London, Frankfurt a.M. (epd). In Aleppo, Idlib und Umgebung im Norden des Landes verstießen die jeweils herrschenden Milizen reihenweise gegen humanitäres Kriegsrecht, erklärte Amnesty International in einem am Dienstag veröffentlichten Bericht. Einige bewaffnete Gruppen würden trotzdem offenbar von Katar, Saudi-Arabien, der Türkei und den USA unterstützt.
"Viele Zivilisten leben in ständiger Angst, verschleppt zu werden, wenn sie das Verhalten der an der Macht befindlichen bewaffneten Gruppen kritisieren oder gegen die strengen Regeln verstoßen, die einige aufgestellt haben", sagte Philip Luther, Amnesty-Direktor für den Nahen Osten und Nordafrika. "In Aleppo und Idlib haben bewaffnete Gruppen heute freie Hand, bei Straffreiheit Kriegsverbrechen und andere Verstöße gegen internationales humanitäres Recht zu begehen." Es sei schockierend, dass die Rebellen dieselben Foltermethoden anwendeten wie die syrische Regierung.
Amnesty appellierte an die USA, Katar, die Türkei und Saudi-Arabien, die an Syrien-Verhandlungen beteiligt sind, die Rebellen zur Achtung des Kriegsrechts zu drängen. Verweigerten Kämpfer das, sollte jegliche Waffenlieferung gestoppt werden. Amnesty forderte auch den Weltsicherheitsrat zu Sanktionen auf.
Tötungen ohne faires Verfahren
Die Vorwürfe richten sich gegen fünf bewaffnete Gruppen, die Aleppo, Idlib und Umgebung seit 2012 kontrollieren. Dazu gehören die Al-Nusra-Front, die Ahrar-al-Scham und die Al-Schamia-Front, die in den Gebieten unter ihrer Kontrolle ihr eigenes Scharia-System errichtet hätten mit Polizei, Haftzentren und ernannten Richtern, die teilweise den islamischen Rechtskodex Scharia gar nicht kennten.
Amnesty zufolge gibt es Beweise für Tötungen ohne faires Verfahren durch die Al-Nusra- und die Al-Schamia-Front und die ihnen angeschlossenen "Gerichte". Unter den Opfern seien ein 17-Jähriger Homosexueller und eine des Ehebruchs beschuldigte Frau, aber auch Mitglieder syrischer Regierungstruppen, regierungstreuer Milizen und der Terrormiliz "Islamischer Staat". Gefangene zu töten, sei ein Kriegsverbrechen, betonte Amnesty.
Den Angaben zufolge wurden friedliche Aktivisten und humanitäre Helfer verschleppt und gefoltert, aber auch Kinder und Angehörige religiöser und ethnischer Minderheiten wie Christen und Kurden. Andere Aktivisten seien wegen kritischer Facebook-Kommentare bedroht worden. Zwei Radio-Mitarbeiter seien verschleppt worden, weil sie islamfeindliche Musik gespielt hätten.