Hannover/Brüssel (epd) Die ersten Syrer, die im Rahmen des umstrittenen EU-Türkei-Flüchtlingspaktes nach Deutschland geholt werden, sind angekommen. Zwei Flugzeuge aus der Türkei mit insgesamt 32 Flüchtlingen landeten am Montag in Hannover. Von dort wurden die Familien mit Bussen ins Grenzdurchgangslager Friedland gebracht. Zugleich wurden Migranten von Griechenland in die Türkei zurückgebracht, was unter anderem bei der evangelischen Kirche und dem UNHCR Bedenken auslöste.
Auf andere Kommunen verteilt
Der erste Bus mit 16 Syrern erreichte am Montagmittag das Lager. Die Flüchtlinge seien sehr erschöpft und hätten im Bus die meiste Zeit geschlafen, sagte ein Dolmetscher. Nur wenige Stunden später landete das zweite Flugzeug. Die in Istanbul gestartete Maschine hatte weitere drei Familien an Bord. Mitarbeiter des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge, des Technischen Hilfswerks und der Bundespolizei nahmen sie in Empfang. Der Leiter des Aufnahmelagers sagte, die Flüchtlinge blieben 14 Tage in Friedland und würden dann auf andere niedersächsische Kommunen verteilt. Laut EU landeten elf weitere syrische Flüchtlinge aus der Türkei in Finnland.
Bei der Aufnahme der Syrer in der EU handelt es sich um die eine Seite des am 18. März in Brüssel getroffenen EU-Türkei-Abkommens. Die andere Seite betrifft die Rückführung von Migranten, die irregelär nach Griechenland eingereist sind, in die Türkei. So sollen die Menschen davon abgeschreckt werden, sich mithilfe von Schleppern auf den Weg in die EU zu machen.
In diesem Rahmen wurden am Montag nach Angaben der Grenzschutzagentur Frontex 202 Menschen von den griechischen Inseln Lesbos und Chios mit Fähren in die Türkei zurückgefahren. Nach Angaben der EU-Kommission gab es dabei keine Zwischenfälle. Die Menschen landeten später im türkischen Dikili.
Die ersten Rückführungen in die Türkei waren dies nicht. Schon in den vergangenen Wochen waren immer wieder Migranten, die entweder erst gar keinen Asylantrag gestellt hatten oder deren Antrag abgelehnt wurde, aus Griechenland in die Türkei zurückgebracht worden.
Chaotische Situation
Ab Montag sollte ursprünglich noch eine dritte Gruppe zurückgeführt werden: Menschen, deren Asylantrag gar nicht erst inhaltlich geprüft, sondern schon zuvor mit dem Argument als unzulässig abgelehnt wurde, dass sie auch in der Türkei sicher seien. Dies beträfe insbesondere Syrer. Am Montag war allerdings zunächst unklar, ob unter den Rückgeführten auch Syrer waren. Der griechischen staatlichen Agentur ANA-MPA zufolge stammten die meisten Migranten aus Bangladesch und nordafrikanischen Ländern. Eine EU-Sprecherin sagte, keiner der am Montag Zurückgeführten habe einen Asylantrag gestellt.
Dessen ungeachtet wurden die Rückführungen kritisiert. Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Heinrich Bedford-Strohm, erklärte gegenüber dem Evangelischen Pressedienst (epd), es existierten zum Beispiel "offensichtlich noch nicht" die notwendigen Voraussetzungen, um geordnete rechtsstaatliche Verfahren zu gewährleisten. "Das alles deutet nicht darauf hin, dass die jetzt praktizierte Regelung gegenwärtig den geforderten humanitären und rechtlichen Standards genügt."
Das UN-Flüchtlingshilfswerk UNHCR machte geltend, dass viele Menschen in Griechenland Asyl beantragen wollten. Wegen Personalmangels und der chaotischen Situation auf den griechischen Inseln sei aber unklar, ob sie eine Chance dazu hätte, sagte ein Sprecher.