Fünf Jahre Haft für früheren SS-Wachmann

Fünf Jahre Haft für früheren SS-Wachmann
Reinhold Hanning war Teil einer grausamen Tötungsmaschinerie. Dafür hat das Landgericht Detmold den früheren Auschwitz-Wachmann jetzt zu fünf Jahren Haft verurteilt.

Detmold (epd). Der frühere SS-Wachmann Reinhold Hanning ist am Freitag in Detmold wegen Beihilfe zum Mord zu fünf Jahren Haft verurteilt worden. Das Gericht sprach den heute 94-Jährigen wegen Beihilfe in mindestens 170.000 Fällen für schuldig. Die Schwurgerichtskammer des Landgerichts Detmold sah es als erwiesen an, dass Hanning in seiner Funktion als Wachsoldat im Konzentrationslager Auschwitz in der Zeit von Januar 1943 bis Juni 1944 dazu beigetragen hat, dass die tausendfachen Morde geschehen konnten. (AZ: 4 Ks - 45 Js 3/13 - 9/15). Gegen das Urteil ist eine Revision beim Bundesgerichtshof möglich.

Hanning sei durch seine zweieinhalbjährige Dienstzeit im Vernichtungslager Auschwitz Teil der grausamen Tötungsmaschinerie gewesen, sagte Richterin Anke Grudda in der Urteilsbegründung. Der frühere Wachmann habe sich durchaus versetzen lassen können, ohne persönliche Konsequenzen für sich befürchten zu müssen, erklärte Grudda. Zudem habe er sich in dem Lager frei bewegen können und über Jahre zugesehen, wie Menschen verhungerten, vergast und erschossen wurden. Eine Mittäterschaft habe nach Ansicht der Kammer jedoch nicht nachgewiesen können.

Hanning schweigt zum Urteil

Das Urteil blieb ein Jahr unter der Forderung der Staatsanwaltschaft. Hanning nahm den Richterspruch schweigend zur Kenntnis. Der frühere Wachmann hatte in dem Verfahren vor dem Detmolder Landgericht zwar eingeräumt, von Massenmorden im Konzentrationslager Auschwitz gewusst zu haben. Er erklärte, dass er bereue, einer Organisation angehört zu haben, die für den Tod vieler unschuldiger Menschen verantwortlich gewesen sei. Eine Beteilung an den Morden bestritt er jedoch.

Der Verteidiger Hannings teilte mit, dass eine Revision erwogen werde. Eine Entscheidung dazu werde nach Analyse der Urteilsbegründung fallen. "Möglicherweise gibt es aber auch gut Gründe, den Prozesse zeitnah zu beenden", sagte er.

In dem Verfahren waren an 20 Prozesstagen zahlreiche Zeitzeugen vernommen worden, die den Vorgang der Selektion der ankommenden Menschen an der Eisenbahnrampe in Auschwitz erlebt hatten und in eindringlichen Worten schilderten.

Opfer: Strafe ist moralische Pflicht

Mehrere Auschwitz-Überlebende hatten am Donnerstag eine Verurteilung Hannings gefordert. Frühere Verantwortliche für den NS-Terror müssten auch im höheren Alter für ihre Taten büßen, heißt es in einer von 23 Holocaust-Überlebenden unterzeichneten Erklärung. "Diese Bestrafung ist eine moralische Pflicht der gesamten zivilisierten Menschheit".

In dem am 11. Februar eröffneten Prozess war einer der letzten noch lebenden mutmaßlich Verantwortlichen für Verbrechen der Nationalsozialisten angeklagt. Im vergangenen Jahr war der frühere SS-Mann Oskar Gröning vom Lüneburger Landgericht wegen Beihilfe zum Mord in mindestens 300.000 Fällen im KZ Auschwitz-Birkenau zu vier Jahren Gefängnis verurteilt worden. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Die Anwälte beider Seiten haben Revision vor dem Bundesgerichtshof (BGH) beantragt. Ein weiterer ehemaliger Auschwitz-Wachmann starb im April im Alter von 93 Jahren wenige Tage vor seinem Prozess vor dem Landgericht Hanau.