Rio de Janeiro (epd). Nach über 50 Jahren Krieg ist der Frieden in Kolumbien zum Greifen nah. "Ein Traum wird wahr", sagte Präsident Juan Manuel Santos nach der Einigung auf einen Waffenstillstand mit der Farc-Guerilla. Das am Mittwoch erzielte Abkommen sollte noch am Donnerstag in der kubanischen Hauptstadt Havanna unterzeichnet werden. Die Vereinbarung beendet den längsten Krieg auf dem lateinamerikanischen Kontinent.
Die Ankündigung wurde international begrüßt. Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) nannte sie einen "entscheidenden Durchbruch auf dem Weg zum Frieden". Er bot Kolumbien Unterstützung bei der Aufarbeitung des über 50-jährigen Konflikts und beim Umgang mit Vertriebenen an. Die USA beglückwünschten die kolumbianische Regierung und die Farc zu dem "historischen Schritt". Außenamtssprecher John Kirby äußerte sich optimistisch, dass auch ein Friedensvertrag bald erreicht werde.
Konkreter Zeitplan
Die Vereinbarung umfasst neben einem unbefristeten Waffenstillstand einen konkreten Zeitplan zur Abgabe der Waffen durch die Rebellen. Sie gilt als Voraussetzung für den Abschluss eines umfassendes Friedensabkommens, über das die Regierung und die Farc seit mehr als drei Jahren in Havanna verhandeln. Präsident Santos kündigte jüngst an, der Vertrag werde bis zum 20. Juli unterzeichnet sein. Erst dann tritt auch der Waffenstillstand in Kraft, wie Verteidigungsminister Luis Carlos Villegas im kolumbianischen Sender RCN erklärte. Regierung und Farc hatten sich zu Beginn der Gespräche darauf verständigt, dass einzelne Vereinbarungen erst dann in Kraft treten, wenn Konsens über die gesamte Verhandlungsagenda herrscht.
An der Unterzeichnung des Waffenstillstands am Verhandlungsort in Havanna wollten neben Santos und dem Farc-Chef Rodrigo Londoño alias Timochenko auch UN-Generalsekretär Ban Ki Moon und mehrere lateinamerikanische Staatschefs teilnehmen. Die Vereinbarung sieht vor, dass die Kämpfer an etwa 30 Orten in allen Landesteilen zusammenkommen. Von dort aus soll der Prozess zur Eingliederung der Kämpfer in das bürgerliche Leben organisiert werden. Vereinbart wurden zudem Schutzmaßnahmen für die entwaffneten Rebellen vor rechten Paramilitärs und Todesschwadronen. Die Regierung werde dafür sorgen, dass die Farc eine Partei gründen können, erklärte Innenminister Juan Fernando Cristo.
Jahrzehntelanger Krieg
Davor müssen die Konfliktparteien noch entscheiden, ob die Bevölkerung durch ein Referendum oder eine Verfassungsgebende Versammlung an den Ergebnissen beteiligt werden soll. Das Verfassungsgericht prüft derzeit die Rechtmäßigkeit eines Referendums. Erreicht wurden bereits Einigungen über die juristische Aufarbeitung des Konflikts, die Frage nach der Landverteilung und den Umgang mit dem Drogenhandel.
Seit den 60er Jahren herrscht in Kolumbien ein Krieg zwischen Regierung, mehreren Guerillagruppen und rechtsextremen Paramilitärs, bei dem mehr als 300.000 Menschen getötet und rund sieben Millionen weitere vertrieben wurden. In vielen Teilen Kolumbiens sind nach wie vor Guerillagruppen, rechte Paramilitärs und bewaffnete Banden aktiv.