Keine Mehrheit für befristete Zulassung von Glyphosat auf EU-Ebene

Keine Mehrheit für befristete Zulassung von Glyphosat auf EU-Ebene
Der Einsatz des umstrittenen Unkrautvernichtungsmittels Glyphosat bleibt in der EU für die Zeit nach dem 31. Juni weiter ungewiss.

Brüssel, Berlin (epd). Die Mitgliedsstaaten konnten sich am Montag in Brüssel nicht auf eine befristete Zulassungsverlängerung des Pflanzengifts um bis zu 18 Monate einigen, wie eine Sprecherin des Bundesumweltministeriums in Berlin mitteilte. Die Bundesregierung enthielt sich in Brüssel der Stimme, weil man sich in der Koalition auf keine gemeinsame Linie hatte einigen können.

Im zuständigen Expertengremium gab es keine qualifizierte Mehrheit für den Vorschlag der EU-Kommission, die nun den Vermittlungsausschuss angerufen hat. Aus Diplomaten-Kreisen hieß es, 20 Mitgliedsstaaten hätten für eine Verlängerung gestimmt. Bei einer Gegenstimme und sieben Enthaltungen sei so die benötigte Mehrheit verfehlt worden.

Unterschiedliche Ergebnisse wissenschaftlicher Studien

Sollten sich die EU-Länder bis Ende des Monats nicht auf eine befristete Verlängerung der Zulassung verständigen können, würde diese Ende Juni auslaufen. Die Mitgliedsstaaten wären dann dazu angehalten, alle Glyphosat-haltigen Produkte zu verbieten.

Nachdem die EU-Kommission schon am 19. Mai in einer ersten Abstimmung keine qualifizierte Mehrheit für eine Neuzulassung um neun Jahre erhalten hatte, hatte sie eine befristete Zulassungsverlängerung des Pestizids vorgeschlagen. In dieser Zeit sollten weitere Untersuchungen zur Auswirkung des Unkrautvernichters angestellt werden. Wissenschaftliche Studien waren in der Vergangenheit zu unterschiedlichen Ergebnissen über die Unbedenklichkeit des Pflanzengifts gekommen.

Die große Koalition hat sich bislang auf keine gemeinsame Linie in der Frage einigen können. Die SPD lehnt eine weitere Zulassung von Glyphosat ab und begründet dies mit der Unklarheit über die gesundheitlichen Auswirkungen des Gifts, das vor allem in der Landwirtschaft eingesetzt wird. Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt (CSU) und die Union sind für eine Neuzulassung. Schmidt hatte immer wieder betont, dass Glyphosat laut einer Vielzahl von Studien bei sachgerechter Anwendung keine Gefahr für den Menschen darstelle.

Greenpeace gegen Neuzulassung

Bundesumweltministerin Barbara Hendricks (SPD) lobte die Entscheidung am Montag. Viele Mitgliedstaaten wollten erst die Frage der Krebsrisiken geklärt sehen, bevor Glyphosat weiter auf den Äckern eingesetzt werden dürfe, sagte sie. "Wir müssen dem Einsatz von Chemikalien in der freien Landschaft verantwortungsvolle Grenzen setzen", sagte die Ministerin.

Agrarminister Schmidt hatte vor der Entscheidung in Brüssel erneut scharfe Kritik an der ablehnenden Haltung des Koalitionspartners geübt. Er sehe es "mit Sorge, dass in einer solchen Frage Politik nach Belieben betrieben wird und nicht auf der Basis wissenschaftlicher Erkenntnisse", sagte der CSU-Politiker der Tageszeitung "Rheinische Post" (Montagsausgabe).

Die Verbraucherorganisation "foodwatch" reagierte erfreut auf die Nachricht aus Brüssel. Die Debatte um Glyphosat müsse endlich beendet werden, sagte Organisationssprecher Andreas Winkler. "Solange die wissenschaftlichen Zweifel an der Sicherheit nicht widerlegt sind, darf Glyphosat keine neue Zulassung erteilt werden."

Die Umweltorganisation Greenpeace verurteilte die Abstimmung grundsätzlich als "Verrat am europäischen Vorsorgeprinzip". Wirkstoffe wie Glyphosat dürften keine Zulassung erhalten, bis ihre Unschädlichkeit zweifelsfrei nachgewiesen ist, sagte Landwirtschaftsexpertin Christiane Huxdorff. Die Kommission gehe vor einer Industrie in die Knie, die allein in Deutschland mit Pflanzengiften knapp 1,6 Milliarden Euro Profit mache.