Grüne legen Entwurf zur Entschädigung verurteilter Schwuler vor

Grüne legen Entwurf zur Entschädigung verurteilter Schwuler vor
Rund 50.000 Männer wurden wegen ihrer Homosexualität in der Bundesrepublik verurteilt und haben dafür bis heute keine Entschädigung erhalten. Möglichst viele von ihnen sollen sie in ihrem hohen Alter noch erhalten, fordern die Grünen.

Essen (epd). Die Grünen wollen eine zügige Entschädigung für Männer erreichen, die in der Nachkriegszeit wegen ihrer Homosexualität verurteilt worden sind. Es sei ein "monströser Schandfleck unseres Rechtsstaates", dass eine Rehabilitierung von Opfern des sogenannten Schwulenparagrafen weiter ausstehe, heißt es in dem Gesetzentwurf der Bundestagsfraktion, der dem Evangelischen Pressedienst (epd) vorliegt und über den zuerst die Zeitungen der Funke Mediengruppe (Montagsausgaben) berichteten.

Ziel sei eine eine individuelle und eine kollektive Entschädigung, erklärte die rechtspolitische Sprecherin Katja Keul dem epd. Als Anerkennung für das erlittene Unrecht sollen in Deutschland verurteilte Schwule "in einem unbürokratischen Verfahren eine einmalige Zahlung sowie eine dauerhafte Rente erhalten können". Dies solle über einen Fonds finanziert werden, sagte Keul.

Schnelle Entschädigung

Darüber hinaus werde ein kollektiver Entschädigungsausgleich angestrebt, etwa durch Maßnahmen der historischen und gesellschaftlichen Aufarbeitung. Keul betonte, dass es zudem nicht nur um die Verurteilten nach Paragraf 175 gehe. Das Gesetz müsse auch diejenigen bedenken, "die nicht verurteilt wurden, aber wegen des strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens ihre Arbeit oder ihre Wohnung verloren haben".

Trotz des hohen Alters vieler Betroffener haben die Grünen ihren Gesetzentwurf jedoch bewusst noch nicht vor der Sommerpause in den Bundestag eingebracht. Ein überparteilicher Konsens in dieser Frage sei sehr wichtig, erklärte Keul. Bis zum Ende der Sommerpause sollten jedoch die Weichen zu einer schnellen Entschädigung gestellt werden.

Die Linksfraktion im Bundestag begrüßte die Initiative ausdrücklich, verwies aber zugleich auf einen eigenen Gesetzentwurf. Dieser sei in Absprache mit Mitgliedern aller Fraktionen zunächst der überfraktionellen LGTBI-Abgeordnetengruppe zugesandt worden, sagte der queerpolitische Sprecher, Harald Petzold, dem epd. Die Lesbisch-Schwulen-Bisexuellen-Transgender-Gruppe bestehe seit 2014 und befinde sich in einem intensiven Dialog über die Ausgestaltung eines Entschädigungsgesetzes, etwa mit dem Bundesverband schwuler Senioren. "Das Vorpreschen einer Oppositionspartei allein erscheint uns in der Sache derzeit nicht hilfreich", sagte Petzold.

Eigener Gesetzenentwurf

Aus Kreisen der Union hieß es, man wolle sich nach der Sommerpause zum Gesetzentwurf der Grünen positionieren. Derzeit befinde man sich dazu in der internen Diskussion. Ein Sprecher der SPD-Fraktion sagte, der Gesetzesvorschlag der Grünen sei noch nicht im Detail bekannt und könne daher auch noch nicht bewertet werden. Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) hatte im Mai einen eigenen Gesetzentwurf zur Rehabilitierung verurteilter Homosexueller angekündigt. Bislang hat das Ministerium aber nur ein Eckpunktepapier formuliert.

In der Bundesrepublik wurden bis zur Entschärfung des Paragrafen 175 im Jahr 1969 nach Schätzungen rund 50.000 Männer zu teilweise mehrjährigen Haftstrafen verurteilt. Danach wurden noch einmal etwa 3.500 Männer eingesperrt. Endgültig abgeschafft wurde die Regelung erst im Jahr 1994. In der DDR galt der "Schwulenparagraf" bis 1968. Der Paragraf 175 stammt aus der Zeit des Kaiserreichs und wurde 1935 von den Nationalsozialisten verschärft.