Karlsruhe (epd). Häftlinge müssen gegen zu wenig Platz in der Zelle vor Gericht klagen können. Da bislang rechtlich ungeklärt ist, wann genau von menschenunwürdigen Haftbedingungen auszugehen ist, muss ihnen dafür Prozesskostenhilfe gewährt werden, entschied das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe in einem am Freitag veröffentlichten Beschluss. (AZ: 1 BvR 3359/14)
Im konkreten Streitfall musste sich ein Häftling in einer bayerischen Justizvollzugsanstalt mit drei weiteren Gefangenen eine 16 Quadratmeter große Zelle inklusive Möblierung und Toilette teilen. Der Gefangene hielt diese über 188 Tage dauernde Unterbringung für menschenunwürdig. Er wollte eine sogenannte Amtshaftungsklage gegen den Freistaat Bayern einlegen, um so eine Entschädigung zu erhalten. Die Haftbedingungen führten zu einem Verlust jeglicher Privatsphäre und zu unzumutbaren Belastungen, die aus dem erzwungenen engen körperlichen Kontakt rührten, argumentierte er.
Vorinstanzen verweigerten Unterstützung
Das Landgericht Augsburg und das Oberlandesgericht München verweigerten die Prozesskostenhilfe. Die Unterbringung sei gerade noch mit den Menschenrechten vertretbar.
Das Bundesverfassungsgericht entschied, dass Prozesskostenhilfe bewilligt werden müsse. Ob eine menschenwürdige Unterbringung vorliegt, hänge von den Gesamtumständen ab. Wie genau dies geprüft wird, sei aber von der Rechtsprechung nicht geklärt. Bei derart ungeklärten Rechtsfragen müsse Prozesskostenhilfe gewährt werden.
EU-Gericht erlaubt Zellengröße von vier Quadratmetern
Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte erlaube eine Grundfläche von vier Quadratmetern Platz pro Gefangenem. Der Bundesgerichtshof habe jedoch betont, dass die Anforderungen des Grundgesetzes höher sind. Offen sei auch, wie sich eine höhere Belegzahl auf geringem Raum und damit auftretende Stress- und Konfliktsituationen auf den Raumbedarf auswirken. Auch weitere Faktoren, wie die Einschlusszeiten spielten bei der Abwägung, ob eine menschenwürdige Unterbringung vorliegt, eine Rolle.