Streng genommen ist der Reihentitel "Einfach Rosa" pure Ironie, denn einfach ist im Dasein der Heldin überhaupt nichts. Gegen Ende des dritten Films hat Rosa Winter zwar endlich ihr eigenes Liebesleben auf die Reihe bekommen, aber beruflich geht alles schief: weil den angehenden Eheleuten regelmäßig was dazwischen kommt. Mal stellt der Bräutigam fest, dass er eigentlich die Hochzeitsplanerin liebt, mal entpuppt sich ein Liebes- als Geschwisterpaar. Film Nummer vier, "Die zweite Chance", stellt Rosa vor eine ähnlich schwierige Aufgabe.
Dabei beginnt alles ganz idyllisch. Richter Johannes Brunn (Tim Bergmann) weist zwar die Klage von Rosa und ihrem Freund Mark (Janek Rieke) gegen ihren Vermieter ab, hat aber einen Auftrag: Weil er ohne Robe schüchtern ist, soll Rosa seinen Heiratsantrag arrangieren. Das Ereignis wird dank seiner Präsentation als Bollywood-Musical ein voller Erfolg, aber trotzdem liegt ein Schatten über der Szenerie, und schließlich findet Rosa heraus, dass Anja (Susanna Simon), die Freundin des Richters, wegen Totschlags an ihrem Mann im Gefängnis war. Johannes hat das ebenfalls entdeckt; Ende der Beziehung, Hochzeit abgesagt.
Tilmann P. Gangloff, Diplom-Journalist und regelmäßiges Mitglied der Jury für den Grimme-Preis, schreibt freiberuflich unter anderem für das Portal evangelisch.de täglich TV-Tipps und setzt sich auch für "epd medien" mit dem Fernsehen auseinander. Auszeichnung: 2023 Bert-Donnepp-Preis - Deutscher Preis für Medienpublizistik (des Vereins der Freunde des Adolf-Grimme-Preises).
Aber das ist natürlich nur die eine Hälfte der Handlung. In der anderen geht es um Rosa selbst. Da Rosa und Mark die romantischen Hindernisse aus Teil drei überwunden haben, mussten sich die Drehbuchautoren Jens Urban und Stefan Kuhlmann was Neues ausdenken: Rosa und Mark brauchen ein neues Domizil. In rascher Schnittfolge zeigt Regisseur Michael Karen (er hat auch Teil zwei, "Wolken über Kapstadt", gedreht), wie frustrierend und aussichtslos dieses Unterfangen ist – bis ein besonders unsympathischer Wohnungsbesitzer (Peter Prager) Rosa ein Angebot macht, das sie entschieden ablehnt: Wenn sie ihm eine Frau besorgt, bekommt sie eine begehrte Wohnung, für die es Dutzende weiterer Bewerber gibt. Mark findet die Idee allerdings prima, zumal er schon eine Kandidatin hat; und damit kommt Petra Kelling wieder ins Spiel, die sich im ersten Film als Hochzeitshasserin profilieren durfte, seither als Rosas Mutter aber nichts mehr zu tun hat. Weil ihr Hausboot repariert wird, wohnt Ruth sehr zu Marks Unmut vorübergehend bei Rosa. Sie mit dem grimmigen Schmidtbauer zu verkuppeln, wäre die perfekte "Win-Win-Situation". Die Sache hat nur einen Haken: Ruth gehört zu jener Sorte Mensch, für die sämtliche Redensarten von "Haare auf den Zähnen" bis zu "nicht gut Kirschen essen" erfunden worden sind.
Karen inszeniert die beiden Ebenen recht gefällig; die eine ist naturgemäß eher dramatisch, die andere eher komisch. Trotzdem fehlt dem Film ein wenig vom Charme des dritten Teils; vielleicht auch, weil das Drehbuch kaum verblüffende Momente zu bieten hat. Die vermeintliche Totschlägerin ist natürlich alles andere als eine kaltblütige Gattenmörderin, wie eine Rückblende zeigt; und die beiden schlechtgelaunten älteren Herrschaften sind selbstredend viel romantischer veranlagt, als sie zugeben wollen. Auch die Besetzung ist nicht weiter überraschend. Ausgerechnet der attraktive, großgewachsene Bergmann wird ja gern als linkischer Liebhaber besetzt. Um die Schüchternheit der jeweiligen Figur zu verdeutlichen, fällt der Regie allerdings meist nicht mehr ein, als Bergmann wie hier eine Brille zu verpassen.
Immerhin gibt es zwei, drei Einstellungen, die ein bisschen aus dem Rahmen fallen, aber ansonsten folgt "Die zweite Chance" dem bisherigen Muster. Dazu gehört auch eine Vielzahl von Popsongs, die alle paar Minuten erklingen und den jeweiligen Szenen ein entsprechenden Vorzeichen verpassen; die wenigstens haben dabei einen ähnlichen Bezug zur Handlung wie "I Just Want To Make Love To You" von Etta James, als Ruth Herrn Schmidtbauer bei der Arbeit an ihrem Hausboot und (in Zeitlupe!) mit ganz anderen Augen sieht. Erwähnenswert ist auch die Kostümarbeit von Nicole Stoll, die die Titelheldin und ihre Assistentin Meral (Sara Fazilat) erneut geschmackvoll und abwechslungsreich eingekleidet hat. Für Meral haben sich die Autoren auch wieder eine "türkische" Nebengeschichte ausgedacht, diesmal nicht mit ihrem Bruder, sondern mit ihrem Vater (Orhan Güner): Der alte Emre fragt sich, warum seine Tochter allabendlich gutgelaunt und hübsch angezogen das Haus verlässt und findet raus, dass sie einen Tanzkurs besucht. In der Volkshochschule! Das ist dann doch noch eine Überraschung. Eine weitere ist ein Gastauftritt von Ludger Pistor als seekranker Pfarrer, der am Ende die auf einem Boot stattfindende Trauung von Anja und Johannes vornimmt - endlich wird in der Reihe auch mal geheiratet.