Berlin (epd) Das Vorschreiben des Wohnortes sei ein schwerer, unverhältnismäßiger Eingriff in das Recht auf Freizügigkeit, das die Betroffenen bei der Lebensgestaltung erheblich einschränke, heißt es in einer Stellungnahme des Deutschen Instituts für Menschenrechte, das dem Evangelischen Pressedienst (epd) vorliegt, und am Dienstag veröffentlich werden soll. Die Bundesregierung sollte von dem Vorhaben Abstand nehmen, heißt es im Fazit des Gutachtens.
Die große Koalition will eine Wohnsitzauflage für anerkannte Flüchtlinge einführen, um auf die Weise mögliche Sozialleistungen fair unter den Kommunen zu verteilen und Ghettobildungen vorzubeugen, weil es Flüchtlinge vor allem in die großen Städte zieht. Durch ein kürzliches Urteil des Europäischen Gerichtshofs sieht sich das Bundesinnenministerium bestätigt und arbeitet seitdem an einem Gesetzentwurf.
"Ein ernstes Integrationshindernis"
Die Luxemburger Richter urteilten, dass Wohnsitzauflagen grundsätzlich gegen EU-Recht verstoßen und auch nicht mit Sozialausgaben begründet werden können. Der Zwang zu einem bestimmten Wohnort kann demnach aber bei Integrationsproblemen erlaubt sein.
Das Menschenrechtsinstitut hält Wohnsitzauflagen aber auch unter diesem Aspekt für ungeeignet. Sie hinderten Betroffene daran, eine Wohnung zu finden oder Arbeit aufzunehmen. Die Aufrechterhaltung familiärer oder freundschaftlicher Bindungen werde erschwert oder sogar unmöglich gemacht. "Sie sind damit ein ernstes Integrationshindernis", argumentiert Institutsmitarbeiter Hendrik Cremer.
Er sieht in den Auflagen nicht nur einen Verstoß gegen die Genfer Flüchtlingskonvention, sondern auch gegen die Europäische Menschenrechtskonvention. Wohnsitzauflagen gibt es bislang für Flüchtlinge im Asylverfahren. Mit der Anerkennung und damit einem oft auf Dauer angelegten Aufenthalt erlischt sie aber. Die Bundesregierung will vor dem Hintergrund der hohen Flüchtlingszahlen nun auch ihnen den Wohnort vorschreiben. Im Gespräch war zuletzt, eine solche Regelung zeitlich zu befristen.