Darmstadt (epd). Der mit 50.000 Euro dotierte Büchner-Preis gilt als herausragende literarische Auszeichnung in Deutschland. Er wird am 5. November in Darmstadt verliehen. Die Akademie "zeichnet einen Autor aus, der das epische Panorama ebenso beherrscht wie die poetische Mikroskopie", lobte die Jury. Beyer "widmet sich der Vergegenwärtigung deutscher Vergangenheit mit derselben präzisen Hingabe, mit der er die Welten der Tiere und Pflanzen erforscht." Der Autor habe in drei Jahrzehnten ein Werk geschaffen, das die Welt zugleich wundersam bekannt und irisierend neu erscheinen lasse.
70 Jahre deutsche Geschichte
Der in Tailfingen/Württemberg geborene Marcel Beyer wuchs in Kiel und Neuss auf und lebt seit 1996 in Dresden. Er studierte Germanistik, Anglistik und Literaturwissenschaft in Siegen und schloss sein Studium 1992 mit einer Arbeit über Friederike Mayröcker ab. Von 1989 bis 2000 gab er gemeinsam mit Karl Riha die Reihe "Vergessene Autoren der Moderne" heraus. Von 1992 bis 1998 veröffentlichte er in der Musikzeitschrift "Spex".
Beyer hat zudem mehrere Poetikdozenturen wahrgenommen, zuletzt im vergangenen Januar und Februar an der Universität Frankfurt am Main. Im April kuratierte der die Veranstaltungsreihe "Sprache und Wissen" im Berliner Haus der Kulturen der Welt.
Sein erster Roman "Das Menschenfleisch", der von Liebe und Erotik und zugleich von der Sprache handelt, erschien 1991. Im selben Jahr legte er auch den Gedichtband "Walkmännin" vor. Weitere Romane sind "Flughunde" (1995), mit dem er einen größeren, auch internationalen Erfolg erzielte, sowie "Spione" (2000) und "Kaltenburg" (2008). Letzterer beschreibt Leben und Arbeiten eines Wissenschaftler und zugleich 70 Jahre deutscher Geschichte.
Beyer veröffentlichte außerdem die Lyrikbände "Falsches Futter" (1997) und "Erdkunde" (2002). Erzählungen und Essays enthalten "Nonfiction" (2003) und "Putins Briefkasten. Acht Recherchen" (2012). Jüngst legte er den Gedichtband "Graphit" (2014) vor. Beyer erhielt zahlreiche Preise, zuletzt 2014 den Kleist-Preis und den Oskar-Pastior-Preis.
Während des Nationalsozialismus ausgesetzt
Der Büchner-Preis ist nach dem in Darmstadt aufgewachsenen Schriftsteller, Naturwissenschaftler und Freiheitskämpfer Georg Büchner (1813-1837) benannt. Er wurde erstmals 1923 vergeben, zunächst nur an Künstler, die aus der hessischen Heimat des Dichters und Sozialrevolutionärs Georg Büchner (1813-1837) stammten oder ihr verbunden waren. In der Nazi-Zeit wurde der Preis nicht verliehen und 1951 in einen allgemeinen Literaturpreis umgewandelt. Preisträger waren unter anderen Carl Zuckmayer (1929), Anna Seghers (1947), Max Frisch (1958), Günter Grass (1965), Peter Handke (1973), Erich Fried (1987), Sarah Kirsch (1996), Wilhelm Genazino (2004) und zuletzt Rainald Goetz (2015).