TV-Tipp: "Tatort: Kleine Prinzen" (ARD)

TV-Tipp: "Tatort: Kleine Prinzen" (ARD)
13.3., ARD, 20.15 Uhr: "Tatort: Kleine Prinzen"
Vor rund eineinhalb Jahren gab’s so eine "Tatort"-Geschichte schon mal, damals allerdings aus München: Die beiden Kommissare bissen sich an der Immunität eines Emir-Sprösslings die Zähne aus; der Film hieß "Der Wüstensohn". Der Titel des neuen "Tatort"-Beitrags aus der Schweiz lautet "Kleine Prinzen", aber "Die Wüstensöhne" hätte auch gepasst: Das Luzerner Duo Flückiger und Ritschard (Stefan Gubser, Delia Mayer) würde im Zusammenhang mit einem Mordfall nur allzu gern einen jungen Mann befragen, doch der Bursche ist der Bruder eines arabischen Ministers.

Auch wenn die Konstellation nicht neu ist: Interessant ist sie allemal; theoretisch. Leider fällt die Schweizer Zulieferung zur Traditionsreihe nach Florian Froschmayers herausragendem Selbstjustizthriller "Ihr werdet gerichtet (September 2015) wieder ins unattraktive frühere Schema zurück: Die Schauspieler klingen nicht echt, weil sie nicht in ihrer Muttersprache sprechen, die Umsetzung (Regie: Markus Welter) ist weitgehend spannungsarm, die Figuren sind fast ausnahmslos schlecht gelaunt, die Szenen im Polizeigebäude auch noch düster und farblos. Einziger emotionaler Lichtblick ist das gelegentliche Strahlen von Flückiger, wenn er wieder mal eine SMS seiner neuen Liebschaft erhalten hat; andererseits passen die gefühligen Momente gar nicht zur restlichen Ausrichtung des Films.

Dabei ist die Handlung (Drehbuch: Lorenz Langenegger, Stefan Brunner) gar nicht verkehrt: Ein übermüdeter LKW-Fahrer überfährt auf einer nächtlichen Landstraße ein Mädchen. Bei der Obduktion stellt sich allerdings raus, dass sie schon vorher tot war. Die junge Ava war die Freundin des "kleinen Prinzen" und außerdem Schülerin eines Elite-Internats. Dort galt sie allerdings als Biest: Einen Mitschüler, der mit Rauschgift handelte, hat sie verpfiffen, weshalb er von der Schule geflogen ist. Außerdem hat sie einen Lehrer erpresst, der ein Verhältnis mit ihrer Zimmergenossin hat. Die attraktive junge Frau (Ella Rumpf) ist auch nach ihrem Ableben filmisch noch sehr präsent: Zwischendurch ist immer wieder ein verführerisches Video zu sehen, auf dem sie mit dem Besitzer des Smartphones flirtet.

Die Szenen mit den Jugendlichen sind ohnehin die interessantesten, weil sie halbwegs authentisch sind. Gerade Delia Mayer wirkt nach wie vor nur wie eine Polizistendarstellerin, und auch Gubser ist diesmal nicht immer überzeugend: Der Kommissar muss seine Antipathie gegen Machtmenschen mit besonderer Hingabe ausleben. Gerade die Streitereien mit einem aufgeblasenen Kollegen von der Bundeskriminalpolizei, der ihn zurechtstutzen will, weil er die diplomatische Immunität nicht respektieren will, sind typisches Kindergartengehabe. Ähnlich klischeehaft ist die blasierte Internatsleiterin, die vor allem um den guten Ruf ihres Hauses besorgt ist. Tragischste Figur des Films ist der Vater des Mädchens. Luc Veit spielt ihn beinahe wie einen wandelnden Toten. Der Mann hat schon seine Frau durch Suizid verloren, besitzt nun keinerlei Lebensmut mehr und hat nur noch ein Ziel: Rache für den Tod seiner Tochter.

Raffiniert ist allein die Inszenierung des Schlusses, als beim Geständnis Gegenwart und Vergangenheit nahtlos ineinander übergehen und die Rückblende Teil des Geschehens wird. Auch die elektronische Musik (Jean-Pierre Gerth) ist richtig gut, und die Kriminaltechnikerin (Fabienne Hadorn) hat einige kernige Dialoge à la "Der Lastwagen war nicht ihr einziger Verkehr."