Villingen-Schwenningen (epd)Unbekannte haben eine Handgranate auf das Gelände einer Flüchtlingsunterkunft im baden-württembergischen Villingen-Schwenningen geworfen. Die Granate war nach Angaben der Polizei mit Sprengstoff gefüllt, explodierte aber bei dem versuchten Anschlag in der Nacht zum Freitag nicht. Bis zum Nachmittag blieben die Hintergründe unklar. Bundesweit löste die Tat Entsetzen aus.
Granate ist Kriegswaffe
Die Polizei richtete eine Sonderkommission mit 75 Beamten ein. Soko-Chef Rolf Straub äußerte sich am Freitagnachmittag in Villingen zurückhaltend zum Stand der Ermittlungen. Es werde geprüft, ob es sich um eine fremdenfeindliche Tat handele. Aber auch andere Möglichkeiten würden in Betracht gezogen.
Die Handgranate wurde am frühen Freitagmorgen vor Containern für das Wachpersonal gefunden. Entschärfer des Landeskriminalamtes sprengten sie. Es wurde niemand verletzt. Der Freiburger Regierungsvizepräsident Klemens Ficht erklärte, bei der Granate habe es sich um eine Kriegswaffe gehandelt. Dass diese auf eine Einrichtung für Kriegsflüchtlinge geworfen wurde, sei besonders zu verurteilen.
Ob die Handgranate einen Zünder hatte, sei noch unklar, sagte Staatsanwalt Johannes-Georg Roth. Das sei jedoch entscheidend dafür, ob es sich bei der Tat um ein schwerstes Verbrechen oder um eine vorgetäuschte Straftat mit Bedrohung und Nötigung handele. Augenzeugen für den Handgranaten-Wurf selbst gibt es nach ersten Erkenntnissen der Ermittler nicht.
Neue Dimension von Gewalt
Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) äußerte sich bestürzt. Die Täter dürften nicht ungestraft davonkommen, sagte er in Berlin. Der innenpolitische Sprecher der Grünen-Bundestagsfraktion, Volker Beck, sprach von "Straßenterror". Der Grünen-Fraktionsvorsitzende Anton Hofreiter sagte: "Wir müssen genauer hinhören, wer mit welchen Parolen dem Rechtsextremismus in Deutschland Vorschub leistet." Die Linke im Bundestag nannte die Tat einen "rechtsterroristischen Anschlag" und "eine neue Dimension der Gewalt".
Auch das Diakonische Werk Baden reagierte mit Entsetzen. Diakoniechef Urs Keller sagte in Karlsruhe, "eine neue Dimension der Gewalt gegen Ausländer in Deutschland" sei erreicht. Nun gelte es, schnellstmöglich die Hintergründe aufzuklären. Die Diakonie ist in der betroffenen Erstaufnahmestelle in Villingen mit der Asylverfahrensberatung beauftragt und mit drei Mitarbeitern vor Ort.
Auch der Vorsitzende des Zentralrats Deutscher Sinti und Roma, Romani Rose, verurteilte die Tat. Der Vorfall zeige, "dass gewaltbereite Rechtsextremisten durch ihre Taten den Frieden in unserer Gesellschaft gefährden und uns auseinanderdividieren wollen".