Anwaltverein: Rechtliche Lage in Moria "unerträglich"

Anwaltverein: Rechtliche Lage in Moria "unerträglich"
Der Deutsche Anwaltverein dringt auf einen Zugang für Anwälte im griechischen Flüchtlingslager Moria auf Lesbos. Sie will dort eine Rechtsberatung für Flüchtlinge aufbauen.
31.03.2016
epd
epd-Gespräch: Corinna Buschow

Berlin, Mytilini (epd) "Die Situation der Menschen, die mittlerweile in Moria interniert sind, ist unerträglich", sagte Hauptgeschäftsführer Cord Brügmann dem Evangelischen Pressedienst. Die Menschen suchten nicht nur Schutz, sondern auch Recht. "Das bekommen sie im Moment nur schwerlich, weil die Situation völlig verworren ist", sagte Brügmann, der sich derzeit auf Lesbos aufhält. Gemeinsam mit anderen europäischen Anwaltorganisationen will sein Verein eine Rechtsberatung im Lager Moria auf die Beine stellen.

Verfahrensfragen ungeklärt

Im Flüchtlingslager Moria werden Asylsuchende festgehalten, die über das Meer nach Griechenland kommen. Nach dem EU-Türkei-Abkommen sollen sie nach Einzelfallprüfungen wieder zurück in die Türkei geschickt werden. Bleiben können sie demnach nur, wenn sie dort verfolgt würden.

Trotz dieser grundsätzlichen Vereinbarung sind laut Brügmann noch viele juristische Fragen offen. "Es herrscht völlige Ungewissheit, wie nach dem EU-Türkei-Deal die Situation rechtlich aussehen wird", sagte er. Auch Verfahrensfragen seien ungeklärt. "Man weiß beispielsweise noch nicht, welche Behörde für Widersprüche gegen Ablehnungsbescheide zuständig ist", sagte Brügmann.

Für das gemeinsame Projekt von Anwaltverein und anderen europäischen Juristenorganisationen sollen nach seinen Worten jeweils zwei bis sechs Anwälte für eine kurze oder mittellange Zeit vor Ort sein, um Flüchtlinge zu beraten. "Das ist nicht mehr als ein Tropfen auf den heißen Stein", sagte er. Die Anwälte sollen mit anderen Organisationen zusammenarbeiten, die die dringlichsten Fälle nennen können.

Menschen warten auf Entscheidung

Noch fehle die Erlaubnis des griechischen Migrationsministeriums für eine Beratung im Lager Moria, erklärte Brügmann. Wenn diese vorliege, soll das Projekt Mitte oder Ende April starten. Es sei wichtig, in allen Verfahren minimale Rechtsstaatsstandards zu wahren, betonte er. Die europäischen Regierungen hätten mehrere tausend Polizisten und Asylexperten nach Griechenland geschickt, Deutschland allein 200 Bundespolizisten und 100 Asylexperten. "Um Rechtspflege rechtsstaatlich zu machen, braucht es unbedingt auch Anwälte, damit die Menschen, um die es geht, nicht nur Objekte einer politischen Vereinbarung sind", sagte er.

Der Hauptgeschäftsführer des Anwaltvereins ist zum zweiten Mal als freiwilliger Helfer auf Lesbos. Brügmann sagte, die humanitäre Lage in Moria erscheine derzeit in Ordnung, könne sich aber verschärfen, da allein am Dienstag nach UNHCR-Angaben wieder 450 Menschen neu angekommen seien. "Insgesamt warten jetzt 2.300 Menschen in Moria auf eine Entscheidung, manche von ihnen bereits seit Inkrafttreten des Abkommens vom 20. März", sagte Brügmann.