TV-Tipp: "Das letzte Wort" (Arte)

TV-Tipp: "Das letzte Wort" (Arte)
17.6., Arte, 20.15 Uhr: "Das letzte Wort"
Die Geschichte beginnt mit einem Mord; also ein Krimi? Eher nicht, denn die Suche nach dem Mörder scheint sich schon recht bald zu erübrigen. Stattdessen wird ein vermeintlich unbescholtener Bischof mit dem Tode bedroht; also ein Thriller? Doch die Handgranate entpuppt sich als Attrappe, die wahren Waffen in diesem Duell zwischen dem Geistlichen und seinem weltlichen Gegenspieler sind die Wörter.

"Das letzte Wort" ist ein Film von Didi Danquart und somit von vornherein alles andere als ein erwartbarer Fernsehfilm, in dem die Polizei die Ordnung wiederherstellt. Schon sein letztes Werk, der Kinofilm "Bittere Kirschen", war eine Reise in die Vergangenheit, und auch Bischof Lorenz wird mit der eigenen Geschichte konfrontiert. Das wird ihm allerdings erst später klar. Zunächst hat er allen Grund zu glauben, dass sein Leben in Gefahr ist: Tags zuvor ist im gemeinsamen Elternhaus sein Bruder ermordet worden. Der Täter hat zwar die Kopie einer kostbaren Marienstatue geraubt, doch Lorenz ist überzeugt, dass die Tat eigentlich ihm galt; und dass es sich bei dem Mann, der sich als LKA-Beamter ausgegeben hat, um den Mörder seines Bruders handelt, der nun auch ihn erschießen will. Aber warum?

Thomas Thieme verkörpert in seinen Film- und Fernsehrollen meist Menschen, die das Gesetz des Handelns bestimmen. Umso reizvoller ist es, ihn nun als Getriebenen zu sehen: Lorenz ruht zwar in seinem Glauben, hat aber natürlich trotzdem Angst um sein Leben. Vor allem jedoch will er wissen, warum ihn der junge Mann bedroht. Und so muss dieser großartige Schauspieler, dessen charismatisches Wirken sonst so oft aus seiner schieren Präsenz resultiert, diesmal zu anderen Mitteln greifen, weil seine Figur eine Grenzerfahrung durchmacht: Lorenz brüllt, schwitzt und leidet. Gleiches gilt für seinen Gegenspieler (Shenja Lacher), denn er will eine ungewöhnliche Rechnung begleichen: Lorenz hat ihm einst ungefragt das Leben gerettet. Dass sich dies ungebetene Rettung ausgerechnet nun wiederholt, ist eines der vielen Details, die belegen, wie raffiniert Paul Hengge sein Drehbuch konstruiert hat.

Doch "Das letzte Wort" ist auch darüber hinaus ausgesprochenes Anspruchsfernsehen. Die beiden Hauptfiguren stehen in einem ständigem Dialog, der über weite Strecken moraltheologische, philosophische sowie kirchenkritische Fragen behandelt, und die Handlung trägt sich fast ausschließlich im Wohnzimmer des Hauses zu; dabei entsteht auch dank der Bildgestaltung durch Johann Feindt eine derart hohe Intensität, dass die gelegentlichen Kurzausflüge des Films ins Büro der zuständigen Ermittler (Anna Stieblich, Wolfram Koch) je nach Betrachtungsweise wie Erholungspausen oder wie Unterbrechungen wirken. Großen Anteil an der Wirkung des Films hat zudem das Sounddesign (Christiane Petri, Mike Alles), das den Bildern mit Hilfe kaum wahrnehmbarer Geräusche zusätzliche Bedeutungen verleiht.

Die verbale Auseinandersetzung zwischen den beiden Männern kann man durchaus als Verhör betrachten, insofern ist "Das letzte Wort" tatsächlich ein Krimi, der zudem Züge eines Thrillers trägt, auch wenn Dankquarts verdichtete Umsetzung eher subkutane Spannung als Gänsehaut hervorruft. Vor allem aber ist der Film das fesselnde Psychogramm zweier Männer, deren Rollen im Verlauf der Handlungen immer wieder wechseln, weil sie beide Täter wie Opfer sind; auch wenn der grimmige Epilog selbst diese Erkenntnis noch revidiert.