Eigentlich sind es zwei Geschichten, die Thomas Kirdorf in seinem Drehbuch zu "Keine Ehe ohne Pause" erzählt. Die erste beginnt, als Susanne Mangold (Inka Friedrich) nach 24 Ehejahren ihren Mann Max (Heino Ferch) verlässt. Sie ist der Meinung, die Lebenswege des Paares verliefen zwar noch parallel zueinander, seien aber durch einen breiten Fluss voller Krokodile getrennt. Susanne ist Jura-Professorin in Berlin, hat einen Ruf für eine einjährige Gastprofessur in Rostock erhalten und nutzt die Gelegenheit, um der aus ihrer Sicht offenkundigen Distanz auch räumlichen Charakter zu verleihen. Da sie ohnehin aus Mecklenburg stammt, bezieht sie ein Zimmer im etwas heruntergekommenen Gasthof ihrer Mutter Greta (Petra Kelling). Hier fühlt sie sich sicher, denn Greta und Max verbindet eine herzliche Abneigung. Aber so leicht lässt sich Max nicht abschütteln: Er fährt der abtrünnigen Gattin hinterher und schlägt kurzerhand sein Lager vor dem Haus auf.
Bestünde "Keine Ehe ohne Pause" nur aus dieser Ebene, die Geschichte wäre vermutlich eine heitere, vielleicht sogar beschwingte Beziehungskomödie geworden. Aber Kirdorf ("Alpenglühen", "Annas Alptraum kurz nach 6") hat für den Freitagsfilm im "Ersten" schon anspruchsvolle Unterhaltung geschrieben, als man bei der ARD-Tochter Degeto Qualität noch eher als Abschreckung empfand. Deshalb hat er eine zweite Ebene eingezogen, die für sich genommen zwar ebenfalls komödiantisches Potenzial hat, aber in Kombination mit Susannes Auszug tragische Folgen nach sich zieht. Max ist Bestsellerautor und leidet nach Susannes Auszug nicht nur unter einer Schreibblockade, er stürzt auch in eine tiefe Identitätskrise: Seit zweieinhalb Jahrzehnten liefert er seinem Verleger (Peter Benedict) Jahr um Jahr einen Roman über die romantischen Abenteuer von Königin Luise, aber weil die Bücher unter dem Pseudonym Jana van Hausten erscheinen, ist es ihm nie vergönnt gewesen, im öffentlichen Applaus zu baden. Sollte er das Geheimnis verraten, droht ihm eine Konventionalstrafe von einer Viertelmillion Euro. Nicht mal seine besten Freunde wissen, dass er in Wirklichkeit keineswegs Susannes "Hauszwerg" ist, wie er sich selbst spöttisch bezeichnet, sondern eine gefeierte Bestsellerautorin.
Tilmann P. Gangloff, Diplom-Journalist und regelmäßiges Mitglied der Jury für den Grimme-Preis, schreibt freiberuflich unter anderem für das Portal evangelisch.de täglich TV-Tipps und setzt sich auch für "epd medien" mit dem Fernsehen auseinander. Auszeichnung: 2023 Bert-Donnepp-Preis - Deutscher Preis für Medienpublizistik (des Vereins der Freunde des Adolf-Grimme-Preises).
Natürlich bietet auch diese Ebene reichlich Stoff für heitere Momente, aber auch sie können nicht kaschieren, dass "Keine Ehe ohne Pause" unterm Strich im Grunde keine Komödie ist. Heino Ferch, zuletzt fast ausschließlich in ernsten Stoffen zu sehen, legt seine Rolle daher auch kaum komisch an. Es gibt witzige Momente, wenn Max beispielsweise beim Verrichten seiner Notdurft im Gebüsch eine unliebsame Begegnung mit einem Wildschwein hat oder von der nichts ahnenden Susanne versehentlich im Kleiderschrank eingesperrt wird, aber im Grunde ist der Schriftsteller eine tragische Figur, und so spielt Ferch ihn auch. Mit Unterstützung der Friseurin Nancy (Karolina Lodyga), einem glühenden Fan seiner Bücher, wagt Max ein kühnes Experiment. Auch wenn die entsprechenden Travestie-Auftritte an Klassiker wie "Manche mögen’s heiß" oder "Charley’s Tante" erinnern: Spätestens jetzt bekennt sich der von Patrick Winczewski inszenierte Film dazu, dass er eigentlich ein Drama ist.