Friedenspreisträger Adonis wehrt sich gegen Kritik

Friedenspreisträger Adonis wehrt sich gegen Kritik
Der syrisch-libanesische Dichter Adonis erhält am Freitag den Erich-Maria-Remarque-Friedenspreis der Stadt Osnabrück. Vorwürfe wegen seiner Haltung zum Assad-Regime wies der 86-Jährige entschieden zurück.

Osnabrück (epd)Der syrisch-libanesische Dichter Adonis hat sich gegen den Vorwurf zur Wehr gesetzt, er habe den Erich-Maria-Remarque-Friedenspreis der Stadt Osnabrück wegen seiner Haltung zum syrischen Regime nicht verdient. "Ich habe in einem Brief den syrischen Machthaber aufgefordert, die Macht abzugeben. Was soll ich noch mehr tun?" fragte er am Donnerstag in Osnabrück: "Ich habe mein ganzes Leben gegen die Diktatur gekämpft." Die Auszeichnung wird dem 86-jährigen Ali Ahmad Said Esber am Freitag im Friedenssaal des Rathauses überreicht.

Nicht deutlich gegen Regime gestellt

Die Entscheidung der Jury war kurz nach der Bekanntgabe im August 2015 zum Teil auf scharfe Kritik gestoßen, unter anderem bei syrischen Oppositionellen, Menschenrechtlern und beim Zentralrat der Muslime. Adonis habe sich nicht deutlich genug gegen das Gewaltregime des syrischen Machthabers Baschar al-Assad gestellt, hieß es. Die Bürgermeisterin der italienischen Mittelmeer-Insel Lampedusa, Giuseppina Maria Nicolini, hatte aus Protest gegen Adonis auf den ihr zugedachten Sonderpreis verzichtet. Der Schriftsteller Navid Kermani weigerte sich, die Laudatio zu halten.

Die Jury hatte die Vergabe damit begründet, dass Adonis für eine Trennung von Religion und Staat eintrete. Zugleich habe sie sein Engagement für die Gleichberechtigung der Frauen in der arabischen Welt und für eine aufgeklärte arabische Gesellschaft würdigen wollen. Dadurch weise der Dichter über die aktuellen Konflikte hinaus auf grundsätzliche Fragestellungen hin.

Der mit 25.000 Euro dotierte Remarque-Friedenspreis wird von der Stadt Osnabrück vergeben. Dort wurde Remarque, der Autor des weltbekannten Antikriegsromans "Im Westen nichts Neues", im Jahr 1898 geboren.

Arabische Welt als Spielball

Adonis hielt seinen Kritikern vor, sie hätten seine Schriften nicht gelesen. In den Texten habe er sich immer gegen Gewalt, gegen die Unterdrückung der Frauen und gegen Gottesstaaten ausgesprochen. Er hätte sich von seinen arabischen Kritikern gewünscht, dass sie ebenso laut protestiert hätten gegen theokratische Diktaturen, "die Araber und Syrer abschlachten, nur weil sie zufällig als Christen oder Aleviten geboren wurden", betonte der Lyriker. Ebenso hätten sie gegen die Versklavung von Frauen, die Verfolgung der Jesiden, die Zerstörung historischer Stätten und die Einmischung des Westens ihre Stimme erheben sollen.

Den Westen und besonders die USA klagte Adonis an, sie hätten mit der Unterstützung religiös ausgerichteter Regime und Gruppen den Krieg in und um Syrien erst herbeigeführt. Die arabische Welt sei auch weiterhin ein Spielball wirtschaftlicher und geostrategischer Interessen der Amerikaner. Er sehe derzeit nicht, dass auch nur ein Regime oder eine der großen oppositionellen Gruppierungen in der Lage wäre, die Demokratie als Staatsform anzuerkennen, kritisierte der Dichter.

Die Jury unter Vorsitz von Universitätspräsident Wolfgang Lücke hatte die Vergabe des Preises damit begründet, dass Adonis für eine Trennung von Religion und Staat eintrete. Zugleich habe sie sein Engagement für die Gleichberechtigung der Frauen in der arabischen Welt und für eine aufgeklärte arabische Gesellschaft würdigen wollen.