals zum Ziel gesetzt, den TV-Adaptionen hierzulande einen ähnlichen Status zu verleihen wie den Romanen. Fortan wurden die Filme optisch freundlicher, weil man sich dadurch eine größere Frauenaffinität erhoffte.

 

Dabei entspricht "Acqua alta" (Buch: Kathrin Richter, Ralf Hertwig) durchaus der Vorlage; in Donna Leons Büchern geht es schließlich alles andere als beschaulich zu, selbst wenn die familiären Elemente rund um die Brunettis einen gewissen Soap-Charakter haben. Für die Krimihandlung ist der entsprechende Erzählstrang in den Filmen meist ohne Bedeutung, oft dient er nur der Entspannung; auch wenn die Spannung der Mördersuche meist überschaubar ist. Diesmal ist es vor allem der buchstäblich düstere Rahmen, der den Reiz des im November 2004 erstmals ausgestrahlten Films ausmacht. Südwind und Vollmond, prophezeit des Commissarios treuer Vasall Vianello (Karl Fischer) anfangs sorgenvoll, das gebe garantiert Hochwasser. So kommt es auch, und fortan trägt Venedig Gummi- oder Anglerstiefel; in einer Szene umhüllt Brunetti (Uwe Kockisch) in Ermangelung von beidem seine Hosenbeine mit Müllsäcken.

Brutaler Überfall auf Archäologin

Ausgangspunkt der Ermittlungen ist ein brutaler nächtlicher Überfall auf eine amerikanische Archäologin: Brett Lynch (Gesine Cukrowski) soll eingeschüchtert werden, denn ihr war aufgefallen, dass zwei unbezahlbar kostbare chinesische Vasen nach einer Ausstellung gegen Kopien ausgetauscht worden sind. Bevor die Polizei den Direktor (Edgar M. Böhlke) des Museums zur Rede stellen kann, wird er ermordet. Es stellt sich zwar raus, dass der Mann als stiller Teilhaber eines Antiquitätenhändlers (Hanns Zischler) in illegale Geschäfte verwickelt war, doch auch diese Information nützt Brunetti nichts: Der Händler wird ebenfalls umgebracht, und langsam dämmert dem Commissario, dass im Hintergrund jemand die Fäden zieht, der für seine Kunstsammlung über Leichen geht.

Da Gottfried John im Vorspann quasi als Stargast angekündigt wird, besteht kein Zweifel daran, wer den Drahtzieher verkörpert. Natürlich ist der international auf seine Rolle als Bond-Bösewicht oder Caesar-Darsteller reduzierte frühere Fassbinder-Schauspieler ein würdiger Schurkendarsteller, zumal er die Kunstbeflissenheit des einflussreichen Venezianers wunderbar mit der notwenigen Skrupellosigkeit vereinbart; aber leider übertreibt er in einigen Szenen maßlos. Der tatsächliche Star dieses Films ist ohnehin das Wetter: Es stürmt und regnet in Strömen, und da die Stadt Venedig einer vergleichsweise kleinen deutschen TV-Produktion kaum erlaubt haben wird, den Markusplatz zu fluten, dürften einige der eindrucksvollen Hochwasserbilder authentisch sein. Zur sinistren Atmosphäre (Regie und Kamera vom gewohnten Gespann Sigi Rothemund und Dragan Rogulj) des zu großen Teilen nachts gedrehten Films passen auch einige blutige Details, darunter eine unappetitliche Drainage-Aktion des Commissarios am geschwollenen Zeh seiner Tochter. Davon abgesehen aber sind die familiären Szenen, in denen Brunetti mit der Renovierungswut seiner Frau (Julia Jäger) hadert, der Wahrheitsfindung ebenso wenig dienlich wie Vianellos Zweikampf mit dem defekten Heizkörper im Büro seines Chefs.