Voßkuhle: V-Leute kein Hindernis für NPD-Verbot

Voßkuhle: V-Leute kein Hindernis für NPD-Verbot
Ein NPD-Verbot wird beim zweiten Anlauf vor dem Bundesverfassungsgericht voraussichtlich nicht am Einsatz von V-Leuten in der Partei scheitern.

Karlsruhe (epd)Das Gericht sei zu der vorläufigen Einschätzung gekommen, dass keine Verfahrenshindernisse vorliegen, sagte Gerichtspräsident Andreas Voßkuhle am Mittwoch beim zweiten Tag der mündlichen Verhandlung in Karlsruhe. Die rechtsextreme Partei steht seit Dienstag zum zweiten Mal auf dem Prüfstand des höchsten deutschen Gerichts. Extremismusforscher bewerteten die Bedrohungslage durch die NPD unterschiedlich.

Gesellschaftliche Rolle

2003 war der NPD-Verbotsantrag wegen des Einsatzes von Spitzeln des Verfassungsschutzes bis in die oberste Führungsebene der Partei hinein gescheitert. Bei der Vorbereitung des erneuten Antrages schalteten die Bundesländer nach eigenen Angaben sämtliche V-Leute in der Parteispitze ab.

Voßkuhle appellierte an die Vertreter der NPD, sich in dem Verfahren auch inhaltlich zu äußern. Am Dienstag hatten sie erklärt, dass die Partei vermutlich abgehört werde und sich deshalb vorab nicht zum Verbotsverfahren geäußert habe. Voßkuhle räumte der NPD sechs Wochen ein, um zusätzliche Argumente gegen ein Verbot vorzutragen. Danach wollen die Verfassungsrichter prüfen, ob eine weitere Verhandlung angesetzt wird oder direkt ein Urteil fällt.

Neben den formalen Aspekten stand am zweiten Verhandlungstag die gesellschaftliche Rolle der NPD im Mittelpunkt: Nach Auffassung des Bevollmächtigen des klagenden Bundesrats, Christian Waldhoff, besteht eine Wesensverwandtschaft der NPD mit dem Nationalsozialismus. Es gebe mehr als 680 Belege, die die aggressiv-kämpferische Grundhaltung der NPD zeigten. Diese Grundhaltung rechtfertige ein Parteiverbot.

Eine ähnliche Meinung vertrat der Totalitarismusforschers Steffen Kailitz. Die NPD sei eine extremistische Partei, dies so aggressiv-kämpferisch auftrete, dass sie verboten werden müsse, sagte der Politikwissenschaftler vom Hannah-Arendt-Institut für Totalitarismusforschung. Die Partei wolle alles Nichtdeutsche aussondern und fordere die Vertreibung aller Zuwanderer und "nichtdeutschstämmiger" Menschen. Sie lasse zudem keinen Zweifel daran, dass sie auch alle Juden vertreiben wolle, weil sie Angehörige eines anderen Staates seien.

Klare Grenze ziehen

Für den Extremismusforscher Eckhard Jesse dagegen stellt die Partei keine Bedrohung für den Staat dar: "Sie ist ein Zwerg und spielt nicht die geringste Rolle." Die Schwäche der NPD sei ein Zeichen dafür, dass "unsere Demokratie funktioniert", sagte der Politologe aus Chemnitz.

NPD-Anwalt Peter Richter sagte erneut, dass es keine Rechtsgrundlage für ein Verbot gebe. Er stellte zudem infrage, ob ein Parteienverbot "überhaupt ein legales Mittel im Rechtsstaat" sein könne. Seiner Auffassung nach braucht es ein rechtswidriges Agieren der Partei - das sei bei der NPD aber nicht der Fall.

Vor Journalisten sagte Richter am Mittag, mit dem bisherigen Verlauf der Verhandlung sei er sehr zufrieden. Ob seine vor Beginn der mündlichen Verhandlung angekündigten "Knaller", die das Fortführen des Verbotsverfahrens infrage stellen könnten, noch folgen, ließ er offen. Die mündliche Verhandlung in Karlsruhe wurde zunächst auf drei Tage bis diesen Donnerstag angesetzt.

Im Gespräch mit dem Evangelischen Pressedienst (epd) äußerte sich auch der Vorsitzende der katholischen Deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Reinhard Marx, zu dem Verfahren. "Mich persönlich hat immer gestört, dass die NPD auch mit meinen Steuergeldern mitfinanziert wird", sagte er. Er könne sich nicht vorstellen, dass eine Partei mit einem solchen Gedankengut legal sein soll.

"Eigentlich wäre es gut, wenn der demokratische Prozess dieses Problem lösen würde", sagte der Münchner Erzbischof. Doch sehe die Politik eine gute Ausgangslage dafür, dass ein Parteiverbot dieses Mal durchsetzbar ist. "Ich kann gut verstehen, wenn sie mit einem Verbot eine klare Grenze ziehen wollen", sagte Marx in München.