Berlin (epd)"Alle Beteiligten wissen, dass es eine große Erwartung auf Einigung gibt", sagte die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) am Donnerstag unmittelbar vor den verschiedenen Spitzentreffen zur Flüchtlingspolitik in Berlin. Man dürfe nicht nur reden, sondern müsse handeln, sagte Sachsens Regierungschef Stanislaw Tillich (CDU). Die Länder forderten zudem mehr Beteiligung des Bundes bei der Integration. Die SPD-Länder verständigten sich auf gemeinsame Forderungen, die laut Dreyer mit fünf bis sieben Milliarden Euro zu Buche schlagen würden.
Im Grundsatz schon einig
Am späten Nachmittag wollten die Regierungschefs aller 16 Länder zu Beratungen zusammenkommen. Für den Abend ist ein Treffen mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) geplant. Parallel zur Sonderkonferenz der Ministerpräsidenten wollten sich zudem die Parteichefs Merkel, Sigmar Gabriel (SPD) und Horst Seehofer (CSU) treffen, um eine Einigung über das Asylpaket zu erzielen.
Im Grundsatz waren sich die Koalitionsspitzen darüber bereits Anfang November einig. Das Gesetzespaket soll besondere Aufnahmeeinrichtungen und Schnellverfahren für Asylbewerber ohne Bleibeperspektive, niedrigere Hürden bei der Abschiebung Kranker und eine Aussetzung des Familiennachzugs enthalten.
Über den letzten Punkt war es zum Streit gekommen, weil die SPD bei den Einschränkungen syrische Flüchtlinge ausdrücklich ausnehmen, die Union das aber nicht garantieren wollte. Der Kompromiss könnte lauten, den Familiennachzug nun für eine größere Gruppe einzuschränken, worunter dann auch ein Teil syrischer Flüchtlinge fallen würde, die Aussetzung aber nur auf ein statt zwei Jahre zu begrenzen.
Mehr Engagement zeigen
Die Grünen und die Flüchtlingsorganisation Pro Asyl kritisierten diesen Plan erneut. Die Aussetzung würde nur dazu führen, dass sich vermehrt auch Frauen und Kinder auf unsichere Wege bei der Flucht begeben, sagte der Grünen-Innenexperte Volker Beck. Die Aussetzung selbst für ein Jahr würde in der Praxis durch lange Bearbeitungsdauern bei Asylverfahren und Nachzugsanträgen faktisch drei Jahre bedeuten, sagte Pro Asyl-Geschäftsführer Günter Burkhardt
Während zum Asylpaket eine Einigung erwartet wurde, brachten die Länder bereits das nächste Thema auf die Tagesordnung: Integration. Dreyer sagte: "Deutschland braucht einen Integrationsplan." Ebenso wie die Aufnahme von Flüchtlingen sei dies eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, die auch der Bund mittragen müsse. Die SPD-Länder wollen sich nach ihren Angaben für ein "Integrationsfördergesetz" einsetzen, das Maßnahmen im Bildungs-, Wohn- und Jobbereich enthält. Die Kosten bezifferte Dreyer auf fünf bis sieben Milliarden Euro.
Auch CDU-Länderchefs machten vor den Beratungen in Berlin deutlich, dass sie sich bei der Integration mehr vom Bund erwarten. Der Bund sei bisher noch nicht in der Lage, "uns zu sagen, wie weit er uns dabei unterstützen kann", sagte Tillich. Die Ministerpräsidentin des Saarlands, Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU), forderte, der Bund müsse zumindest in seinem Zuständigkeitsbereich, zu dem die Sprach- und Integrationskurse gehören, mehr Engagement zeigen.