Ängste von Kindern vor Terror ernst nehmen

Ängste von Kindern vor Terror ernst nehmen
Nach dem Amoklauf und den Terroranschlägen in Bayern rät die Psychologin Claudia Catani Eltern zur Besonnenheit. Wenn Kinder Ängste haben, sollte die Familie darüber reden.
01.08.2016
epd
epd-Gespräch: Katrin Nordwald

Bielefeld (epd). Die Berichterstattung vom Amoklauf und den Terroranschlägen in Bayern geht auch an Kindern und Jugendlichen nicht spurlos vorbei. Nach Ansicht der Bielefelder Psychotherapeutin Claudia Catani können Eltern ihnen ein Stück der Angst nehmen, indem sie offen und verständnisvoll ihre Fragen beantworten. "Sobald das Thema beim Kind ankommt, sollte sich die Familie zusammensetzen und darüber reden, inwiefern es die eigene Situation betrifft", sagte Catani dem Evangelischen Pressedienst (epd). Sorgen sollten ernst genommen werden: "Die Kinder sollen wissen: Es ist okay, wenn du Angst hast."

Eltern sollten Kinder im Kindergartenalter gar keine Nachrichten schauen lassen, riet Catani. Im Grundschulalter könnten sie altersgerechte Nachrichtensendungen wie "logo!" sehen - allerdings auch nicht allein. Studien nach dem Terrorangriff auf das World Trade Center 2001 und anderen Gewaltakten in den USA hätten gezeigt, dass ein übermäßiger Konsum von Schreckensnachrichten Sorgen und Ängste bei kleinen Kindern, aber auch Jugendlichen steigern kann, erklärte die Expertin für posttraumatische Störungen bei Kindern. "Das gilt besonders für Kinder, die bereits in der Vergangenheit selbst traumatische Erfahrungen gemacht haben oder verstärkt unter Ängsten leiden."

Ein guter Schutzmechanismus

Angst sei allerdings auch ein guter Schutzmechanismus, erklärte Catani. "Aus Angst geht man nicht, ohne zu schauen, auf die vielbefahrene Straße." Aber wenn sich Heranwachsende vor möglichen Gefahren mehr und mehr zurückzögen, sollten die Eltern Selbstvertrauen und Sicherheitsgefühl wieder stärken - etwa, indem sie vieles mit den Kindern unternähmen. Geht das Rückzugsverhalten des Kindes so weit, dass es sich nicht mehr mit Freunden in der Öffentlichkeit treffen oder zur Schule gehen will, sollte nach Catanis Worten professionelle Hilfe hinzugezogen werden.

Auf keinen Fall sollten die Eltern den Kindern ihre Sorgen aufbürden, warnt Catani. Der Amoklauf in München und der vermutlich islamistische Anschlag bei einem Musikfestival in Ansbach erfülle viele Mütter und Väter mit Angst um ihre Kinder. Doch ihnen den Besuch etwa von Festivals zu verbieten oder sie nicht mehr öffentliche Verkehrsmittel nutzen zu lassen, schränke deren Selbstständigkeit und damit auch die persönliche Zufriedenheit ein. "Wir dürfen nicht zu einer Gesellschaft werden, in der jeder jedem misstraut", betonte Catani.