Dopingexperte Franke muss Vorwürfe gegen Athletin nicht belegen

Dopingexperte Franke muss Vorwürfe gegen Athletin nicht belegen
Auch wenn er das nicht belegen konnte: Der Heidelberger Dopingexperte Werner Franke durfte über eine frühere DDR-Leichtathletin sagen, dass sie im Alter von 13 Jahren gedopt wurde. Das hat das Bundesverfassungsgericht entschieden.

Karlsruhe (epd). Auch wenn die Aussage nicht als wahr oder unwahr belegt werden kann, sei die Tatsachenbehauptung vom Grundrecht auf freie Meinungsäußerung gedeckt, entschied das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe in einem am Dienstag veröffentlichten Beschluss. (AZ: 1 BvR 3388/14) Gehe es um eine die Öffentlichkeit "wesentlich berührende Angelegenheit", wie hier das Doping, dürfe eine möglicherweise unwahre Behauptung noch geäußert werden.

Im entschiedenen Fall hatte sich Werner Franke, Professor für Zell- und Molekularbiologe am Deutschen Krebsforschungszentrum, in einem Rechtsstreit gegen einen früheren DDR-Leichtathletiktrainer zum Doping minderjähriger Sportler geäußert. Dabei benannte Franke auch eine jugendliche Athletin, die von 1985 bis 1987 das Dopingmittel Oral-Turinabol von ihrem Trainer erhalten haben soll. Einen entsprechenden Schriftsatz überließ der Wissenschaftler auch einem Journalisten der Tageszeitung "Die Welt".

Kein genereller Vorrang des Persönlichkeitsrechts

Die frühere Leichtathletin sah damit ihr Persönlichkeitsrecht verletzt und verklagte Franke. Die Aussage, früher als Jugendliche gedopt zu haben, würde sie in der öffentlichen Meinung herabwürdigen. Franke habe die Dopingvorwürfe nicht beweisen können.

Sowohl das Landgericht als auch das Oberlandesgericht Hamburg gaben der Ex-Profisportlerin recht. Da die Vorwürfe nicht bewiesen worden seien, überwiege gegenüber der Meinungsfreiheit immer das Persönlichkeitsrecht. Dem widersprach nun das Bundesverfassungsgericht. Die Meinungsfreiheit müsse zwar bei bewusst unwahren oder erwiesenermaßen falschen Tatsachenbehauptungen hinter dem Persönlichkeitsrecht zurückstehen. Im konkreten Fall sei aber gar nicht klar, ob die Aussagen Frankes falsch oder richtig seien. Er habe sie nur nicht beweisen können. In diesem Fall gebe es keinen generellen Vorrang des Persönlichkeitsrechts.

Die Gerichte hätten zwischen dem Grundrecht auf Meinungsfreiheit und dem Persönlichkeitsrecht abwägen müssen, entschieden die Karlsruher Richter. Dabei komme es darauf an, inwieweit die Tatsachenbehauptung mit Recherchen sorgfältig unterfüttert wurde. Die damit verbundene Sorgfaltspflicht richte sich nach dem Einzelfall und sei für eine Presseberichterstattung strenger als für Äußerungen von Privatpersonen.