Berlin (epd) Die Zahl der Flüchtlinge aus den Maghreb-Staaten Algerien, Marokko und Tunesien ist drastisch zurückgegangen. Während im Januar noch 3.356 Einreisen registriert wurden, waren es im Februar nur noch 599 und im März 480, wie aus einer Stellungnahme des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge an den Bundestagsinnenausschuss hervorgeht. Der Ausschuss wollte am Montag über die geplante Aufnahme der Länder in die Liste sicherer Herkunftsstaaten beraten. Menschenrechtsorganisationen machten in ihren Stellungnahmen deutlich, dass sie das Gesetz für falsch halten.
Sechs Balkan-Staaten als sicher eingestuft
Mit der Einstufung als sicher können Asylanträge aus diesen Ländern in beschleunigten Verfahren behandelt und einfacher als "offensichtlich unbegründet" abgelehnt werden. Im Zuge der Asyl-Debatte stufte die Koalition bereits sechs Balkan-Staaten als sicher ein. Durch den Rückgang der Asylbewerberzahlen von dort fühlt sie sich bestätigt, auch die Maghreb-Staaten in die Liste aufzunehmen.
Sie argumentiert, nur ein Bruchteil der Asylanträge von Flüchtlingen aus den Ländern werde positiv beschieden. Laut Bundesamt lag die Anerkennungsquote für alle drei Länder im ersten Quartal bei 0,7 Prozent, im Jahr 2015 allerdings noch bei 2,1 Prozent.
Dass die Zahl der Flüchtlinge aus Tunesien, Marokko und Algerien zurückgegangen ist, führt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge bereits auf die Diskussion um die Einstufung der Länder zurück. Sie habe zu einer "spürbaren Reduzierung bei den Neuzugängen geführt", heißt es in der Stellungnahme. Die Behörde plädiert darin für eine Annahme des Gesetzes, da die Konsequenzen "nachhaltig eine abschreckende Wirkung entfalten" würden. Als Beispiel nennt das Bundesamt die Möglichkeit, Betroffene in den speziellen Aufnahmeeinrichtungen aufzunehmen, sie mit einer verschärften Wohnsitzauflage zu belegen, den Leistungsbezug einzuschränken und Arbeitsverbote auszusprechen.
Kritik von Menschenrechtlern
Menschenrechtsorganisationen kritisieren die Pläne scharf und appellieren an den Bundestag, das Gesetz abzulehnen. In ihren Stellungnahmen an den Ausschuss verwiesen Amnesty International, Pro Asyl, Deutsches Institut für Menschenrechte und der Schwulen- und Lesbenverband unter anderem auf die Einschränkungen für Oppositionelle und Journalisten in den Ländern, Berichte über Foltermethoden und die schwierige Lage von Homosexuellen. Mit beschleunigten Verfahren drohten "schwerwiegende Fehlentscheidungen", erklärte Pro Asyl. Es sei zu befürchten, dass Menschen in eine Verfolgungssituation abgeschoben werden.
Abschiebungen in diese drei Länder waren aufgrund mangelnder Bereitschaft aufseiten der Staaten in der Vergangenheit schwierig. In den vergangenen Monaten bemühten sich Bundesinnen- und Außenministerium um mehr Rücknahmebereitschaft. Laut Bundesamt zeigt dies bereits Wirkung. Von Januar bis Ende März wurden nach dessen Angaben 153 Marokkaner, Algerier und Tunesier aus Deutschland abgeschoben, im Gesamtjahr 2015 waren es 437. Freiwillig aus Deutschland ausgereist sind demnach 44 Menschen aus diesen Staaten (2015: 77).