für Syrien nicht überwiesen
Genf (epd)Wie groß die Not in Syrien ist, das wissen alle Vertreter der gut 70 Regierungen, die sich zur Geberkonferenz in London treffen. Nach fünf Jahren Bürgerkrieg sind 22,2 Millionen Menschen auf internationale Hilfe angewiesen - 13,5 Millionen im eigenen Land, dazu 4,7 Millionen Flüchtlinge und gut vier Millionen Bürger der Staaten, die die meisten Flüchtlinge beherbergen. "Ohne massive Hilfe schaffen wir es nicht mehr", sagt Jordaniens König Abdullah. Mehr als 7,7 Milliarden US-Dollar (7 Milliarden Euro) brauchen die Vereinten Nationen und andere Helfer.
Doch wie viel Hilfe wirklich zusammenkommt, ist fraglich. Dabei ist das von den UN gemeinsam mit allen Hilfsorganisationen vor Ort geschnürte Paket knapp bemessen. Obwohl die Lage in Syrien und den Nachbarländern immer schlimmer wird, beantragen die Helfer weniger Geld als bei der letzten Geberkonferenz 2015. Allerdings: Von den damals geforderten 8,4 Milliarden US-Dollar sagten Geber im vergangenen Jahr überhaupt nur 5,7 Milliarden zu. Und von denen wurden mehr als 382 Millionen Dollar zwar versprochen, aber nicht gezahlt. Wenig spricht dafür, dass die Verlässlichkeit der Geber in diesem Jahr größer sein wird.
Abwanderung nach Europa stoppen
Zwar sprach Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier vor dem Treffen in London deutliche Worte. "Es darf nicht noch einmal passieren, dass wie im letzten Jahr in den Flüchtlingslagern die Lebensmittelrationen halbiert werden müssen und Menschen hungern und frieren, weil den Helfern das Geld ausgeht", sagte er der "Rheinischen Post". "Dieses Jahr müssen wir von vornherein so planen, dass der lebensnotwendige Bedarf gedeckt werden kann." Dies liegt dem Westen wohl auch deshalb am Herzen, weil weitere Abwanderungen aus den Lagern nach Europa verhindert werden sollen. Trotzdem tun sich die Geber schwer.
So lud Deutschland Ende September am Rand der UN-Generalversammlung zu einer Geberkonferenz mit anderen Industrienationen. Danach erklärte Steinmeier: "Ich bin froh über die Unterstützung in Höhe von mehr als 1,8 Milliarden Dollar." Doch wer da genau was zugesagt hat, ist bis heute unklar. Das Auswärtige Amt stellte auch auf Anfrage des epd keine Aufschlüsselung zur Verfügung. Ein Mitarbeiter der deutschen Vertretung in New York ließ wissen, einige der Zusagen seien im Raum gemacht, andere bilateral zugesagt, dann aber nicht wiederholt worden.
Keiner will Geberländer blamieren
Auf Nachfrage konnten sich auch Außenministerien der Teilnehmerstaaten nicht mehr erinnern oder erklärten wie in Schweden rundweg, man habe keine gemacht. "Einige der Zusagen sind sehr wahrscheinlich welche, die früher schon einmal gemacht wurden", mutmaßte Axel Bisschop, Finanzchef beim Flüchtlingshilfswerk UNHCR. "Wir haben bis jetzt noch keine Liste aller Länder, in denen stünde, was sie zugesagt haben und wann sie es zahlen wollen", erklärte er zwei Monate später. Das Problem: Keiner der Empfänger will Geber blamieren.
Für die Helfer ist es damit schwierig, ihr lebensrettendes Geschäft zu planen. Das kostet Zeit, Geld und im schlimmsten Fall Menschenleben. Dabei verfügen die UN über ein eigenes Kontrollsystem, das versprochene den geleisteten Hilfszahlungen gegenüberstellt. Doch die Daten sind nur zu einem gewissen Grad verlässlich, wie der Sprecher des UN-Büros für die Koordinierung humanitärer Angelegenheiten in Genf, Jens Laerke, einräumt. Denn das System beruht auf Freiwilligkeit. "Niemand zwingt irgendjemanden, Daten an uns weiterzugeben."
Manche Zahlungen werden in der Öffentlichkeit gemacht, aber nie verbucht. Die Medien feiern dann Zusagen, die nie eingelöst werden. "Nur weil jemand etwas bei einem öffentlichen Treffen verspricht, nehmen wir es noch nicht als Zusage in unser System auf", sagt Laerke.
Die mangelnde Kontrolle ist ein Problem, das auf dem Londoner Geber-Gipfel, zu dem auch Deutschland eingeladen hat, nicht gelöst werden wird. Dort werden im Licht der Scheinwerfer erneut Milliardensummen versprochen. Ob und wann sie dann tatsächlich fließen, steht auf einem anderen Blatt.