Die Mitwirkung Heike Makatschs ist ebenfalls außer für Makatsch-Fans kein Einschaltgrund. Sie verkörpert eine äußerlich emotional reservierte Kriminalkommissarin, deren Charakterisierung allerdings wirkt, als hätten sich Redaktion, Autor (Thomas Wendrich) und Hauptdarstellerin überlegt, welche weiblichen Merkmale unter den "Tatort"-Kolleginnen noch nicht verteilt worden sind: Wie wär’s denn mal mit einer Heldin, die lange im Ausland war und ihre Tochter Nina in dieser Zeit bei der Oma deponiert hat? Nun kehrt sie nach 15 Jahren, in denen sie das Kind offenbar nicht gesehen hat, in die Heimat zurück, und weil sie wieder schwanger ist, schwant der Mutter (Angela Winkler), sie wolle das nächste Baby bei ihr abgeben. Warum Ellen Berlinger für das BKA in London war, wird ebenso wenig verraten wie der Grund für ihre selbstgewählte Kontaktsperre; der SWR lässt sich mutmaßlich ein Hintertürchen für eine Fortsetzung offen. Übrigens empfängt die verschmähte Nina ihre Mutter ohne jeden Groll. Die junge Emilia Bernsdorf hat zuletzt in der "Inga Lindström"-Romanze "Liebe deinen Nächsten" sowie kürzlich einer Episode der Krimireihe "Unter anderen Umständen" ("Das Versprechen") Glanzlichter gesetzt und verleiht auch hier einer kleinen Rolle mit wenigen Auftritten große Konturen.
Jugendliche suchen Ohnmachts-Kick
Die Geschichte von Mutter und Tochter birgt ohnehin mehr Potenzial als die eigentliche Handlung: Ein Mitarbeiter des Arbeitsamts ist an seinem Schreibtisch mit einem Kabelbinder erdrosselt worden. Er war korrupt und hat die Mieten einiger Klienten nicht mehr überwiesen, sodass der Vermieter ihnen kündigen konnte, um das Haus für potentere Kunden sanieren zu können. Parallel zur Mördersuche zeigt der Film immer wieder Jugendliche, die einem seltsamen Hobby frönen: Sie unterbrechen die Blutzufuhr zum Gehirn, sodass sie kurzzeitig das Bewusstsein verlieren. Auf diesen Ohnmachts-Kick bezieht sich auch der Titel, und selbstredend ist nicht nur die verwandte Todesart ein überdeutlicher Hinweis darauf, dass der Mörder nicht unbedingt unter den Klienten des Jobcenters zu suchen ist.
Vermutlich sollen die Ausflüge in das bedauernswerte Milieu dieser zum Teil reichlich sonderbaren Menschen den Film von anderen Sonntagskrimis absetzen, aber tatsächlich widersprechen die entsprechenden Szenen in erster Linie dem Freiburg-Klischee als Öko-Biotop, in dem alle einen Platz an der Sonne bekommen. Immerhin haben sich die Verantwortlichen einiges einfallen lassen, um die prekären Lebensbedingungen zu illustrieren. Am Ende ergießen sich wahre Sturzbäche durch die unteren Etagen des maroden Hauses.
Tilmann P. Gangloff, Diplom-Journalist und regelmäßiges Mitglied der Jury für den Grimme-Preis, schreibt freiberuflich unter anderem für das Portal evangelisch.de täglich TV-Tipps und setzt sich auch für "epd medien" mit dem Fernsehen auseinander. Auszeichnung: 2023 Bert-Donnepp-Preis - Deutscher Preis für Medienpublizistik (des Vereins der Freunde des Adolf-Grimme-Preises).
Leider war nach der Verpflichtung Makatschs offenbar nicht mehr genug Geld vorhanden, um weitere gestandene Schauspieler zu engagieren. Gerade die Kollegen der Kommissarin wirken wie eine ebenso ehrgeizige wie limitierte Laienspielschar. Regisseurin Katrin Gebbe besaß zuvor keinerlei Fernsehfilmerfahrung, hat dank ihres Kinodebüts "Tore tanzt" allerdings einen Festivalerfolg vorzuweisen. "Fünf Minuten Himmel" ist jedoch ähnlich spannend und temporeich wie der gern betuliche Bodensee-"Tatort" des SWR, den der Sender abgesetzt hat, um ihn in den nächsten Jahren durch Krimis aus Freiburg zu ersetzen; die sind dann hoffentlich beschwingter als dieses unterm Strich ziemlich freudlose Makatsch-Solo, das sich immerhin durch eine interessante elektronische Musik (Johannes Lehninger) auszeichnet. Ansonsten sorgt die akustische Ebene eher für Missstimmung, weil die Figuren ihre Dialoge allzu demonstrativ in einem Dialekt vortragen müssen, der nicht bei allen Darstellern authentisch klingt.