Berlin (epd) Bundesentwicklungsminister Gerd Müller (CSU) hat an die Teilnehmer der Londoner Syrien-Geberkonferenz vom Februar appelliert, den Hilfsorganisationen die zugesicherten neun Milliarden Euro zu überweisen. "Zusagen müssen umgesetzt werden", sagte der CSU-Politiker am Donnerstag in Berlin. Internationale Organisationen wie das Kinderhilfswerk Unicef, das Flüchtlingshilfswerk UNHCR und das Welternährungsprogramm bräuchten Planbarkeit. Das Geld müsse sofort in Projekte vor Ort fließen.
Müller sagte, Deutschland habe die ersten 70 Millionen Euro der in diesem Jahr für Unicef vorgesehenen 265 Millionen Euro bereits angewiesen. Die nächste Rate folge in Kürze. Jeder Euro vor Ort erziele die 30-fache Wirkung dessen, was in Deutschland für Flüchtlinge für ihre Unterbringung und Versorgung aufgebracht werden müsste, betonte der Minister.
Schlimmste humanitäre Katastrophe seit dem Zweiten Weltkrieg
Die Unicef-Koordinatorin für die Syrien-Nothilfe, Genevieve Boutin, beklagte, das Kinderhilfswerk habe insgesamt bislang nur sechs Prozent des Geldes bekommen, das in diesem Jahr für Programme in und um Syrien eingesetzt werden sollte. Nötig wären 1,2 Milliarden Dollar. Neben Deutschland hätten unter anderem Schweden und Australien erste Beträge überwiesen.
Boutin sagte, fünf Jahre nach Beginn des Bürgerkriegs in Syrien habe die Hilfsorganisation alle Superlative verwendet, um die schlimmste humanitäre Katastrophe seit dem Zweiten Weltkrieg zu beschreiben. Für Kinder sei das Bürgerkriegsland der gefährlichste Ort weltweit.
Dem Hilfswerk zufolge sind allein in Syrien 13,5 Millionen Menschen und damit mehr als die Hälfte der Bevölkerung auf Unterstützung angewiesen, davon rund sechs Millionen Kinder und Jugendliche. Schätzungsweise zwei Millionen Kinder in Syrien gingen nicht oder nur selten zur Schule. Jede vierte Schule und damit rund 6.000 Unterrichtsgebäude seien wegen der Kämpfe unzugänglich oder gänzlich zerstört. Andere würden als Notunterkünfte genutzt.
151.000 Kinder als Flüchtling geboren
Von den syrischen Flüchtlingskindern in der Krisenregion könnten mehr als die Hälfte, also über 700.000 Mädchen und Jungen, keine Schule besuchen. Die Aufnahmeländer würden vormittags und nachmittags Unterricht anbieten, damit die syrischen Kinder einen Platz im Klassenraum hätten.
Der Geschäftsführer von Unicef Deutschland, Christian Schneider, führte aus, dass 151.000 Kinder seit Beginn des Bürgerkriegs als Flüchtling geboren worden seien. Millionen junge Syrer hätten "überhaupt nichts anderes mehr als Angst, Flucht, Vertreibung oder Bomben erlebt."
Der syrische Bürgerkrieg eskalierte im März 2011. Er hat die größte Flüchtlingsbewegung seit Ende des Zweiten Weltkriegs ausgelöst. Mittlerweile ist jeder Vierte der rund 22 Millionen Syrer ins Ausland geflohen. Mehr als 250.000 Menschen starben.