Brandanschläge von Vorra: Männer wollten Baufirma vor dem Ruin retten

Brandanschläge von Vorra: Männer wollten Baufirma vor dem Ruin retten
Lange Zeit ging die Polizei bei den Brandanschlägen auf drei geplante Asylbewerberheime im mittelfränkischen Vorra von einem ausländerfeindlichen Motiv aus. Nun gab Polizeipräsident Johann Rast bekannt: Zwei Mitarbeiter einer Baufirma, die die Asylunterkünfte sanierte, sollen den Brandanschlag verübt haben - um ihr Unternehmen vor dem Ruin zu retten.
24.06.2016
epd
Von Kathrin Riesterer (epd)

Nürnberg, Vorra (epd). 18 Monate nach der Tat wurden die zwei dringend tatverdächtige Männer festgenommen. Rechtsextreme Motive könne man ausschließen, sagte Rast am Freitag auf der Pressekonferenz im Polizeipräsidium Mittelfranken. Rein wirtschaftliche Erwägungen hätten eine Rolle gespielt. Offenbar wollten die Verdächtigen Schlampereien am Bau vertuschen.

Rast zeigte sich über den Fahndungserfolg erleichtert. Er sei sehr froh für die Bürger von Vorra, betonte der Polizeipräsident. Endlich sei der Verdacht ausgeräumt, "Wutbürger aus den eigenen Reihen" könnten die Brandanschläge begangen haben. Auch der über viele Monate bestehende Verdacht, dass es sich bei den Tätern um Personen aus dem rechtsextremen Milieu handle, sei vom Tisch.

Beide sind in U-Haft

Laut Rast handelt es bei den Tatverdächtigen um zwei Männer im Alter von 42 und 50 Jahren, die mit den Sanierungsarbeiten der Unterkünfte beauftragt waren. Beide sitzen seit Donnerstag in Untersuchungshaft, streiten die Taten laut Rast aber ab. Seinen Angaben nach handelt es sich bei dem 50-Jährigen um den Inhaber der Baufirma, der jüngere sei dessen Mitarbeiter.

Den entscheidenden Ausschlag für den Fahndungserfolg habe ein Zeuge geben, der Ende April den bereits dringend bestehenden Tatverdacht mit seinen "Angaben untermauern konnte", sagte Rast weiter. Im Zuge der Ermittlungen sei aber bereits zuvor bekannt geworden, dass die Firma bei der Renovierung der Flüchtlingsunterkünfte geschlampt habe. Konkret sprach Rast von "unüberbrückbaren bau- und brandschutzrechtlichen Mängeln", die eine Abnahme bis zur Fristsetzung Mitte Dezember 2014 "unmöglich gemacht hätten".

Lange Zeit aber hatte die Öffentlichkeit hinter dem Anschlag einen Zusammenhang mit der Flüchtlingskrise vermutet. So galt der Brand in dem Örtchen Vorra im Dezember 2014 als der Auftakt zu der Serie ausländerfeindlicher Anschläge auf Flüchtlingsunterkünfte in ganz Deutschland. Allein 2015 folgten auf Vorra rund tausend weitere Attacken auf Flüchtlingsunterkünfte. Laut Bundeskriminalamt waren darunter allein 92 Brandstiftungen. Der Verdacht eines rechtsextremen Hintergrundes habe deshalb nahe gelegen, sagte der stellvertretende Leiter der Soko "Vorra", Norbert Ditzel.

Knapp kalkulierte Firma

So hatten Mitglieder der verbotenen rechtsextremen Organisation Freies Netz Süd (FNS) auf einem Grundstück in Vorra Treffen abgehalten. Auch die Hakenkreuz-Schmierereien auf den abgebrannten Gebäuden sowie der Schriftzug "Kein Asylat für Vorra!" stellten sich laut Ditzel aber als falsche Fährte heraus. Die Ermittlungen hätten vielmehr einen Fall von Versicherungsbetrug ergeben.

So war bei einer Besichtigung der Bauaufsicht die mit der Gebäude-Sanierung beauftragte Firma "zur Nachbesserung aufgefordert" worden. Dies hätte die ohnehin schon sehr knapp kalkulierende Firma in den finanziellen Ruin getrieben, sagte Dietzel. Im Falle einer Verurteilung erwartet die Männer laut Oberstaatsanwältin Antje Gabriels-Gorsolke eine Freiheitsstrafe zwischen einem und zehn Jahren.