Berlin, Brüssel (epd)In einem Entwurf für den EU-Gipfel am Donnerstag und Freitag in Brüssel wird die Bedeutung der Grenzsicherung zwischen der Türkei und Griechenland hervorgehoben. Obwohl die Regierung in Ankara bereits einiges unternommen habe, bleibe die Zuwanderung "viel zu hoch", heißt es in dem Papier, das dem Evangelischen Pressedienst (epd) vorliegt. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sagte in ihrer Regierungserklärung am Mittwoch vor dem Bundestag, man müsse lernen, maritime Grenzen zu schützen.
Abschottung ist keine Antwort
Abschottung dahinter könne keine europäische Antwort sein, sagte sie mit Blick auf den Streit um Grenzschließungen vor allem in Osteuropa. Merkel verteidigte den "europäisch-türkischen Ansatz", mit dem sie auch gegen eine Schließung der Grenzen innerhalb Europas kämpfen will. Mit Fortschritten bei den Kontingenten zur Umsiedlung von Flüchtlingen von der Türkei nach Europa wird indes nicht mehr gerechnet.
Beim Gipfel der EU-Staats- und Regierungschefs in Brüssel steht neben dem Verbleib Großbritanniens in der EU die Flüchtlingspolitik oben auf der Agenda der Staats- und Regierungschefs. EU und Türkei haben bereits eine Migrationsagenda auf den Weg gebracht, die vorsieht, dass die Türkei die Grenzen besser sichert und dafür drei Milliarden Euro für die Verbesserung der Lage der Flüchtlinge erhält. 2,5 Millionen Syrer hat das Land bislang aufgenommen.
Von Kontingenten keine Rede
Der Entwurf für den EU-Gipfel zieht eine Zwischenbilanz des bisher Erreichten im Rahmen des EU-Türkei-Aktionsplans, aber auch älterer Beschlüsse. Gedrängt wird darin etwa auch auf die Umsetzung der Umverteilung von 160.000 Flüchtlingen aus Griechenland und Italien. Keine Rede ist darin allerdings von den Kontingenten, die Flüchtlingen aus der Türkei einen sicheren Weg nach Europa garantieren sollen. Damit würde sich Europa "lächerlich" machen angesichts dessen, dass die Verteilung von 160.000 Flüchtlingen innerhalb Europas nicht einmal ansatzweise umgesetzt sei, sagte Merkel. Nicht einmal 1.000 Menschen wurden bislang in andere Länder gebracht.
Die Flüchtlingsorganisation Pro Asyl warnte angesichts der sich andeutenden Beschlüsse vor einer "Abschottungsgemeinschaft" in Europa. Es drohten Grenzschließungen. In Folge würden Tausende von Flüchtlingen vor den Grenzen ausharren, erklärte die Organisation.
Aufforderung an Europa
Die katholische Deutsche Bischofskonferenz appellierte an die Verantwortung aller EU-Staaten. Im Vergleich zu anderen europäischen Regierungen habe die deutsche Bundesregierung bislang viel dafür getan, dass Schutzsuchende eine menschenwürdige Aufnahme finden, sagte der Vorsitzende Reinhard Marx auf der Frühjahrs-Vollversammlung der deutschen Bischöfe. Die Staaten in ganz Europa seien jetzt aufgefordert, ihren angemessenen Beitrag im Flüchtlingsschutz zu leisten, ergänzte der Kardinal.
Deutsche Hilfswerke forderten zugleich einen breiteren Ansatz zur Bekämpfung von Fluchtursachen, als ihn EU und Bundesregierung bislang vorsehen. Im Grundsatz sei die Strategie der Bundesregierung, Flüchtlingen in den Nachbarländern Syriens Perspektiven schaffen zu wollen, richtig, sagte Welthungerhilfe-Präsidentin Bärbel Dieckmann. Die Präsidentin von "Brot für die Welt", Cornelia Füllkrug-Weitzel, warf der Politik aber "Kurzsichtigkeit" und "Egozentrismus" vor. Sie reagiere erst jetzt, weil sie selbst von den Auswirkungen des Leids und der Flucht betroffen sei.